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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Moser
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Interesse«, sage ich kühl. »Aber ich hätte jetzt gerne meine hundertachtundsiebzig Euro und sechzig Cent.« Seltsamerweise bin ich ganz ruhig und gefasst. Mehr noch: Ich genieße es zu sehen, wie nervös Noah ist. Die Situation scheint ihm mehr als unangenehm zu sein, obwohl er sicher schon ziemlich bekifft ist. Mit zitternden Fingern durchwühlt er seinen Geldbeutel.
    »Äh, ich …« Er räuspert sich, als er mir ein Geldbündel in die Hand drückt. »Scheiße, ich hab leider kein Trinkgeld mehr, das sind hundertachtzig …«
    Ich lächle gönnerhaft und sage mit einem Seitenblick auf die nette junge Dame neben ihm: »Macht doch nichts, Noah, ich schätze, du brauchst die restlichen Scheine später noch für etwas Dringenderes. Immerhin kommen ja auch noch Beatrix und Janine, nicht wahr?«
    Noah läuft knallrot an. »Jana, also, ich …«
    »Nein, schon gut. Wenigstens sind es faire Regeln, nach denen ihr hier spielt. Ich wünsche euch noch viel Spaß bei eurer … Party!«
    »Tja, also, wenn du wirklich nicht bleiben willst und wir nicht mehr Trinkgeld für dich haben, dann nimm wenigstens den Rotwein hier mit«, mischt sich nun wieder der andere Typ ein und drückt mir die teuerste Weinflasche in die Hand, die Rossi in seinem Sortiment hat.
    »Danke«, erwidere ich lächelnd. »Das ist wirklich aufmerksam. Der beste Schnitt, den ich heute Abend gemacht habe.« Ich drehe mich um und laufe beschwingt mit meinem teuren Rotwein in der Hand die Treppen hinunter und zu meinem Auto. Als ich einsteige, merke ich, dass ich immer noch vor mich hin lächle.
    Vielleicht kommt meine plötzlich gesteigerte Laune ja auch bloß daher, dass ich eben unfreiwillig eine ziemliche Dröhnung Gras abgekriegt habe. Aber noch wahrscheinlicher liegt es daran, dass ich dieses kleine, unerwartete Intermezzo mit Noah einfach nur herrlich fand. Endlich war ich einmal richtig schlagfertig und stand nicht wie ein eingeschüchtertes Dummchen da. Schade, dass mir das nicht immer so gut gelingt.
    Als ich selbstzufrieden den Motor starte und losfahre, sehe ich im Rückspiegel eine platinblonde und eine schwarzhaarige Dame mit Minilederröckchen und extrem hohen High Heels auf das Haus zustöckeln. Beide ziehen sich noch einmal den Lippenstift nach, bevor sie klingeln.
    Aha, Beatrix und Janine, denke ich. Tut mir leid für euch, aber mit Trinkgeld sieht es heute Abend eher schlecht aus!

Lukas
    Ich gammle seit Stunden in Boxershorts und Superman-Shirt auf meinem Bett herum und starre mit leerem Blick auf den Fernseher. Das Bier ist alle, aber ich habe noch nicht einmal Lust, aufzustehen und zur Tanke zu laufen. Dazu müsste ich mir Jeans anziehen und Schuhe. Allein die Vorstellung ist mir zu anstrengend.
    Es ist Freitagabend, ich habe nichts zu tun und ein endloses, deprimierend langweiliges Wochenende liegt vor mir. Als ich mich dabei ertappe, wie ich mich sogar schon auf das Sonntagsessen bei den Becks freue, kriege ich es tatsächlich mit der Angst zu tun. » Merda, du bist echt armselig!«, murmle ich und erschrecke im selben Moment über die Tatsache, dass ich jetzt auch noch Selbstgespräche führe.
    Ja, klar, ich war eigentlich in Null-Bock-Stimmung, seit ich in Hamburg angekommen bin, aber dass sich mein Leben derart trostlos entwickeln würde, hätte ich nicht gedacht. Auch nicht, dass ausgerechnet ich ein Mädchen kennenlernen würde, an das ich einfach nicht aufhören kann zu denken. Keine Ahnung, was dieses Phänomen bedeutet, ob es überhaupt etwas bedeuten muss, und wenn ja, ob es tatsächlich das bedeutet.
    Bis jetzt war ich noch nie richtig … verliebt und eigentlich auch ganz froh darüber, mich nicht auch noch mit diesem ganzen Beziehungsquatsch stressen zu müssen. Aber Janas meerblaue Augen, ihr Lächeln und ihre Grübchen gehen mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Sie verfolgen mich ständig und überallhin. Wenn ich zwischendurch kurz einnicke, wenn ich mir Kaffee koche, im Internet surfe, sogar wenn ich pissen gehe. Und jedes Mal spüre ich einen eigenartigen Stich. Genau wie gestern, als sie mir diesen enttäuschten Blick zugeworfen hat.
    Verflucht, dieser Blick … Der ist ganz besonders schlimm und verursacht mir ein beschissenes Gefühl im Magen, das auch das Bier nicht wegspülen konnte.
    Ich habe mich nicht nur einmal dafür verflucht, dass ich Janas Nummer so schnell weggeworfen habe, und ein paarmal hätte ich vielleicht tatsächlich den Mumm aufgebracht, sie anzurufen und ihr zu sagen, dass ich sie treffen

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