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Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Titel: Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Andrea Huber
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heimische Hungersloch stopften.

***
     
    Bepackt mit einer braunen Lunchtüte ließ Gwen die letzte Treppenstufe hinter sich und trat in den Korridor der fünften Etage. Hitzige und rohe Stimmen eines scheinbaren Streits waberten durch den Gang. Eine Stimme davon identifizierte sie als die von Nick.
    Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen und pirschte weiter Richtung Wohnungstür. Ob sie lieber wieder gehen sollte? Vielleicht brauchte er Hilfe? Der Gedanke, dass sie ihm helfen könnte, grenzte an Selbstüberschätzung der edelsten Sorte.
    Da sie sich nicht durchringen konnte, wieder zu gehen, setzte sie mit gestählter Brust zu einem Klopfen an. Alsbald verstummten die Stimmen und wichen einer gepressten Stille, die sie an das Sprichwort „die Ruhe vor dem Sturm“ denken ließ.
    Schritte pochten, dann ging die Tür auf und Nikolaj stand vor ihr. Er sah äußerst bedrohlich aus. Eine Aura von wogender Hitze und fast greifbarer Gefahr umgab ihn. Auf seinem Gesicht stand harter Zorn geschrieben. Auch wenn sich diesem nun ein entgeisterter Ausdruck hinzugesellte. „Gwen! Was machst du hier?!“
    Er hatte sie Gwen genannt. Wann hatte er das dass letzte Mal getan? Sie registrierte eine Bewegung hinter ihm und sah seitlich an ihm vorbei.
    Ein schlanker, großer Mann, um die Anfang dreißig, stand dort nahe der Couch, gekleidet in einen schwarzen und teuer aussehenden Mantel. Er hatte glattes schwarzes Haar, das zu einem schulterlangen und lässigen Pferdeschwanz gebunden war und einige einzelne Strähnen in sein Gesicht fallen ließ. Schmale Lippen, die ziemlich rot leuchteten und einen auffallend hellen und ebenen Teint. Möglicherweise war es seiner Haut zu verdanken, dass seine Augen noch deutlicher herausstachen, als sie es ohnehin getan hätten. Sie waren Schwarz. Trübe und lichtlos aber gleichsam mit einem seltsamen Funkeln durchzogen, das jedoch nichts Lichtvolles oder Positives, sondern etwas von Listigkeit und Bedrohlichkeit ausstrahlte.
    Ganz so, als ob sie umschnürt am Galgen baumelte, zog sich ihre Kehle plötzlich eng zusammen und presste nur noch mühselig Luft in ihre Lungen. Der Mann hatte seinen Blick, soweit durch Nikolajs Stand möglich, auf ihr geheftet und schien sie einer Ganzkörpermusterung zu unterziehen. Ihr kam es jedoch vor, als würde er weit mehr begutachten, als nur ihre äußere Erscheinung.
    Nikolaj wandte sich blitzartig zu dem Mann um und blaffte ihn derbe an: „Lass das!! Und jetzt mach endlich, dass du verschwindest, Merkas! Ich hab dir alles gesagt, was ich zu sagen hatte!“ Dabei klang seine Stimme wie Donner, versetzt mit dem tiefen Grollen einer Drachenkehle, die Gwen eine Gänsehaut auf Armen und Nacken bescherte.
    Der Mann machte ein paar gemächliche Schritte auf sie beide zu und erwiderte in spöttischem Tonfall: „Das ist sie? Das ist sie also? Dein 
Herz 
…?“
    Es waren keine bedeutenden Worte, dennoch erschienen sie ihr Unheil verkündend. Irritiert und ängstlich sah sie zu Nikolaj, der jedoch immer noch dem Mann zugewandt da stand.
    Erneut fuhr er ihn an: „Mach endlich, dass du aus meiner Wohnung verschwindest! Sofort! Ich hab dir gesagt, dass ich dich nicht mehr um mich haben will! Du hast genug Raum, auf dem du dich austoben kannst! Also verschwinde einfach wieder dorthin zurück und misch dich nicht in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen!“
    Die Augen des Mannes blitzten auf. Seine Lippen zuckten kurz, das Gesicht verlief sich in eine arrogante Maske. Mit lässigen Schritten trat er dicht an Nikolaj heran. „Würde jemand anderes so mit mir reden, wie du es gerade tust, dann hätte er schon längst eine entsprechende Antwort darauf bekommen. Das ist dir doch bewusst, oder? Dass du einen … gewissen Spielraum hast, den du dennoch nicht überdehnen solltest, liegt einzig daran, dass ich unsere gemeinsame Zeit nicht vergessen habe, mein alter Freund. Schließlich hatten wir eine Menge Spaß zusammen – sowohl privat als auch beruflich. Mehr, als ich dir anfangs zugetraut habe, wenn ich ehrlich bin. Dir als halber Mensch. So manches Reinblut könnte sich die ein oder andere Scheibe von dir abschneiden. Zumindest … galt das bis vor kurze Zeit …“
    Er sah an Nikolaj vorbei und fasste sie erneut ins Auge. Ihr war, als würde er seinen Zorn nur mit Mühe beherrschen, und jedes einzelne Wort aus purer Absicht aussprechen. Seine Nähe und jener bohrende Blick jagten ein Zittern durch ihre Beine und ließ den Wunsch aufkommen, sich einfach

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