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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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einen Moment,
steckte dann die Waffe in die Tasche zurück und zog eine meiner Geschäftskarten
heraus. »Setzen wir uns doch, Mr. Auerbach. Es ist in unser beider Interesse,
uns ein bißchen zu unterhalten.«
     
    Russ Auerbach hatte Lee D’Silva
im November an der Bar des Club Turk kennengelernt. Sie hatte ihm
erzählt, daß sie in diversen Etablissements hier in Nob Hill verkehrte. »Sie
mag ihr Nachtleben eher unkonventionell und rauh«, sagte er. »Genau wie ihr
Sexualleben.«
    »Soll heißen?«
    »Ich rede nicht über meine
Frauen, weder über aktuelle noch über verflossene.«
    »Ach, kommen Sie, Russ, Sie
wissen doch selbst, daß Sie’s mir sagen wollen.«
    Er lächelte, entblößte kleine,
spitze Zähne. »Vielleicht will ich das, ja. Das Weibsstück hat mir ganz schön
zugesetzt. Hat’s gern energisch — und reichlich. Als ich mit ihr angefangen
habe, war mir klar, daß das nichts Ausschließliches ist. Sie läßt sich mit
vielen Männern ein.«
    »Hat sie Sie mit zu sich
genommen?« Ich fragte mich, ob er ihre Sammlung gesehen und was er davon
gehalten hatte.
    »Nie. Sie hat gesagt, sie hat
eine Wohnung in Potrero Hill, aber die sei tabu. Der Ort auf der Welt, der nur
ihr gehört. Ich dachte, das heißt, daß sie verheiratet ist oder mit jemandem
zusammenlebt, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, wann sie dafür noch Zeit
hat. Na, jedenfalls, wir sind meistens zu mir gegangen, oder wir haben’s hier
im Büro gemacht.«
    Ich sah mich in dem kleinen
Raum um.
    Auerbach sagte: »Sie legt
keinen Wert auf Komfort.«
    »Offensichtlich.«
    »War eigentlich gar keine
Beziehung. Ich habe sie nie zum Essen ausgeführt, wir sind nie irgendwo
zusammen hingegangen. Alles, was wir gemacht haben, war bumsen und reden,
hauptsächlich über sie. Sie hat mich fasziniert, aber ich mochte sie nicht
wirklich.«
    »Was hat Sie fasziniert, von
dem, was auf der Hand liegt, abgesehen?«
    »Bevor wir da weiter drauf
einsteigen, sagen Sie mir, was Sie von ihr wollen. Haben Sie sie eingestellt
und sind von ihr gelinkt worden?«
    »Ich habe sie nicht eingestellt
und bin deshalb von ihr gelinkt worden.«
    »Willkommen im Club — wenn Sie
den Kalauer verzeihen.«
    »Kommen wir noch mal drauf
zurück, was Sie an ihr fasziniert hat — und was Sie Ihnen angetan hat.«
    »Okay. Lee ist ein sehr
ehrgeiziger Mensch, vielleicht der ehrgeizigste, der mir je begegnet ist. Eine
absolute Perfektionistin. Alles, was sie macht, muß sie hundertprozentig
richtig machen; sie läßt sich nichts durchgehen, nie. Und sie hat diese
Stimmungsschwankungen, von einem Extrem ins andere, ohne irgendwas dazwischen.
Wenn sie down ist, ist sie total hart mit sich selbst, und wenn sie gut drauf
ist... Na ja, dann ist sie wie ein völlig anderer Mensch. Sie fliegt, wissen
Sie das?«
    Ich nickte.
    »Na ja, das ist ein Beispiel.
Sie kann ein verflixtes Flugzeug fliegen, Himmelherrgott, aber das ist ihr
nicht gut genug, weil es die falsche Sorte Flugzeug ist. Die, die sie fliegen
will, ist schwerer zu landen, aber sie hat sich in den Kopf gesetzt, daß sie
das können muß, und zwar sofort. Ich frage sie natürlich, warum. Sie sagt, sie
muß besser sein. Besser als was? frage ich. Einfach nur besser, sagt sie.«
    Besser als ich.
    Auerbach schüttelte den Kopf.
»Herrgott, ich kann nicht mal in einem verdammten Jumbojet sitzen, ohne etwa
sechs Drinks zu kippen, aber sie meint, sie ist nicht gut genug, weil sie noch
nicht gelernt hat, dieses Miniflugzeug zu fliegen!«
    »Haben Sie ihr je Geld
gegeben?«
    »Was zum Teufel soll diese
Frage? Ich brauche nicht dafür zu zahlen!«
    »Sorry, das wollte ich damit
nicht andeuten. Aber wo Sie gerade von ihrer Fliegerei geredet haben — ich
frage mich, wo sie das Geld dafür hernimmt. Ich weiß, was sie die letzten Jahre
verdient hat, und ich weiß auch, was sie an Miete zahlt. Da bleibt nicht viel
für Flugstunden übrig.«
    »Na ja, von mir hat sie keinen
Cent gekriegt, aber jemand muß ihr Geld gegeben haben. Sie war gut bei Kasse.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ihre Kleider, ihre ganze
Aufmachung. Und ich habe mal in einem meiner anderen Clubs einen Mann
getroffen, der was mit ihr gehabt hatte; er sagt, sie hat ihn mit zu sich
genommen. Er wußte nicht mehr, wohin genau — sie fuhr, und er war ziemlich
betrunken — , aber es war so ein kleines Studio, nicht die Wohnung in Potrero
Hill. Also hat sie für beides Miete gezahlt.«
    »Oder sie kann sich das Studio
ausborgen. Dieser Mann — wer ist

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