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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Moser
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zueinander, was unser Verhältnis zusätzlich entspannte.
    Wir kotzten uns bei unseren Treffen über unsere Eltern aus, redeten darüber, wie verdammt angepisst wir von ihren Erwartungen und Moralpredigten waren, die letztendlich immer bloß die gleiche Message enthielten: Egal was ihr anstellt, blamiert uns nicht in der Öffentlichkeit und beschmutzt vor allem nicht den Namen der Familie.
    Dabei verspürte jeder von uns den Drang, sich endlich aus diesen lästigen Fesseln zu befreien, eigene Entscheidungen zu treffen und Fehler zu machen, ohne ständig Rücksicht auf den Stand und das gesellschaftliche Ansehen unserer Sippschaften nehmen zu müssen.
    Bei den ersten Malen fand ich diese Psychorunden, in denen jeder sein Seelenleben und die neuesten Dramen von zu Hause auspackte, einfach nur megapeinlich und am liebsten wäre ich auf der Stelle wieder abgehauen. Wenn da nicht diese geilen Partys gewesen wären. Fernando Alberti wusste, wie man anständig feiert. Er stellte uns die schönsten Mädchen der Stadt zu Verfügung, guten Stoff, den besten Champagner … Es gab nichts, was es nicht gab.
    Zum Glück drängte mich niemand dazu, mein Privatleben zu outen, denn dann hätte ich mich sofort vom Acker gemacht, Party hin oder her. Aber die Zurückhaltung der anderen führte wahrscheinlich dazu, dass ich irgendwann ganz von selbst anfing zu reden. Von meinem Vater, seinem Machtgefüge und seinem Schubladensystem, in das er mich, meinen Bruder und meine Mutter steckte. Auslöser dafür war ein weiterer heftiger Streit mit meinem Vater, bei dem er mir an einem Freitagnachmittag mit verächtlichem Blick eine ziemlich heftige Klausur auf den Tisch knallte, die ich als Zweitbester meines Jahrganges bestanden hatte.
    »Du hättest locker auch die volle Punktzahl erreichen können, wenn du dich nachts nicht immer in irgendwelchen Bars herumtreiben würdest!«
    Ich hatte eine Mordswut auf ihn. Aber genauso auf mich selbst, weil ich so blöd war, immer wieder auf ein Wort der Anerkennung von ihm zu hoffen. Noch am selben Abend ließ ich mich volllaufen und kotzte mich bei den anderen der Rosa Nera über all das aus, was mich so wütend machte. Es tat gut, so verdammt gut. Mein eigener Bruder hörte mir nicht zu, aber sie taten es. Und Fernando Alberti tat es. Er schlug mir verständnisvoll auf die Schulter.
    »Komm mit, ich habe da etwas Nettes für dich, das dich aufmuntern wird.«
    Er führte mich zu einem Mädchen, das mir die Augen verband und mich in ein dämmriges, abgelegenes Zimmer führte. Die Kleine legte mir irgendetwas auf die Zunge, von dem ich keine Ahnung hatte, was es war, aber es schoss mich weit weg an einen Ort, an dem ich noch nie zuvor gewesen war und an dem es keine Regeln gab. Die junge Frau folgte mir als Einzige dorthin und wusste, welche extravaganten Wünsche ich plötzlich hatte. Sie erfüllte sie mir, ohne dass ich sie laut aussprechen musste. Es war das Geilste, was ich bis dahin erlebt hatte.
    »Warum tut Alberti das alles für uns?«, fragte ich kurz darauf Filippo Bernardi, mit dem ich mich besonders gut verstand. »Ich meine, was hat er persönlich davon, wenn wir ihm seinen scheißteuren Champagner wegsaufen und er uns die geilsten Frauen besorgt, damit sie es uns besorgen?«
    Filippo zuckte mit den Schultern und grinste. »Genieß es einfach und grüble nicht weiter darüber nach. Alberti kommt aus ähnlichen Verhältnissen wie wir. Er weiß, wie schwer es ist, in einen goldenen Käfig hineingeboren zu werden und dem Erwartungsdruck der Familie ausgesetzt zu sein. Aber er hatte den Mumm, etwas Eigenes zu riskieren. Er ist echt cool, Mann. Von ihm können wir alle etwas lernen. Du wirst schon sehen.«
    Ich suchte wie ein Irrer im Internet nach Alberti und fand ihn schließlich als Besitzer einer Nachtclubkette, die nicht nur in Rom, sondern auch in Mailand, Florenz und Verona vertreten war. Ich hatte mir zwar etwas Aufregenderes, Ausgefallenes vorgestellt und war fast ein wenig enttäuscht, aber ich nahm Alberti trotzdem als strebsamen, extrem coolen Typen wahr, der es nicht mehr nötig hatte, selbst zu arbeiten, sondern Spaß daran fand, exzessive Partys mit Gleichgesinnten zu feiern und junge Leute zu ermutigen, ebenfalls etwas Eigenes auf die Beine zu stellen.
    Mir gefiel die Vorstellung, dass es auch in unseren Kreisen anständige Menschen gab. Menschen, die nicht nur an ihren eigenen Vorteil dachten.
    Wer zu den Treffen der Rosa Nera kommen durfte, das bestimmte Alberti allein. Mein

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