Wenn auch nur fuer einen Tag
mehr Fülle.«
Tja, ich könnte dir einen super Stylingberater empfehlen, denke ich im Stillen. So euphorisch, wie alle auf meinen neuen Look reagieren, muss ich vorher ja grauenhaft ausgesehen haben. Aber tatsächlich muss auch ich mir heimlich eingestehen, dass mir die Frisur gefällt. Natürlich konnte ich das Lukas gegenüber nicht zugeben, sondern habe mich zum Schluss nur zu einem »Na ja, es hätte schlimmer sein können« durchgerungen.
»Sag mal, hast du am Wochenende eigentlich irgendetwas geplant?«, fragt mich Carla, als sie sich auf mein Bett wirft und beginnt, in einer Frauenzeitschrift herumzublättern.
Ich horche auf. Ich kenne meine Cousine. Diese extrem beiläufige Art, mit der sie mich das fragt, klingt einfach zu unschuldig für ihre Verhältnisse. Carla kann sogar noch schlechter schauspielern als ich. Ich setze mich neben sie.
»Die Frage ist wohl eher, ob du etwas geplant hast. Oder?«
Carla sieht mich mit ihren braunen Rehaugen an und klimpert mit den Lidern. »Ich weiß nicht, wie du darauf kommst!«
»Wirklich?« Ich muss grinsen. »Vielleicht, weil ich Alex nach meinem Friseurtermin im Supermarkt getroffen habe und er mich durch den halben Laden geschleift hat, damit ich ihm bei den Einkäufen fürs Wochenende helfe«, erkläre ich ihr. »Dabei hat es ihn besonders interessiert, was du am liebsten isst und trinkst. Ist doch komisch, oder?«
Carlas Augen beginnen zu glänzen. »Also gut, erwischt«, sagt sie und lächelt dabei so verliebt, dass es mich nicht gewundert hätte, lauter kleine Amor-Engel mit Herzpfeilen um sie herumschwirren zu sehen.
»Alex hat mich gefragt, ob ich das Wochenende bei ihm verbringen will. Seine beiden Mitbewohner sind nicht da und er hat sturmfrei.«
»Aber das ist doch super, oder?« Ich greife nach ihrer Hand. »Ich meine, du freust dich doch sicher, oder … geht dir etwa plötzlich alles zu schnell?«
»Nein, es ist nur …« Carla scheint nicht recht zu wissen, wie sie weitermachen soll.
»Los, spuck es schon aus!«, ermutige ich sie. »Was immer es ist, ich werde es ihm nicht verraten.«
»Nein, es geht nicht um Alex, es ist mehr … Na ja, du und ich, wir beide haben doch die letzten Wochenenden immer zusammen verbracht«, sagt sie schließlich. »Ich möchte nicht, dass du jetzt allein hier herumsitzt, nur, weil ich plötzlich einen Freund habe.«
Ich lasse ihre Hand los. Ein dicker Klumpen bildet sich in meiner Kehle.
»Wir könnten es uns doch genauso gut in unserer Wohnung gemütlich machen«, schlägt Carla vor. »Zu dritt. Das wird sicher ein Spaß. Alex soll seine Einkäufe einfach mitbringen, wir kochen gemeinsam, sehen uns ein paar DVDs an, mixen Cocktails … Was hältst du davon?«
Ich starre Carla mit offenem Mund an, während mir tausend Antworten im Kopf herumschwirren, aber keine einzige herauskommen will. Ich weiß, sie meint es nur gut, aber ich bin doch kein Kind, auf das man Tag und Nacht aufpassen und das man ständig bespaßen muss, damit es abgelenkt ist und keinen Blödsinn anstellt. Ich schließe kurz die Augen, um mich zu sammeln. »Hör zu, Carla«, beginne ich möglichst ruhig und hoffe inständig, dass ich die richtigen Worte finde für das, was ich ihr sagen will. »Es ist nett, dass du dir solche Gedanken machst, aber ich bin in Ordnung, wirklich. Und um ehrlich zu sein, brauche ich auch wieder mal etwas Zeit für mich. Seit vier Monaten habe ich das Gefühl, ständig von dir beobachtet zu werden. Lacht Jana heute? Hat sie dunkle Ringe unter den Augen? Hat sie nachts geweint? Isst Jana auch genug? Ich fühle mich schon wie unter einem Mikroskop. Es muss aufhören, dass du jeden Tag darüber nachgrübelst, wie es mir geht, und dich verantwortlich fühlst für meine Stimmungen. Du hast dein eigenes Leben und ich meins. Wir sind keine siamesischen Zwillinge, wir sind Freundinnen, die zufälligerweise auch verwandt sind. Wir dürfen auch mal getrennt voneinander etwas unternehmen. Wenn du Spaß haben willst, dann los! Aber hör auf, mich immer mit einzuplanen – vor allem, wenn es um dich und Alex geht. Ich will, dass es wieder … ganz normal wird zwischen uns. So wie früher. Verstehst du, was ich meine?«
Carla sieht mich erschrocken an. Wahrscheinlich hat sie nicht mit einer derartigen Ansprache gerechnet, aber ich musste das einfach loswerden. Es war längst überfällig, sonst wäre ich irgendwann geplatzt.
»Carla?«, frage ich leise, als sie nicht reagiert.
Endlich nickt sie. »Ja, wahrscheinlich hast
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