Wenn auch nur fuer einen Tag
sprach, das machte ihn so verdammt glaubhaft und ließ einen nie an seinen Worten zweifeln, ganz egal, worum es ging.
»Willst du ab heute ein offizieller, unersetzbarer Bestandteil der Rosa Nera sein, Matteo?«, fragte mich Alberti, wobei er mir fest in die Augen blickte. »Willst du dazugehören und dich für die Gemeinschaft einsetzen, ihr deine Färbung spenden?«
Ich nickte, ohne zu wissen, was ich in diesem Moment tat. Ich wollte einfach nicht ausgestoßen werden, ich wollte weiterhin jede Woche diesen unvergleichbaren Kick verspüren, wenn ich ein neues Briefkuvert erhielt. Ich wollte nicht mehr auf die Spannung verzichten, die mich packte, sobald ich mich auf die Suche nach unserem neuen Treffpunkt machte. Und ich wollte mich weiterhin auskotzen können, wenn es bei uns zu Hause wieder einmal drunter und drüber ging, mein Vater krumme Dinger mit dem Bauamt drehte, meine Mutter nachts leise heulte, wenn er wieder nicht nach Hause kam, sondern eine seiner Sekretärinnen oder Praktikantinnen vögelte, die er kurz danach feuerte, und wenn mein Bruder Fabio gut gelaunt beim nächsten Sonntagsfrühstück erschien und mit einem Strahlen verkündete: »Es geht doch nichts über einen gemütlichen Brunch mit der Familie.«
Mein Nicken auf Albertis Frage war in diesem Augenblick nichts weiter als ein Fluchtweg aus meinem verhassten Leben.
Als ich kurz darauf meine rechte Schulter frei machte und mir Fernando Alberti mit einer Tätowiermaschine die schwarze Rose stach, das Zeichen meiner offiziellen Mitgliedschaft, biss ich vor Schmerz die Zähne zusammen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, was mir noch bevorstand, und dass ich jetzt, wo ich nicht mehr nur Gast der Rosa Nera war, auch für meine Mitgliedschaft bezahlen musste. Nicht mit Geld, aber mit Taten.
Jana
»Was, das alles?«, frage ich ungläubig, als Marco Rossi, der Chef der Catering-Firma, mir acht Pizzaschachteln, diverse Salate, Nachspeisen und fünf Rotweinflaschen in den roten Twingo packt.
» Sì , alles an diese Adresse. Aber das ist deine letzte Bestellung für heute. Danach kommst du bitte noch einmal kurz in mein Büro, damit wir deinen Plan für die nächste Woche erstellen können, bene, Jana?«
» Bene , bis gleich!« Ich gebe die Adresse ins Navi ein. Am Brunnenhof … Na toll, die Straße liegt irgendwo in Sankt Pauli. An einem Freitagabend kann es ewig dauern, bis man mit dem Auto durch das Vergnügungsviertel kommt.
Egal, denke ich. Ist schließlich nicht meine Pizza, die kalt wird. Und dass sich viele Rossis Pizza liefern lassen, selbst wenn der Lieferweg mehr als eine Stunde dauert, verstehe ich inzwischen sogar. Sie schmeckt einfach genial und hat diesen hauchdünnen Boden, bei dem der Teig in der Mitte mit dem Käse und der Tomatensoße zu einer köstlichen Einheit verschmilzt.
Mir hat es nichts ausgemacht, heute ein paar Stunden länger zu arbeiten, weil so viel los war, auch wenn ich eigentlich nur die Nachmittagsschicht übernehmen sollte. Ich genieße das Autofahren quer durch ganz Hamburg und verdiene sogar noch Geld dabei. Das einzig Blöde bei dem Job ist: Man hat viel zu viel Zeit, in Grübeleien zu verfallen.
Lukas hat mich natürlich nicht angerufen und ich schätze, er wird es auch nicht mehr tun, obwohl ich es mir insgeheim wünsche, weil ich immer noch auf irgendeine Erklärung für sein seltsames Verhalten hoffe. Aber ich weiß, dass ich in manchen Dingen einfach zu romantisch gepolt bin und allerhöchstens im Film nachträgliche Entschuldigungen, gepaart mit Liebeserklärungen, kommen, wie etwa: »Es tut mir leid, dass ich mich so idiotisch verhalten habe. Das lag nur daran, weil du mich einfach umgehauen hast und ich plötzlich Angst vor meinen eigenen Gefühlen hatte. Aber jetzt weiß ich, was ich will – nämlich dich!«
Ich schalte entschlossen die italienische Schnulzen-CD aus, mit der Rossi jedes Lieferauto bestückt hat. Er behauptet, durch die Musik, die er selbst zusammengestellt hat, würden wir uns besser mit den Produkten identifizieren. Im Moment wird mir allerdings eher schlecht davon und die Lieder von amore und Herzschmerz deprimieren mich nur noch mehr.
»Vergiss ihn, Süße«, hat mir Carla geraten, nachdem ich ihr eine Kurzfassung von meiner letzten Begegnung mit Lukas geliefert habe. »Der Typ scheint echt kompliziert zu sein, und ganz ehrlich – wer schon einmal etwas mit Tamara zu tun hatte, in welcher Form auch immer, dem sollte man besser gar nicht erst über den Weg trauen. Lösch
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