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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Moser
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Chipstüten eingedeckt, den Fernseher eingeschaltet und das Wohnheim bis auf Weiteres nicht mehr verlassen. Was hätte ich auch sonst anstellen sollen? Und mit wem? Okay, das Einzige, was mir noch eingefallen ist, war, joggen zu gehen, wie ich es oft in Rom am Tiberufer getan habe, wenn ich den Kopf freikriegen wollte. Aber dazu hat mir der Elan gefehlt und außerdem hat es die ganze Zeit nur geschifft.
    »Und? Alles klar?«, will Beck wissen, als er mich in sein Büro eintreten lässt.
    »Nein, ganz und gar nicht!«, blaffe ich ihn an, was ich eigentlich überhaupt nicht beabsichtigt hatte. Aber ich schleppe diese miese Laune schon so lange mit mir herum, dass Beck jetzt eben das Pech hat, sie abzukriegen.
    Er zieht erstaunt seine linke Augenbraue hoch. »Ach, etwa schlecht geschlafen?«
    »Nein, Mann, ich halt’s bloß nicht mehr aus in dieser Scheißstadt«, stöhne ich und werfe mich auf seine Couch. »Vor allem, seit ich deinen bescheuerten Rat befolgt habe und mich von den Kreisen fernhalte, die du als unpassend für mich erachtest.«
    »Sehr löblich«, meint Beck. In diesem Moment klingelt es unten an der Haustür. »Entschuldige mich kurz, das ist wahrscheinlich die Post. Anne ist heute nicht da, um sie entgegenzunehmen. Vergiss nicht, was du sagen wolltest!«
    Ich will ihm eigentlich noch irgendetwas an den Kopf werfen, ihm hinterherschreien, dass er alles kaputt gemacht hat, was ich mir hier mühselig aufgebaut habe, aber ich tue es nicht. Wahrscheinlich, weil ich ganz genau weiß, dass es reiner Blödsinn ist. Beck trifft keine Schuld, dass ich meinen einzigen Bekanntenkreis in der Stadt verloren habe. Es lag an den Leuten selbst, die einen Normalo wie Lukas Richter nicht in ihrer Mitte dulden. Und an mir, weil ich unbedingt dazugehören wollte und mich ihnen angebiedert habe. Etwas mehr Geld auf dem Konto und ein paar prahlerische Sprüche und schon wäre ich wieder dabei. Aber dieses Wissen macht die Situation auch nicht besser. Im Gegenteil: Das, was ich durch diese Clique erfahren habe, hält mir nicht nur vor Augen, wie dumm und kurzsichtig ich in den letzten Wochen war, sondern stellt auch mein bisheriges Leben als Matteo Orsini komplett infrage. Das schlaucht mich am meisten und war der Hauptgrund dafür, dass ich mir seit dieser bescheuerten Loftparty zweieinhalb Kästen Bier reingekippt habe. Mit zugeknallter Birne konnte ich besser verdrängen, in was für ein Scheißleben ich hineingeboren wurde. Und auch, in welchen noch größeren Scheiß ich dadurch geraten bin.
    Von wegen privilegiert, von wegen Oberschicht und von allen anderen beneidet, wie mein Vater immer behauptet. Hinter all dem Luxus steckt nichts . Er führt dich nur in die Irre, tischt dir nichts als Lügen auf und stumpft dich ab für das, was wirklich wichtig ist. Ich habe zwar versucht, aus meiner Welt auszubrechen, indem ich der Rosa Nera beigetreten bin, aber ich habe dabei vergessen, mein Hirn einzuschalten. Ich war blind und frustriert und dadurch schwach und angreifbar. So wie alle von uns. Und das hat sich Alberti zunutze gemacht. Er war schlau, so ungemein schlau, und er konnte wahnsinnig gut reden. Wir hingegen waren dumm, gelangweilt und unzufrieden und haben ihm fasziniert zugehört. Die perfekte Kombination für seine Machenschaften – bravo, Alberti, du hast dir deine Leute wirklich clever und mit aller Sorgfalt ausgesucht! Wir waren alle so bescheuert und haben uns von dir und deiner Idee von einer elitären, unangreifbaren Gemeinschaft begeistern lassen.
    »So, da bin ich wieder.« Beck legt einen Stapel Briefe und zwei Päckchen auf seinem Schreibtisch ab.
    »Und? Gibt es irgendetwas Neues im Bezug auf Alberti?«, frage ich ohne Umschweife.
    Beck schüttelt den Kopf. »Tut mir leid, aber … Dafür haben sie das letzte Mitglied der Rosa Nera gefunden, das noch untergetaucht war.«
    »Diesen Mistkerl Paolo Testa?« Ich fahre hoch.
    Beck nickt. »Er ist tot.«
    »Was?«
    »Ja, erhängt. Die Ermittler gehen davon aus, dass es Selbstmord war.«
    Seine Antwort trifft mich wie ein Faustschlag. Meine Kehle ist staubtrocken und mir wird kalt. Paolo, mein damaliger Partner, ist … tot. Ich weiß nicht, was ich in diesem Moment fühlen soll. Ich bin wie gelähmt. Becks Stimme scheint von weither zu kommen.
    »Alle anderen Beteiligten der Rosa Nera , die ihre Aussage getätigt haben, glauben jetzt natürlich, Paolo habe gesungen und aus Angst vor Alberti Selbstmord begangen«, sagt er. »Das … hat wenigstens einen

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