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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Moser
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wandern. Ich taste nach den Zwischenräumen von Lukas’ Fingern und lege meine ganz sacht in die Lücken hinein. Ich halte den Atem an und werfe Lukas einen verstohlenen Blick zu. Ich würde zu gerne wissen, was er denkt, aber er sieht mich nicht an, sondern blickt weiter starr geradeaus. Sein Ausdruck ist wie versteinert, als würde er gar nichts außer dem Film registrieren. Aber dann, plötzlich, bewegen sich seine Finger und verschränken sich mit meinen. Jetzt gibt es keine Zwischenräume mehr. Er hält meine Hand, hält sie richtig fest, bewusst und nicht wie aus Versehen.
    Mein Herz flattert. Ich habe keine Ahnung, was in Lukas vorgeht, was er bezweckt, aber eines wird mir mit einem Schlag klar: Ich will ihm glauben, wenn er mir sagt, dass nichts zwischen ihm und Tamara passiert ist. Ich will ihm vertrauen. Das ist immerhin ein Anfang und den braucht man, wenn man möchte, dass etwas weitergeht.
    Aber insgeheim, tief in mir drin, weiß ich, dass ich mir mehr wünsche. Viel mehr.
    Ich glaube, wenn Lukas mich tatsächlich spüren ließe, dass er mich gernhat, ich meine richtig, richtig gern, dann würde ich den kleinen, zappligen Schmetterling in meinem Bauch keine Sekunde länger zurückhalten. Ich würde ihm einfach freie Bahn lassen, damit er nach Herzenslust losflattern kann.

Lukas
    Jana hat ja keine Ahnung, was es für mich bedeutet, dass ich ihre Hand halten darf. Die Wärme, die aus ihren Fingern in meine fließt, tut gut. Es war wie ein Reflex, als ich nach ihrer Hand griff. So, als müsste ich mich irgendwo festhalten, damit ich den Erinnerungen standhalten kann, die mich so geballt einholen. Ich könnte natürlich genauso gut aufstehen und den Raum verlassen. Wenn ich diese Bilder nicht mehr vor mir sehen müsste, ginge es mir bestimmt sofort wieder besser und dieses beklemmende Gefühl würde verschwinden. Aber ich will mich nicht von ihrer Seite bewegen und das zwischen uns zerstören. Wir sind uns in diesem Moment näher als je zuvor, auch wenn ich mich durch diesen verdammten Film so fühle, als wäre ich weit, weit weg. Dort, irgendwo in Rom, nicht als Lukas Richter, sondern als Matteo Orsini, auf dem Weg zu einem weiteren Treffen mit der Rosa Nera .
    Im Film hört man Kirchenglocken. Ihre dumpfen Klänge hallen durch die verlassenen Straßen. Acht Mal. Aber in meinem Kopf schlagen sie weiter …

Matteo
    … neun, zehn, elf. »Verdammt noch mal!« Leise fluchend drehte ich mich auf dem kleinen abgeschiedenen Platz um meine eigene Achse, schon zum x-ten Mal. Nichts. Resigniert ließ ich mich auf dem maroden Randstein nieder. Ich lief jetzt schon seit mehr als einer Stunde dieses verfluchte Viertel nach dem beschriebenen Kellereingang ab – ohne Erfolg.
    Scheiße, normalerweise hätte ich die Suche längst aufgegeben und wäre auf irgendeine andere Party gegangen. Am Freitagabend gab es immerhin mehr als genug davon in Rom. Aber ich wollte, musste unbedingt auf diese hier. Allein deshalb, weil ich letzte Woche umsonst auf eine Einladung von Alberti gewartet und schon befürchtet hatte, er hätte mich wieder von der Liste gekickt. Und wenn ich nicht bald aufkreuzte, würde er es wahrscheinlich auch tun. Er hasste es, wenn jemand unabgemeldet wegblieb.
    Es war echt abgefahren. Die Treffen der Rosa Nera , wie sich der elitäre Verein um den Organisator Fernando Alberti nannte, waren in nur zwei Monaten zu einer regelrechten Sucht für mich geworden. Ich fieberte jedem Mittwoch entgegen, an dem ich einen schlichten Briefumschlag mit schwarzem Rosensiegel erhielt. Mit vor Aufregung zitternden Fingern öffnete ich jedes Mal das Kuvert, welches die Eintrittskarte für irgendeine neue Überraschung am kommenden Freitag enthielt, sowie die dazugehörige Wegbeschreibung.
    Alle zwölf Mitglieder, ich eingeschlossen, kamen aus namhaften römischen Familien. Dennoch kannte ich die anderen bis zu unserem ersten Zusammentreffen nur flüchtig und unser Kontakt beschränkte sich auch zukünftig ausschließlich auf die Treffen an den Freitagabenden.
    Trotzdem fühlte ich mich enger mit ihnen verbunden als mit den meisten meiner anderen Bekannten, bei denen man höllisch aufpassen musste, was man ihnen erzählte, weil es im nächsten Augenblick schon wieder gegen einen verwendet werden konnte.
    Unter den Mitgliedern der Rosa Nera war das anders. Hier wusste jeder über jeden Bescheid, wodurch ein gewisser Gleichstand und absolute Loyalität herrschten. Außerdem standen unsere Familien nicht in Konkurrenz

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