Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
Männlein wie Weiblein, Schwulen wie Heteros. Das ist einfach nur ein
Ausdruck von Sympathie. Ich wollte mich dafür bedanken, daß Sie den Wasserhahn
repariert hatten.«
    »Quatsch, Mann! Ihr Perversen
seid doch alle gleich.«
    »Worin?«
    Larsen zögerte. Sah sich
alarmiert um, wie ein witterndes Tier. »Was soll das hier?«
    »Was?«
    »Den ganzen letzten Monat bist
du nicht ein einziges Mal allein spazierengegangen. Und heut nacht stehst du
hier, als ob du auf mich wartest.«
    »Ich habe nur die Lichter
betrachtet.«
    »Nein, das glaub ich nicht.«
Larsen schüttelte den Kopf, spähte ins Dunkel. »Na-ah.«
    »Wie meinen Sie das, Bud?« Neal
stützte sich am Geländer ab, bereit, sich abzustoßen.
    »Ich meine, das hier ist eine
Falle. Dieses verdammte Weibsstück hat dich verkabelt.«
    Ehe Neal etwas sagen konnte,
hatte sich Larsen auf ihn gestürzt und ihn an der Kehle gepackt. Ich begann,
den abschüssigen Zypressennadelteppich hinabzurutschen, und Rae trat von der
Veranda. Wir waren gleich weit von den kämpfenden Männern entfernt, als Neal
plötzlich die Unterarme gegen Larsens Handgelenke schlug und dessen
Klammergriff sprengte. Larsen grunzte, taumelte zurück und hielt sich das linke
Handgelenk. Neal erkannte seinen Vorteil, attackierte Larsen und rammte ihm den
Kopf in den ungeschützten Bauch. Während Larsen noch nach Luft rang, packte
Neal ihn am Unterarm, streckte blitzartig ein Bein vor und hebelte ihn
rücklings zu Boden. Larsen blieb stöhnend liegen.
    Rae und ich gingen langsam auf
die beiden zu, während Mick und Charlotte die Treppen herunterstürmten. Ich
sagte zu Neal: »Ich dachte, du machst Karate, nicht Judo.«
    »Ich mache überhaupt nichts
mehr. Aber ich sage dir, Angst ist die beste Lehrmeisterin.« Keuchend starrte
er aus schmalen Augenschlitzen auf Larsen.
    Ich ging hin und inspizierte
Larsen genauer. Ihm war die Luft weggeblieben, aber ansonsten schien er nicht
ernstlich verletzt. Als er mich sah, fuchtelte er mit den Armen und stieß etwas
hervor, das wie »Haabdaas!« klang.
    »Ein Kompliment war das
vermutlich nicht«, sagte ich zu den anderen. »Gehen wir. Mr. Larsen möchte wohl
lieber allein bleiben.«
    »Das Mikro«, murmelte Larsen.
»Wassam Sie mit dem verdammten Band vor?«
    »Neal war nicht verkabelt.«
    »Aber wieso —«
    Glenna trat munter aus dem
Gebüsch, die Videokamera auf der Schulter. »Und lächeln, Mr. Larsen«, sagte
sie. »Sie kommen ganz groß raus.«
     
    Glennas Filmmaterial war
großartig geworden. Ich blieb im Piergebäude, während sie es zusammenschnitt,
so daß ich das Endprodukt noch sehen konnte. Morgen früh würden wir es
Anne-Marie und Hank vorführen, und dann konnten die beiden die juristische
Prozedur einleiten, die gewährleisten würde, daß Larsen Ted und Neal für immer
in Ruhe ließ.
    Komisch — ich hatte gedacht, es
würde ein Film über Haß, Aggression und Gemeinheit sein, und in gewisser Weise
war es das auch. Aber wer einmal blindem Haß ins Gesicht geschaut hat, weiß
nicht nur, wie gemein er ist, sondern auch wie traurig. Das war es, was Glennas
Film vor allem zeigte: die traurige Seite.
    Nach vier Uhr morgens saß ich
immer noch in meinem Büro, in den alten Sessel unter der Schefflera gekuschelt,
den handgewebten Überwurf, der normalerweise den verschlissenen Bezug und die
herausquellende Polsterung verdeckte, gegen die feuchte Kälte um die Schultern
gerafft. Der Sessel war schon alt und ramponiert gewesen, als ich ihn in dem
Kabuff unter der Treppe gefunden hatte, das mein erster Büroraum bei All Souls
gewesen war. Weiß der Teufel, warum ich ihn bei meinem Umzug in einem Anfall
von Sentimentalität mit ins Piergebäude geschleppt hatte. Aber vielleicht war
es ja gar nicht Sentimentalität gewesen, sondern Pragmatismus: In diesem Sessel
waren mir immer die besten Gedanken gekommen.
    Hier also saß ich jetzt, im
Dunkeln, und fühlte mich frei. Eine seltsame Reaktion, wenn man bedachte, daß
diese Frau immer noch dort draußen herumlief und ich immer noch nicht wußte,
was mit Hy war. Aber ich war jetzt frei, Jagd auf diese Schwindlerin zu machen,
wie ich noch nie auf jemanden Jagd gemacht hatte. Morgen -
    Wieso warten? Es war doch schon
morgen. Mein Kopf war klar, und ich war kein bißchen müde. Warum nicht noch mal
meine Notizen durchgehen?
     
    Erster Hinweis: Gespräch mit
Glenna am 12.2. Ein Gespräch, das ich wohl kaum je vergessen werde.
    13.2.: Clive Benjamin, der
Kunsthändler, der mit der falschen McCone geschlafen

Weitere Kostenlose Bücher