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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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hauptsächlich zu
meinem Vergnügen und manchmal auch, um dem zu entkommen, was auf der Erde
passiert. In mehreren tausend Fuß Höhe kann einem nichts und niemand etwas
anhaben.
    F : Wann und wo haben Sie fliegen
gelernt?
    A: Vor fast vier Jahren, auf dem Flugplatz
von Los Alegres , wo ich eine phantastische Fluglehrerin hatte.
Inzwischen fliege ich von Oakland aus .
    F: Mit was für einer Maschine?
    A: Einer Citabria . Das ist
eine sogenannte Spornradmaschine . Am Boden liegt das Heck tiefer als der
Bug, weil das dritte Rad hinten sitzt. Das ist — ach, wechseln wir das Thema, sonst
langweile ich Ihre Leser noch zu Tode.
    F: Klingt eher gefährlich als
langweilig. Ist Fliegen nicht ein ziemlich teures Hobby?
    A: Das ist eine weitverbreitete
Meinung, aber auf den meisten Flugplätzen gibt es inzwischen Sportflugvereine ,
die verbilligte Flugstunden anbieten. Und Mietflugzeuge sind ziemlich
erschwinglich: Man zahlt nur für die faktische Flugzeit, und der Treibstoff ist
inklusive. Man kann eine Maschine mieten, zwei Stunden irgendwo hinfliegen,
übers Wochenende bleiben und wieder zurückfliegen, und berechnet werden einem
nur die vier Stunden, die man das Flugzeug tatsächlich benutzt hat. Erst wenn
man eine eigene Maschine hat, wird es wirklich kostspielig.
    F: Dann gehört Ihnen also diese
Citabria nicht?
    A: Nein, sie gehört einem Freun d.
Ich habe großes Glück, denn er ist außerdem auch lizenzierter Fluglehr er,
und sobald ich den Pilotenschein hatte, hat er mir alles beigebracht, was ich
für die Instrumentenflugerlaubnis und den Zusatzschein für mehrmotorige
Maschinen brauchte.
    F: Ich bin beeindruckt.
    A: Nicht doch, das ist wie mit
allen Lernprozessen — man fängt mit einer Sache an, und dann kommen immer
weitere Puzzleteilchen dazu. Als ich angefangen habe, dachte ich, es würde mir
schon reichen, die Maschine heil in die Luft und wieder runterzubringen, aber
dann...
     
    Der Artikel enthielt nicht viel
Information über meine Person, aber D’Silva hatte ihrerseits die
unterstrichenen Stellen als Puzzleteilchen benutzt. Kein Problem für sie, an
Hys Namen zu kommen: Citabrias sind nicht so häufig, und nur wenige Piloten
haben auch eine Fluglehrerlizenz. Ein Computerabgleich beider Kategorien mußte
ihr einen Ausgangsfundus an Information eingebracht haben. Und diese
Information wiederum, gekoppelt mit dem, was sie über mich wußte, dürfte ihr
eine Fülle an Details geliefert haben.
    Trotz des kalten Regens, der
gegen die Fenster prasselte, wirkte der kleine Büroraum überheizt und stickig.
Ich stand auf und öffnete die Tür, um ein bißchen Luft hereinzulassen, ehe ich
den restlichen Kartoninhalt durchsah.
    Taschenrechner, goldenes
Füllerfederhalter-und-Kugelschreiber-Set, ein Kästchen mit Geschäftskarten. Ich
inspizierte letzteres und fand zahlreiche Karten von Frauen mit ganz
unterschiedlichen Berufen. Für Privatdetektive ist es nicht unüblich, eine
solche Sammlung anzulegen — die Karten sind bei Undercover-Operationen ganz
praktisch aber ich konnte mir nicht denken, was eine Sicherheitstechnikerin
damit anfangen sollte.
    Ein weiteres Kästchen, darin
Schecks für ein Konto bei Wells Fargo, mit D’Silvas vorgedruckter
Führerscheinnummer darauf. Ich riß einen Scheck aus dem Scheckbuch und steckte
ihn ein. Ein Exemplar des Golden Gate — Pilotenhandbuchs, einer
Publikation des Fluginformationsdienstes Oakland, offenbar noch unbenutzt. Eine
Fläschchen Advil und ein größeres mit Aspirin. Ein Schächtelchen, halb voll mit

    Faksimiles meiner eigenen
Geschäftskarte, wie das Exemplar, das sie Clive Benjamin überreicht hatte.
Offenbar nach einem Negativ der Karte hergestellt, die ich ihr am Ende des
Bewerbungsgesprächs gegeben hatte. Die Schachtel hatte wohl ursprünglich
zweihunderfünfzig Karten enthalten. Ich mochte nicht drüber nachdenken, wo und
an wen sie die fehlenden verteilt hatte.
    Der letzte Gegenstand in dem
Karton war ein Schlüsselbund, der nach Ersatz-Haus- und — Autoschlüsseln
aussah. Ich steckte ihn ebenfalls ein und wollte gerade die Sachen wieder
zurückpacken, als ich entdeckte, daß zwischen den Bodenklappen noch etwas
steckte. Mit dem Fingernagel pulte ich ein schwarzes Plastikrechteck von der
Größe einer Kreditkarte heraus. Als ich es ins Licht hielt, zeigten sich
irisierende Farbfäden: blau, silber, pink, lila, grün. Ich drehte das Ding um.
Die Rückseite war schwarz, bis auf einen Magnetstreifen.
    Mitch steckte den Kopf durch
den Türspalt.

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