Wenn auch nur fuer einen Tag
mitzuverfolgen und bei jedem Scherenschnitt zucken ihre Finger in ihrem Schoß, so als bekäme sie einen kleinen schmerzhaften Stromschlag verpasst.
»He, das wird super«, sage ich aufmunternd. »Ich schwöre dir, du wirst mir noch dankbar sein für deine neue Frisur und jeden Morgen, wenn du in den Spiegel schaust, wirst du an mich denken.«
Jana lächelt gequält. »Das bestimmt«, murmelt sie. »Fragt sich nur, ob ich dich dann nicht eher verfluche.«
Ich lache, aber nur für einen kurzen Augenblick, denn plötzlich rückt meine Friseurin mit einem Apparat an, der mich stark an den Tropf erinnert, an dem ich im Krankenhaus hing. Nur, dass an diesem hier kein Infusionsbeutel befestigt ist, sondern etwas, das aussieht wie eine Trockenhaube. Ich ahne, was als Nächstes kommt, aber bevor ich protestieren kann, sitze ich schon darunter und die Friseurin steckt mit einer energischen Bewegung das Kabel in die Steckdose. Merda, è vero! Es ist eine Trockenhaube und um meinen Kopf herum wird es augenblicklich warm.
»Moment mal, äh … Muss das hier sein?«
»Ja, für etwa eine halbe Stunde, sonst wirkt das Mittel nicht richtig und deine Haare werden gelb«, schnattert die Tussi, deren grelle lachsfarbene Strähnen mir von Anfang an Warnung genug hätten sein sollen. Das hat man nun davon, wenn man in so einen billigen Schuppen geht. Aber ich kann mir im Moment einfach keinen teureren Friseur leisten. Fünfundzwanzig Euro für Waschen, Ansatzfärben und Schneiden ist alles, was mein Geldbeutel verkraftet. Trotzdem, das ist doch noch lange kein Grund, mich wie den letzten idiota zu behandeln.
»Stimmt nicht, es geht auch ohne dieses Ding«, versuche ich, mich zu wehren, und fühle mich dabei wie ein kleines hilfloses bambino . »Das letzte Mal musste ich keine lächerliche Omahaube …« Aber der Lachs ist erbarmungslos und lässt mich einfach sitzen, während er wieder in dem kleinen Nebenzimmer verschwindet.
»Wenn mir jetzt vielleicht noch jemand Strickzeug bringen würde und einen heißen Tee mit Zwieback …«, murmele ich. Ich komme mir dermaßen bescheuert vor, dass ich noch nicht einmal in den Spiegel schauen will, aber als ich es plötzlich leise neben mir kichern höre, blicke ich doch auf. »He, lachst du mich etwa aus?«
Jana schüttelt den Kopf, aber dann prustet sie los. Sie lacht, dass ihr ganzer Körper unter ihrem Plastikumhang bebt und die Friseurin seufzend mit ihrer Schere zur Seite tritt und genervt den Kopf schüttelt.
»Du siehst wirklich super aus«, keucht Jana, als sie wieder einigermaßen Luft bekommt. »Wie der Traum einer jeden Frau.«
»Schon gut, jetzt beruhige dich«, brumme ich angepisst. »Du willst dich doch bloß dafür rächen, dass ich dir eine neue Frisur verpasst habe. Ich finde, jetzt sind wir definitiv mehr als quitt.«
Jana schüttelt den Kopf, beugt sich nach unten und kramt in ihrer Handtasche herum, die vor ihr auf dem Boden steht. Sie zieht ihr Handy hervor und –
»Nein, nein, nein, nein«, protestiere ich, aber Jana hat schon auf den Fotoauslöser gedrückt. Als sie das Ergebnis betrachtet, bricht es erneut aus ihr heraus. »’tschuldige«, kichert sie, »aber wenn du nicht so ein zerknirschtes Gesicht machen würdest, als hättest du deine Dritten vergessen, wäre es nur halb so komisch.«
»Ha, ha, ha«, mache ich, aber Jana scheint jetzt erst richtig in Fahrt zu kommen. Ich bin überrascht. Bei unseren bisherigen Treffen wirkte sie immer so kontrolliert, beinahe verbissen. Jetzt schießt das Lachen aus ihr hervor, als wäre sie ein kleiner Vulkan, der jahrelang nur darauf gewartet hat, endlich ausbrechen zu dürfen. Toll, dass ausgerechnet mein bescheuerter Aufzug der Auslöser dafür sein muss, denke ich mürrisch.
»Jetzt musst du dir nur noch blasslila Löckchen drehen lassen«, schlägt sie vor, »dann bist du der Star auf jeder Party.«
Ich beobachte Jana kopfschüttelnd, die sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischt, und muss mit einem Mal selbst grinsen. Ihr Glucksen ist so ansteckend, dass ich gar nicht anders kann.
»Darf ich jetzt vielleicht weitermachen?«, fragt die Friseurin gedehnt. »Gleich kommt die nächste Kundin.«
Jana nickt. »Ja, klar, tut mir leid.« Sie räuspert sich und setzt sich kerzengerade hin, aber aus den Augenwinkeln kann ich erkennen, wie sie noch ein paarmal von leisen kleinen Lachsalven durchschüttelt wird.
Wenigstens hält sie sich mit weiteren Kommentaren zurück, denke ich und wundere mich, wie relaxt ich
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