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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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vorgesorgt, und das kleine Dummerchen war zu naiv, um sich
das vorstellen zu können.«
    Schmiergelder oder Druckmittel
gegen entsprechende Leute? »Wie hat sie reagiert?«
    »Sie hat mir nicht geglaubt. Es
paßte nicht in ihren perfekten Plan. Sie kam immer wieder an, wollte einfach
nicht lockerlassen.«
    »Und dann?«
    »Das wollen Sie vielleicht
lieber nicht wissen.«
    »Hören Sie, wir haben einen
Deal.«
    »Muß das sein? Also gut,
meinetwegen: Wir waren hier im Büro. Sie ist regelrecht durchgedreht. Fing an
zu schreien, zu kreischen, mich zu provozieren. Also hab ich sie an der Kehle
gepackt und an die Wand gestoßen. Und angefangen, sie zu würgen. Ganz ruhig
habe ich ihr erklärt, wenn ich sie noch einmal in einem meiner Clubs, in der
Nähe meiner Wohnung oder meiner Geschäftspartner erwischen würde, dann würde
ich sie mit bloßen Händen umbringen.« Ich spürte einen Gänsehautschauer auf den
Armen.
    »Ich habe sie gewürgt, bis sie
fast ohnmächtig war. Da hat sie sich ins Höschen gemacht und ist
davongeschlichen wie ein geprügelter Hund. Und ich habe nie wieder was von ihr
gehört oder gesehen. Keine nette Geschichte, was?« Er versuchte, ein reuiges
Gesicht zu machen, aber seine Augen blitzten trotzig, fast stolz.
    Ich sah ihn einen Moment lang
nur an, behielt meine Gefühle für mich.
    Ich fragte: »Wann genau war
das?«
    »Sie meinen das Datum?« Er
griff nach einem Kalender, blätterte rückwärts. »Ein Dienstag. Der vierte
Februar.«
    Dienstag, der vierte Februar.
Am Mittwoch war D’Silva zur Arbeit bei Carver Security gegangen und hatte die
Schließkarte, die sie jetzt nie wieder würde gebrauchen können, in ihren
Schreibtisch geschmissen. Als sie am Abend nach Hause gekommen war, hatte sie
meine Absage vorgefunden. Und die Kombination dieser beiden Geschehnisse hatte
sie — die Perfektionistin, Überehrgeizige, Möchtegern-Detektivin und — Pilotin
— innerlich ins Trudeln gebracht.
     
    Diesmal träume ich — es muß ein Traum sein ich
fliege die Citabria über sturmzerfetzte Hochspannungsleitungen. Die Leitungen
sprühen Funken und knistern und winden sich wie Schlangen in dem heftigen Wind,
peitschen nach der Maschine. Ich versuche mich in S-Kurven zwischen ihnen
hindurchzuschlängeln, wie ich es manchmal mit dicken Küstenwolken mache.
    Hy ist nicht bei mir. Meine
Verbindung zu ihm ist genauso gründlich gekappt wie diese Leitungen. Gelegentlich
ist da noch ein Funke, aber die meiste Zeit fühle ich gar nichts. Nichts als
diese Einsamkeit und eine Panik, die mir den Atem nimmt. Ich will ihn fragen,
wie ich den knisternden Drähten ausweichen kann, aber er ist unerreichbar.
    Ich fliege weiter S-Kurven und
versuche, unter mir ein Bodenmerkmal zu finden.
    Da ist es — das Sichere und
Vertraute. Ein Lichterdreieck vor dem Schwarz. Irgendwas ist wichtig an diesen
Lichtern und ihrer Bedeutung, etwas, woran ich mich erinnern sollte.
    Einer der Leitungsdrähte
schnellt im Bogen über den Flugzeugbug, verfängt sich fast im Propeller. Ich
versuche, drunter wegzutauchen. Als ich den Leitungen entronnen bin, gebe ich
Vollgas und fliege dem Sturm davon.
     
     
     

Freitag
     
    Als ich Kaffee über den Kater schüttete,
wußte ich, daß es ein seltsamer Tag werden würde.
    Ich hatte mich hinuntergebeugt,
um Ralph zu streicheln, und irgendwie neigte sich der Becher, und da saß er,
schockiert von dem heißen Naß. »Herrje!« rief ich aus und wollte ihn greifen,
aber er entwischte mir und flitzte den Gang entlang, dahin, wo einst die
Katzentür gewesen war, ehe seine Schwester eines Nachts eine riesige Ratte
angeschleppt hatte, die dann hinterm Kühlschrank verendet war. Ralphs Kopf
krachte gegen die nunmehr verschlossene Klappe, und er schüttelte ihn im
Zurücktaumeln. Ich rannte zu ihm, um ihn hochzunehmen, aber er wand sich und
maunzte und wollte nur raus. Als er über die Veranda davonstolzierte, warf er
mir noch einen vorwurfsvollen Blick zu. Mit höllischen Schuldgefühlen ging ich
ins Wohnzimmer zurück, um ein paar Anrufe zu erledigen.
    Laut der Männerstimme, die sich
im RKI-Büro in Buenos Aires meldete, waren Mr. Ripinsky und Mr. Rivera noch
immer dienstlich unterwegs und unerreichbar. La Jolla beschied mich, daß Gage
Renshaw und Dan Kessel ebenfalls außer Haus seien. In Dans Fall zumindest war
das eine glatte Lüge, denn er verließ kaum je sein Büro; er zog die
Gesellschaft eines Dutzends ausgestopfter Tiere, die er selbst abgeschlachtet
hatte, der seiner Mitmenschen vor.
    So

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