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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ich nicht
durch diese Tür ging, würde ich ihr vielleicht gar nie gegenüberstehen.
    Ich transferierte die Karte in
meine linke Hand, schob die rechte in mein kleines Abendtäschchen und umfaßte
die .357. Dann schob ich die Karte in das Kästchen und drückte, als das grüne
Licht aufleuchtete, vorsichtig die Tür auf.
    Eine Betontreppe führte ein
ganzes Stück unter das Erdbodenniveau hinab. Am unteren Ende war eine weitere
Tür mit einem weiteren Schließkästchen. Ich ging hinunter, benutzte abermals
die Karte, schob die Tür mit dem Fuß einen Spalt auf.
    Und fand mich in Las Vegas.
    Ein Souterrainraum; Lichtkegel,
die auf grüne Filztische fielen; Leute, die sich um diese Tische scharten und
verfolgten, wie Dealer Karten über den Filz gleiten ließen und Croupiers ihre
Roulettes in Bewegung setzten. Rauchschwaden stiegen zur Decke empor;
Serviererinnen zirkulierten mit Drinks. Ich hörte Reden und Lachen und hie und
da einen triumphierenden Juchzer. In Nevada war ich oft in solchen Räumen
gewesen.
    Aber das hier war Kalifornien,
und hier waren solche Räume illegal.
    Niemand achtete auf mich. Rasch
sah ich mich nach D’Silva um. Mir stockte der Atem, als ich sie entdeckte,
drüben an dem Roulettetisch —
    Aber nein, das war nicht
D’Silva. Nur eine blonde Frau, die ihre petrolfarbene Stola jetzt über dem Arm
trug. Und die D’Silva überhaupt nicht ähnlich sah.
    Vor Enttäuschung spürte ich das
gleiche schwerelos-hohle Gefühl in der Magengegend, wie wenn ein plötzlicher
Aufwind die Citabria packte. Verzweifelt musterte ich die Gesichter der übrigen
Spieler. Da waren der Schauspieler, der Schriftsteller und der Rest der Gruppe.
Zwei weitere Personen, die ich aus den Gesellschaftsspalten der Lokalblätter
kannte. Dann noch ein bekannter Lokalpolitiker. Und ein kalifornischer Senator.
    Aber keine D’Silva; und auch
kein Auerbach. Natürlich konnten sie irgendwo in einem Büroraum —
    Eine Hand packte meinen Arm.
Ich sah mich um, versuchte mich loszureißen. Die Hand hielt eisern fest. Sie
gehörte dem Türsteher, der mich vorhin eingelassen hatte.
    »Ms. D’Silva«, sagte er
eisig-höflich, »Sie kommen besser mit.«
     
    Russ Auerbach lehnte über einem
Tisch in einem kleinen Büroraum, die Hände beidseits eines Computerausdrucks
aufgestützt — zweifellos die Einnahmen dieser Nacht. Von nahem sah er älter und
müder aus als aus der Ferne: ein gestreßter kleiner Geschäftsmann am Ende eines
harten Tages. Er hob den Blick nicht von dem Blatt und seufzte tief.
    »Hergott, Lee«, sagte er, »was
willst du hier — und warum wieder in dieser blöden Verkleidung? Werd endlich
erwachsen.«
    Der Türsteher hatte mich in den
Raum geschoben und sich zurückgezogen, ohne mir die Schließkarte abzunehmen
oder meine Tasche zu kontrollieren. Jetzt griff ich hinter mich und verriegelte
die Tür, während ich gleichzeitig die .357 hervorzog.
    »Falsche Adresse, Mr.
Auerbach.«
    Er richtete sich langsam auf,
und seine kleinen Augen verengten sich, als er zuerst die Pistole und dann mein
Gesicht musterte. Er leckte sich die trockenen Lippen, ehe er fragte: »Wer sind
Sie? Und was soll das?«
    »Mein Name ist Sharon McCone.
Sagt Ihnen das etwas?«
    »Sie sind die Frau, für die Lee
arbeiten wollte. Hat sie Ihnen die Schließkarte gegeben? Wenn das verrückte
Luder Sie geschickt hat, um mir zu drohen —«
    »Ich bin wegen Lee hier, nicht
in ihrem Auftrag.«
    »Und die Karte? Wo haben Sie
die her?«
    »Ich habe sie zwischen einigen
Sachen von ihr gefunden.«
    »Ich hätte sie ihr abnehmen
sollen, aber statt dessen habe ich sie nur gesperrt. Als Sie Ihre Barrechnung
begleichen wollten, wurde sie zurückgewiesen, und der Barkeeper hat den Namen
auf dem Display wiedererkannt und mich angerufen. Ich habe ihm gesagt, er soll
sie ihren Wein austrinken lassen und sie dann höflich auffordern zu gehen.«
    »Hat er aber nicht getan.«
    »Nein, Sie sind zu schnell nach
hier hinten verschwunden. Er hat mich noch mal angerufen. Ich habe gesagt, er
soll sie — ich meine, Lee — durchlassen und dann Danny Bescheid sagen, daß er
sie herbringt. Damit wir ein für allemal Klarheit schaffen.« Er hielt inne, den
Blick noch immer auf die .357 geheftet. »Wozu die Waffe?«
    »Ich kenne Sie nicht, weiß
nicht, welcher Art Ihr Verhältnis zu Lee D’Silva ist. Wenn Sie ein Freund von
ihr sind, haben wir Probleme.«
    »Ich bin nicht ihr Freund. Und
es gibt kein Verhältnis — schon zwei, drei Wochen nicht mehr.«
    Ich musterte ihn

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