Wenn auch nur fuer einen Tag
Zeitpunkt.«
»Und warum nicht?«, frage ich unwirsch.
»Aus demselben Grund, aus dem ich nicht will, dass du mit Leuten am Filmset abhängst. In diesen Kreisen kennt jeder jeden. Von mir aus kannst du in der Uni einen Kaffee mit ihnen trinken, aber lass sie in deiner Freizeit nicht zu nah an dich heran, und vor allem, geh auf keine dieser versnobten Partys ihrer Eltern. Das ist zu riskant. Der Name Orsini ist auch in Deutschland bekannt.«
»Na und? Mich erkennt in diesem Aufzug doch kein Schwein!« Am liebsten würde ich auf der Stelle abhauen und all das tun, was diesem Wichser nicht passt, nur um ihm zu zeigen, dass ich meinen eigenen Willen habe. »Du tust gerade so, als würde hinter jedem Busch einer lauern, der mich um die Ecke bringen will«, fahre ich Beck an. » Sei matto , du hast ja Wahnvorstellungen! Du übertreibst mit deiner ganzen Scheißvorsicht und vermiest mir alles, was nur ansatzweise Spaß machen könnte. Nur weil du so ein staubtrockener Langweiler bist, der sich am liebsten zu Hause verkriecht, muss das noch lange nicht für mich gelten. Was darf ich überhaupt noch? Soll ich dir vielleicht auch Bescheid geben, wenn ich scheißen gehe?«
»Nein, aber du darfst mir gerne Wasser nachschenken«, antwortet Beck und hält mir sein leeres Glas hin, das ich mit einem wütenden Schnauben ignoriere. Ich bin so was von angepisst.
»Hör zu«, beginnt Beck erneut, »ich weiß, dass das alles nicht leicht für dich ist. Und obwohl ich nur das Beste für dich will, kann ich dich zu nichts zwingen. Aber wenn ich merke, dass du absichtlich gegen mich arbeitest, dann steht es mir zu, aus unserem Vertrag auszusteigen. Aus demjenigen Vertrag, den du, falls ich dich erinnern darf, vor zweieinhalb Monaten selbst unterschrieben hast.«
»Wahrscheinlich stand ich da noch unter Tabletten, sonst hätte ich mein monatliches Taschengeld mindestens auf zweitausend Euro erhöht, damit ich mir eine anständige Wohnung und ein Auto leisten kann. Ich bin jetzt schon pleite, Mann.«
»Tja, als ganz normaler Student musst du eben lernen, besser hauszuhalten«, kontert Beck ungerührt. »Nebenbei sind achthundert Euro weitaus mehr, als den meisten anderen zur Verfügung steht. In knapp einem Jahr wird der Vertrag neu verhandelt, dann werden wir weitersehen. Bis dahin wirst du es hoffentlich in deinen ärmlichen Verhältnissen aushalten. Und vielleicht suchst du dir zur Abwechslung mal Freunde, die nicht im Luxus schwimmen und trotzdem Spaß im Leben haben!«
»Ja, ja, jaaaa.« Genervt von Becks Moralpredigt lasse ich mich wieder auf die Couch fallen und massiere meine pochende Stirn. Warum verschafft mir dieser Typ bloß jedes Mal Kopfschmerzen und gibt mir das Gefühl, ein kleiner Idiot zu sein, der vom Leben keine Ahnung hat? Ich schätze, ich habe in meinen zwanzig Jahren mehr erlebt, als er bis zu seinem Tod schaffen wird. Er weiß ja nichts von mir, auch wenn er ständig in mir herumbohrt.
»Und?«, fragt Beck nach einem kurzen Moment des Schweigens. »Wie läuft das Studium sonst so? Gefallen dir deine Fächer?«
»Weiß noch nicht«, brumme ich gereizt. »Ganz okay, schätze ich.« Ich gebe nicht zu, dass mich die Kurse schon nach knapp zwei Wochen zu Tode langweilen, aber wenigstens kenne ich Tamara, Noah und ein paar andere, die mit mir die Vorlesungen besuchen. Das ist auch schon der einzige Grund, weshalb ich mir diesen BWL-Mist überhaupt gebe. Und eigentlich ist es ja auch vollkommen egal, womit ich meine Zeit verbringe. In Rom werde ich sowieso mein Architekturstudium fortsetzen, auch wenn ich darauf genauso wenig scharf bin.
»Ich würde mich langsam ernsthaft darauf einstellen, dass dein Aufenthalt hier noch etwas länger andauert«, sagt Beck, als habe er meine Gedanken gelesen. »Es sieht nicht besonders gut aus. Mittlerweile sitzen zwar fast alle Beteiligten der Rosa Nera in Untersuchungshaft und haben ausgesagt, aber nach wie vor fehlt jede Spur von Paolo Testa und deinem Boss, den du unter dem Namen Fernando Alberti kennst. Niemand weiß, wo sie stecken, und die Ermittler sehen inzwischen schwarz. Auch für deine baldige Rückkehr, Lukas.«
Ich blicke zu Boden und mir wird leicht schwindlig. Allein der Klang seines Namens lässt Bilder in meinem Kopf entstehen, die ich lieber im Koma zurückgelassen hätte, und mein Magen krampft sich vor Wut zusammen. Fernando Alberti … Er ist ein Heuchler, schlimmer als mein Vater. Er hat von Anfang an mein Vertrauen missbraucht und ich war zu dumm, um es
Weitere Kostenlose Bücher