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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Moser
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zu checken. Dio, wie ich ihn hasse! Ich würde mir eigenhändig beide Eier abschneiden, wenn ich ihn dafür lebenslänglich hinter Gittern sehen und ihm vor die Füße spucken dürfte. Er hätte es als Einziger verdient, abgeknallt zu werden wie ein mieser Straßenköter.
    »Was ich sagen will, Lukas«, fährt Beck fort und reißt mich aus meinen Gedanken, »du musst aufhören, dir vorzumachen, dies sei nur eine Zwischenstation. Versuche lieber, deine Zeit hier ernsthaft zu nutzen. Du bist erwachsen, du solltest dir überlegen, was du wirklich willst. Selbst wenn du irgendwann dein altes Leben zurückbekommen solltest, schadet es nicht zu wissen, worin deine eigentlichen Interessen und Begabungen liegen.«
    Ich lache bitter auf. » Meine Interessen, meine Begabungen … Sobald ich wieder nach Rom zurückkehre, wird mein Vater mir nach einem kühlen Händedruck anraten, mich mit meinem Architekturstudium zu beeilen, damit ich die verlorene Zeit möglichst schnell wieder aufhole.«
    »Und das würdest du wollen?«
    »Die Frage stellt sich nicht«, antworte ich schroff. Beck glaubt anscheinend, in jeder verdammten Familie gehe es so harmonisch zu wie in seiner eigenen. Aber da kann ich ihm einige Gegenbeispiele nennen, allen voran meine. »Bei uns gilt nicht, was der Einzelne will, wir Orsinis leben einzig und allein für die Firma«, schmeiße ich ihm entgegen. »Ich wurde als der kreative Kopf auserkoren und mein älterer Bruder Fabio quält sich durch sein Jurastudium mit Schwerpunkt Baurecht. So hat es mein Vater wahrscheinlich schon beschlossen, als wir noch zwei kümmerliche Spermien in seinen Eiern waren. Wir wurden nicht aus Liebe gezeugt, sondern als Kapital für die Zukunft der Firma. Wir sind Teil seines Karriereplans.« Ich sehe Beck herausfordernd an. »Und? Ist es das, was du hören wolltest? Bist du jetzt zufrieden?«
    Er erwidert nichts. Zum ersten Mal, seit wir uns kennen, fällt ihm kein sarkastischer Kommentar ein. Schließlich steht er schwerfällig auf und schenkt sich ein weiteres Glas Wasser ein. »Willst du auch?«
    Ich schüttle erschöpft den Kopf. »Außer du hast etwas Härteres«, murmele ich.
    »Nicht vor zwei Uhr nachmittags«, erwidert Beck in seiner gewohnt trockenen Art und setzt sich wieder, während er mir ein Lächeln zuwirft, das beinahe freundlich wirkt und nicht ironisch wie sonst. »Erstens: Dein Vater ist nicht hier«, sagt er ruhig. »Und zweitens: Falls du tatsächlich in nächster Zeit nicht zurück nach Rom kannst, wird er sich wohl oder übel Gedanken darüber machen müssen, wer in Zukunft deinen kreativen Kopf in der Firma ersetzen soll.«
    Ich starre ihn perplex an. Tatsächlich habe ich mir nie die Frage gestellt, welche Konsequenzen meine Abwesenheit für meinen Vater, meinen Bruder und die Firma haben könnte. Bisher habe ich immer nur an meine Mutter gedacht, der ich nie zusätzlichen Kummer bereiten wollte. Ich erinnere mich noch genau an den Ausdruck in ihrem Gesicht, nachdem ich im Krankenhaus aus dem Koma erwacht bin. Sie lächelte und es lag Erleichterung in ihrem Blick, aber auch Schmerz. Und bittere Enttäuschung. In diesem Moment hätte ich am liebsten wieder meine Augen geschlossen und mich für immer hinter schwarzer Bewusstlosigkeit versteckt. Ich habe mich so geschämt.
    »Wenn du willst, kannst du jetzt gehen«, sagt Beck nach mehreren Minuten des Schweigens.
    »Cosa?« Ich blinzle verstört.
    »Wir sind für heute durch.«
    »Oh, okay …« Ich rapple mich hoch. Als ich schon fast aus der Tür bin, ruft mich Beck noch einmal zurück.
    »Ach, Lukas?«
    »Hm?«
    »Da wäre doch noch etwas.«
    »Was?«
    »Du müsstest dringend mal wieder zum Friseur, Schätzchen.« Beck lächelt mich blöde an und klimpert dabei mit den Augen wie eine hirnverbrannte Tussi. »Deinen Ansatz nachblondieren.«
    Ich schüttle nur den Kopf und ziehe kommentarlos die Tür hinter mir zu. Aber kaum bin ich draußen, kann ich mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Incredibile , dieser Typ hat echt einen Sprung in der Schüssel!

Jana
    Erst als ein spitzer Schrei aus der Umkleidekabine ertönt, bemerke ich, dass meine beiden Schützlinge nicht mehr bei mir sind.
    »Vanessa, Massimo, kommt sofort zu mir, sonst bringe ich euch zurück zu Frau Schröder!«, zische ich und zerre die siebenjährigen Zwillinge von der einzigen Kabine des Secondhandladens weg. »Ihr könnt doch nicht einfach zu fremden Leuten in die Kabine gucken.«
    Vanessa kichert. »Wir haben die großen Füße von der

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