Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
schlagen, versetzte sie mit einem Schwindelgefühl, das jedoch nicht unangenehm, sondern befreiend und erhebend war. Zeitgleich tollte ein Wirbelsturm in ihrer Mitte, der sich nach tausend wild schlagenden Flügeln anfühlte, die sie kitzelten und antrieben. Sollten das die besagten Schmetterlinge im Bauch sein, hatten die zarten Wesen scheinbar Feuer gefangen.
Nikolajs Augen sahen direkt in die Ihrigen. Ihr Blauschwarz glühte aufgewühlt und sprühte vor Lebendigkeit. Sie versank darin einem Ozean gleich, der sie überflutete und in sich treiben ließ. Keinen Grund in Sicht sank sie tiefer und tiefer. Einen kurzen Moment lang vernahm sie noch dumpf die Stimme ihrer Vernunft. dann war da nur noch der brennende Wunsch, Nicks Lippen würden sich endlich auf die Ihrigen pressen. Binnen Sekunden wurde dieser Wunsch geradezu schmerzhaft.
Endlich wurde sie erlöst. Nikolaj überbrückte die letzte Distanz zwischen ihnen und küsste sie. Warm und voll trafen seine Lippen auf die Ihrigen. Sanft liebkosten sie jeden Zentimeter. Ertasteten. Erforschten. Rasch wurde der Kuss fordernder, sehnsuchtsvoller und intensiver. Ganz so, als ob er etwas wäre, das lebensnotwendig wäre.
Sie nahm nichts anderes mehr wahr, als seine Nähe und Berührung. Alles in ihr verlief sich in ein Gefühl von Hingabe und Verlangen. Hingabe, weil sie bereit war, alles von sich zu geben. Egal, was sie dafür zurückbekommen würde. Verlangen, weil jede Faser ihres Seins sich nach Nikolaj verzehrte, ihn überall berühren und spüren, ihn nie wieder von sich weichen lassen wollte.
Seine Zunge drängte in ihren Mund. Strich über die Ihrige. Spielte mit ihr. Tanzte mit ihr. Er schmeckte würzig aber gleichsam klar und frisch. Er schob ihr Shirt nach oben, glitt sanft und zugleich drängend über ihren Bauch und ihre Brust. Im nächsten Moment drückte er ihren Rücken in die Höhe, sodass ihre Oberkörper dichter aneinandergepresst wurden. Seine heiße Haut auf der Ihrigen zu spüren, löste ein prickelndes Feuerwerk überall auf und in ihrem Körper aus und trieb ihren Puls noch weiter in die Höhe.
Scheinbar reagierte nicht nur sie auf die direkte Berührung, denn im nächsten Moment griff Nikolaj nach ihrem Oberschenkel, zog ihn nach oben und winkelte ihn an seiner Seite an. Nicht, dass das nötig gewesen wäre, um etwas Bestimmtes in den Fokus zu rücken. Trotz der Jogginghose, die sie beide trugen, hatte sie seine Erektion längst deutlich wahrgenommen. Doch war sie bis eben noch mit Nicks Lippen, seiner Zunge und dem Gefühl seiner Haut beschäftigt, wuchs nun der Wunsch, dass die stoffliche Distanz verschwinden würde, in überdimensionale Größe an und wurde abermals geradezu schmerzhaft. Sie hob ihr Becken leicht in die Höhe, um dem Verlangen etwas von seiner Intensität abzuringen, doch es wurde damit nur noch brennender.
Ein anfänglich weit entfernter Ton, der sich schließlich immer deutlicher und störender gab, drängte sich immer weiter zwischen sie und brach schließlich die glühende Präsenz dieser Situation entzwei.
Es klingelte. Jemand läutete unaufhörlich und unerbittlich an der Wohnungstür.
Keuchend ließ Nikolaj von ihrem Mund ab, hob den Kopf einige Zentimeter in die Höhe, wandte den Blick jedoch nicht von ihr ab. Erregung, Sehnsucht und Ärger zeichneten sich auf seinen Zügen ab. Es war ihm anzusehen – und immer noch anzufühlen –, dass er alles tun wollte, nur nicht von ihr ablassen.
Das Klingeln schallte weiter.
Er tat ein paar tiefe und rohe Atemzüge, dann glitt er mehr als widerwillig aus dem Bett.
Sie blieb keuchend und seltsam paralysiert liegen. Sie spürte ein schmerzhaftes Brennen in sich aufsteigen. Was war hier gerade passiert? Auf sich selbst zurückgeworfen, Nikolajs Nähe und Präsenz beraubt, schossen die Gedanken zurück in ihren Sinn und überschlugen sich in Absicht beachtet zu werden. Überdeutlich konnte sie die Röte und Hitze in ihrem Gesicht spüren – ebenso wie einen leichten Schweißfilm, der die erhöhte Temperatur ihres Körpers hervorhob. Das eben hatte sie keineswegs geplant. Es war einfach … passiert. Doch es hatte nur passieren können, weil sie mitgemacht hatte. Dazu gehörten schließlich immer zwei.
Aus dem Nebenraum konnte sie nun einen Dialog wahrnehmen, der scheinbar in absichtlich gesenkter Lautstärke geführt wurde. Zumindest von Nikolaj. Eine andere Stimme, die einer Frau, konnte sie deutlicher und kräftiger wahrnehmen.
Neugierig, und immer noch
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