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Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Titel: Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Andrea Huber
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ständige innere Reißen und
    vor allem das ständige dagegen ankämpfen aufhört. Verstehst du …?“
    Es war nicht zu überhören, dass er wollte, dass sie es verstand. Dass sie ihn verstand. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sie es verstehen – dass sie ihn verstehen – konnte.
    Nachdem sie jedoch nichts erwiderte, fuhr er fort. „Ich habe diese Frau gesehen und sie hierhergebracht. Ich wollte mit ihr schlafen … wollte mich im Rausch ihres Körpers, ihres Inneren verlieren und einfach nur für einen Augenblick abschalten. Aber ein Teil in mir, war sich darüber klar, dass er mehr als das wollte … Und dieses „mehr“ hat er sich schließlich auch genommen. Ich bin weitaus stärker als ein normaler Mann – was jedoch nicht bedeutet, dass eine normale Frau weniger zerbrechlich ist. Ich habe sie gebrochen. Körperlich, aber vor allem geistig. Du hast nichts mehr für sie tun können, weil ich bereits alles Lebendige von ihr fortgenommen habe.“
    Der Atem gelangte nur schwer in ihr Innerstes. „Sie ist also tot, weil du … Sex mit ihr hattest? Weil du derart harten Sex mit ihr hattest, ist sie gestorben? Ist das deine … Vorliebe? Sex? Harter Sex bis zum Tod?“
    Seine Erklärung hatte nicht die erhoffte Erleichterung einhergebracht. Immer noch lastete die hinter ihr liegende Leiche, die aufgrund von Nick zur Leiche geworden war, schwer auf ihrer Seele.
    „Nein. Meine Vorliebe ist nicht harter Sex bis hin zum Tod … Und es ist auch nicht direkt der Sex an und für sich, der das ist, was ich will, der das Gefährliche ist. Was mich antreibt, ich denke, es ist der Wunsch … jemanden zu besitzen … dass mir jemand gehört, zu mir gehört. Dass sich mir jemand hingibt, mit allem, was er ist. Dass ich einfach alles bekomme. Dass ich bekomme, was ich nicht habe. Was auch immer dieses etwas ist, das ich nicht habe … Es muss nicht zwangläufig im Tod enden. Das ist nicht … meine Absicht. Aber jetzt, hier und heute, hat es das.“
    Sie schluckte schwer ob dieser Worte. Es klang krank und gleichzeitig klang es verzweifelt. „Aber sie hat dir nicht gehört. Man kann keinen anderen Menschen besitzen. Das ist nicht möglich – das ist nicht richtig. Niemand gehört irgendwem.“
    Ein bitterer Zug umspannte seinen Mund, als er nun sprach: „Für Sensanten ist es machbar … ist es weder richtig, noch falsch. Für sie IST es einfach nur. Für einen Teil in mir IST es einfach nur. Ich weiß zwar, dass es nicht richtig ist, dass niemand einen anderen besitzen kann. Aber nur … weil du es mir beigebracht hast. Einem Teil von mir ist das dennoch egal, denn wenn er etwas will, nimmt er es sich schlicht und einfach. Ich 
weiß 
also sehr wohl, dass es „falsch“ ist. Und doch will ich es. So sehr, dass es mich fast wahnsinnig macht. Aber das zu nehmen, was man … wirklich will, kann einem im gleichen Atemzug auch umbringen und in tausend Fetzen reißen. Ich will, was ich will. Doch wenn ich es mir nehme, zerstöre ich damit möglicherweise nicht nur mich, sondern auch genau das, was mir am allerwichtigsten ist, weil man eben nichts nehmen kann, ohne einen entsprechenden Preis dafür zahlen zu müssen, denke ich …“
    Sie erinnerte sich an die Worte, die er einst als Kind an sie gerichtet hatte. 
„Du gehörst jetzt mir.“ 
Gänsehaut lief ihren Nacken hinab, über Arme und schließlich den ganzen Körper entlang, wie ein eisiger Wind. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, also schwieg sie. Ebenso wie Nikolaj.

***
     
    Irgendwann erwachte sie auf einem weichen Untergrund eingehüllt in etwas Wärmendes, das sie schließlich als Decke identifizierte.  Sie schrak hoch und sah sich irritiert um. Durch das Fenster fiel kein Tageslicht. Es musste immer noch Abend sein. Oder bereits tiefe Nacht.
    Es dauerte eine Weile bis ihre Augen sich der Dunkelheit angepasst hatten und mehr erkennen konnten, als das schwarze Etwas um sich herum. Sie befand sich in Nikolajs Schlafzimmer.
    War sie eingeschlafen? Hatte Nick sie hierhergetragen? Sie konnte sich nicht mehr erinnern. Ihr Kopf fühlte sich dröge und dumpf an, als hätte er sich stundenlang mit komplizierten Formeln und Gleichungen herumgeschlagen, die nun zerstückelt in ihrem Gehirn umherflogen.
    Noch ehe sie bewusst wahrnahm, dass sie aus dem Bett kletterte, hatte sie bereits die Zimmertür aufgerissen und stand im Wohnzimmer. Nikolaj, nun gekleidet in ein schwarzes Shirt, saß breitbeinig und lax zurückgelehnt auf der Couch. Ein

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