Wenn auch nur fuer einen Tag
überraschte mich, aber ich hatte keine Chance nachzuhaken, denn eine groß gewachsene Frau mit schwarzen Hotpants, Netzstrümpfen und High Heels trat in diesem Moment neben mich. Sie presste sich an mich und küsste mich sanft und bestimmt auf den Mund. Ihre Augen waren von einer Katzenmaske verdeckt und ihr Haar fiel in weichen, dunklen Wellen bis hinab zu ihrem heißen Arsch. »Lust auf einen kleinen Ausflug in die Wolken?«, hauchte sie mir ins Ohr und zog ein Tütchen mit weißem Pulver aus ihrem Spitzen-BH. Paolo riss sie von mir los.
»Das muss leider warten! Alberti will, dass seine Leute clean sind, wenn er sich mit ihnen beredet.«
»Was stresst du denn so? Nach dieser stundenlangen Suchaktion könnte ich etwas Entspannung gebrauchen.« Ich warf Paolo einen vorwurfsvollen Blick zu, als er das Mädchen mit einer unwirschen Geste aufforderte, sich zu entfernen.
Die anderen Mitglieder der Rosa Nera hingen bereits auf Barhockern herum, knutschten in abgedunkelten Ecken des Gewölbekellers mit einem oder auch mehreren Mädchen oder ließen sich von ihnen massieren. Das warme, rötliche Licht ging nur von brennenden Fackeln aus, die in Nischen der dicken Mauern steckten. Alles wirkte perfekt und zum wiederholten Male fragte ich mich, wo Alberti bloß immer auf die Schnelle diese megacoolen Lokalitäten auftrieb, in die er uns einlud – oder besser gesagt: zitierte .
Filippo Bernardi hob sein Glas, als er mich erblickte, und prostete mir zu. Ich grinste entschuldigend und signalisierte ihm mit beiden Händen, dass ich nichts zu trinken hatte. »Vielleicht später«, rief ich ihm zu und wandte mich dann wieder an Paolo. »Also, wo steckt Alberti?«
Bis jetzt hatte ich mich nie allein unter vier Augen mit ihm unterhalten und obwohl unser Verhältnis, abgesehen von diesem einen Mal, bei dem ich nicht zum Treffen erschienen war, ganz okay war, bildete ich mir ein, von ihm immer etwas distanzierter behandelt zu werden als die anderen. Keine Ahnung, vielleicht lag es auch nur daran, dass ich noch nicht so lange dabei war. Ich konnte den Typen schlecht einschätzen.
Paolo deutete mit einem Kopfnicken auf eine niedrige Holztür hinter der Bar. »Er wartet dadrinnen. Geh ruhig rein, alles Weitere erfährst du von ihm.«
Ich klopfte und trat mit einem seltsam nervösen Gefühl ein.
» Ciao , Matteo!« Fernando Alberti erhob sich von seinem Stuhl und drückte seine Zigarette in einem kleinen schmiedeeisernen Aschenbecher in Form eines Fisches aus, den er bei jedem unserer Treffen dabeihatte. Er umarmte mich und klopfte mir auf den Rücken. »Los, mach’s dir bequem«, sagte er mit einem angedeuteten Lächeln. Seine Augen blieben jedoch ernst.
Ich ließ mich ihm gegenüber an dem kleinen Holztisch nieder und Alberti goss mir ein Glas Cognac ein. Ich betrachtete fasziniert, wie er die Flasche Kante auf Kante an das Glas setzte und mit welcher Hingabe er das goldene Getränk am Rand entlanglaufen ließ, bis es etwa drei Zentimeter des Bodens bedeckte. Seine schmalen Hände zelebrierten jede Bewegung und seine dunklen Augen waren so konzentriert, als verpasste er einem Kunstwerk gerade den letzten Schliff.
Fernando Alberti sah ohne jede Frage gut aus. Und das sage ich nicht, weil ich eine Schwuchtel oder etwas in der Art bin. Alberti gehörte einfach zu jener Sorte Mensch, die man zweifellos als schön betrachten musste, egal, ob nun aus männlicher oder weiblicher Sicht. Sein Gesicht war schmal und leicht kantig, ohne jedoch hart zu wirken, seine Stirn hoch und faltenlos und seine schwarzen Haare voll und kräftig. Ich schätzte ihn auf Ende zwanzig, Anfang dreißig, aber niemand wusste es so genau. Alberti sprach nicht viel über sich, und es wäre mir nie im Leben eingefallen, ihn über sein Privatleben auszufragen. Er strahlte etwas aus, das einen davon abhielt.
»Wie lange erhältst du nun schon Einladungen von mir?«, fragte mich Alberti, und obwohl mir klar war, dass dies nur eine rhetorische Frage war und er eigentlich ganz genau wusste, wann mich der schwarze Lexus damals am vereinbarten Ortsschild aufgelesen hatte, antwortete ich bereitwillig.
»Zwei Monate. Es sind … exakt zwei Monate.«
Alberti nickte. »Ich schätze, es gefällt dir bei uns. Du kommst doch gerne zu unseren Treffen?«
»Ja, es ist jedes Mal cool. Extrem cool sogar.«
»Gut. Sehr gut, das höre ich gern. Also gehe ich davon aus, dass du auch weiterhin dabei sein willst? Sagen wir mal … für immer?«
Diese seltsame Frage und
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