Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
in einer
Kapuzenjacke gerade eine Aztec auftankte. »Hat Cuda seinen Schein schon?«
    »Nein, aber den ersten
Alleinflug hat er schon hinter sich.« Grimly wandte sich dem Flugschüler zu.
»Ich zeichne Ihr Flugbuch morgen ab, okay?«
    Er nickte, und sie faßte mich
am Arm. »Auf in den Diner.«
     
    Am Seven Niner Diner hingen für
mich viele Erinnerungen, schöne und schmerzliche, und es kam mir komisch vor,
mich jetzt mit Grimly in einer der Sitznischen niederzulassen statt mit meiner
früheren Fluglehrerin Matty Wildress. Ich dachte kurz, daß Matty meinen neuen
aktiven Umgang mit dem D’Silva-Problem gutheißen würde — so wie sie meine
bisherige Unfähigkeit, die Dinge in die Hand zu nehmen, mißbilligt hätte.
    Wir bestellten — Grimly Tee,
ich Kaffee. Als sie die dargereichte Speisekarte wegwedelte, sah ich die nicht
gerade bescheidenen Brillantringe an ihrer linken Hand — Verlobungs- und
Ehering.
    »Ich habe gehört, Sie haben
geheiratet«, sagte ich. »Schöne Ringe.«
    Sie hielt die Hand so, daß die
Steine im Licht funkelten. »Stimmt. Wissen Sie noch, wie ich Ihnen gesagt habe,
um mir eine eigene Maschine kaufen zu können, müßte ich entweder genügend
Flugstunden sammeln, um bei einer Airline anzukommen, oder aber reich
heiraten?«
    »Ja.«
    »Tja, letzteres ist mir
gelungen. Er ist Architekt, sehr gefragt. Jetzt kann ich’s mir leisten, nur
noch zum Vergnügen zu unterrichten, und die Mooney dort drüben auf dem
Abstellplatz gehört mir. Und wissen Sie was? Außerdem fahre ich auch noch total
auf ihn ab.«
    »Glückwunsch.«
    »Danke. Also, was gibt’s? Sie
haben mir ausrichten lassen, Sie wollten mich etwas wegen einer ehemaligen
Schülerin fragen.«
    »Ja. Lee D’Silva.«
    »Darf ich fragen, warum?«
    »Sie hat sich bei mir um einen
Job beworben, aber irgendwas an ihr kommt mir komisch vor. Ich kann es nicht
genau festmachen, und ich dachte, vielleicht könnten Sie mir helfen, klarer zu
sehen.«
    Grirnly überlegte, quetschte
Zitrone in ihren Tee. »Na ja, Sie kennen ja mein Prinzip, nicht über Schüler zu
reden — und Sie wissen auch, daß ich es durchbreche, wenn es einen guten Grund
dafür gibt. Ihr Gefühl ist ganz richtig. Zuerst konnte ich es auch nicht genau
benennen. Sie kam letzten Juli ins Flugschulbüro, bestand drauf, bei einer Frau
Stunden zu nehmen. Sie hat schnell gelernt, sich reingekniet — reinverbissen,
kann man wohl sagen — , aber ich habe einfach nicht kapiert, warum sie fliegen
wollte.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Sie
recht verstehe.«
    »Ich glaube nicht, daß ihr das
Fliegen wirklich gefällt. Der Kleinkram — Regeln lernen, Flugvorbereitung,
Flugplanung — war ihr nur lästig. Und im Cockpit hat sie sich nie entspannt.
Ich meine, es ist ja normal, daß man am Anfang angespannt ist, das haben wir
alle durchgemacht; aber die meisten Flugschüler merken doch spätesten bei den
ersten Überlandflügen, daß Fliegen Spaß macht, und sie fangen an, das Gefühl zu
genießen, hoch über allem zu schweben. Aber bei D’Silva war das nicht so.«
    »Interessant, wenn man bedenkt,
daß sie bei ihrem Prüfungsflug so cool war.«
    »Sie haben wohl mit Joe
Bartlett geredet. Ja, sie war cool, aber in einer Situation, die sie schon
erlebt hatte. Und außerdem hatte ich schon mal einen Schüler, der bei seinem
Prüfungsflug das Türproblem auf die gleiche Art bewältigt hat. Ich hatte es Lee
erzählt.«
    »Das erklärt vieles. Was können
Sie noch über sie sagen?«
    »Sie hatte extreme
Stimmungsschwankungen; wenn ich dem Kind einen Namen geben müßte, würde ich
sagen, sie war borderline-manisch-depressiv. Und sie hatte es sich in den Kopf
gesetzt, die schwierigen Sachen zu lernen, bevor sie das kleine Einmaleins
beherrschte. Zum Beispiel wollte sie unbedingt auf einer Spornradmaschine
lernen. Ich habe ihr gesagt, sie soll doch damit warten, bis sie ihren Schein
hat, ich würde ihr dann ein paar Stunden auf der Citabria geben.« Sie zeigte
auf das rotweiße Flugzeug, das in der Nähe des Flugschulbüro-Eingangs parkte.
    »Und haben Sie’s getan?«
    »Nein, ich habe sie seit ihrem
Prüfungsflug nicht mehr gesprochen.«
    »Ich frage mich, warum sie
nicht wiedergekommen ist.«
    »Wer weiß? Vielleicht
Geldprobleme.«
    Oder vielleicht war sie zu
beschäftigt damit gewesen, mich zu terrorisieren.
    Grimly sah auf die Uhr. »In
zehn Minuten habe ich den nächsten Schüler.«
    »Ich muß auch weiter.«
    »Wohin?«
    »Paradise.«
    Sie starrte mich ein paar
Sekunden an und lachte

Weitere Kostenlose Bücher