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Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Titel: Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Andrea Huber
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und schrieb ihrer Mutter eine Notiz. Daraufhin ging sie mit leisen Schritten die Treppe hinauf, um ihre Handtasche aus dem Gästezimmer zu holen, schlich wieder nach unten, griff sich ihren Mantel von der Garderobe und verließ das Haus.
    Sie war nicht lange gegangen, da erreichte sie schon die Bushaltestelle. Pünktlich nach Fahrplan fuhr Linie vier um 7:43 Uhr heran und öffnete die Türen. Nur wenige andre Passagiere saßen mit im Bus. Sie überlegte, dass die Arbeiter und Schulkinder wohl eine Linie früher genommen hatten. Zumindest begann die Schule pünktlich um acht Uhr.
    Nach einer knappen halben Stunde erreichten sie den Busbahnhof und die gleichzeitige Endstation von Linie vier. Hier im Stadtzentrum herrschte weit größeres Treiben als in ihrem Vorort. Schwatzende Kinder mit Schulranzen liefen in großen Trauben über den Platz. Kiosk und Bäcker konnten sich großen Andrangs erfreuen. Das stetige Bimmeln der Ladentür schallte hell durch das lebhafte Getümmel der frühmorgendlichen Menschenmasse.
    Sie ließ den Busbahnhof hinter sich und steuerte auf das Stadtzentrum zu. Auch hier herrschte geschäftiges Treiben. Autofahrer waren auf der Suche nach Parkplätzen. Radfahrer hielten Busse und Pkws auf. Menschen strömten über Gehsteige und Straßen hinweg. Geschäfte ließen Licht aufglimmen und stellten Plakate vor ihre Läden.
    Sie liebte dieses frühe Treiben. Alles war frisch und energiegeladen, offen und bereit sich in sämtliche Formen zu entwickeln. Mit einigen tiefen Atemzügen sog sie diese herrliche Leichtigkeit in sich ein. Ihr Brustraum fühlte sich sogleich etwas weiter und freier an.
    Sie hatte einen klaren Plan im Kopf: Ein schwarzes Kleid, Strumpfhose und Schuhe für die Beerdigung kaufen, beim Floristen vorbeifahren und ein Blumenbukett bestellen, einen Sarg im Bestattungsinstitut auswählen und mit dem Pfarrer den Ablauf für die Beisetzung absprechen. Ihr lag viel daran, dass ihre Mutter sich nicht mit all dem herumschlagen musste. Und ihr selbst tat es gut, etwas zu tun zu haben.
    Schließlich erreichte sie die verkehrsgedrosselte Innenstadt, die sich in einem breiten Gang aus mosaikartigem Kopfsteinpflaster darbot.
    Zielstrebig steuerte sie auf ein kleines Schuhgeschäft zu, welches sie binnen einer Dreiviertelstunde mit einem Paar schwarzer Stiefeletten und schwarzen Strümpfen wieder verließ.
    Nach dem Abstecher in den kleinen Laden, betrat sie eine große Modeboutique. Mit der Rolltreppe fuhr sie in den zweiten Stock und hielt auf die Damenabteilung zu. Dort durchforstete sie die Kleiderständer, hatte nach einer Weile fünf brauchbare Modelle gefunden und zog sich damit Richtung Umkleidekabine zurück.
    Es erwartete sie keine Verkäuferin, die sie daran hinderte, ihre Menge an Kleidern in die Kabine zu entführen. Es erwarteten sie auch keine besetzten Kabinen oder andere Anprobierende. Weit und breit keine Menschenseele in dieser Abteilung.
    Sie schälte sich aus Mantel, Jeans und Pullover und zog sich das erste der fünf Kleider an. Es war eine 38 – normalerweise die passende Größe für sie. Doch das Kleid hing flatternd um ihren Körper. Sie schluckte und zog es rasch wieder aus.
    Auch das nächste und übernächste war für ihre neuerliche – unbeabsichtigte – Figur zu groß gewählt. Als sie im vierten knielangen Kleid steckte, stellte sie erleichtert fest, dass dieses scheinbar etwas kleiner ausfiel, denn es schmiegte sich angenehm an ihre Haut. Das einzige Problem dieses Exemplars war der Reisverschluss, der sich in einer langen Bahn am Rücken entlang schlängelte. Sie versuchte ihn so weit ihr möglich zuzuziehen, musste ihn jedoch ein paar Zentimeter unverschlossen lassen.
    Halb fertig angezogen betrachtete sie ihr Spiegelbild. Zwar war sie nicht die Blässeste, aber heute wirkte ihre Haut auffallend durchscheinend und ungesund. Das satte Schwarz des Stoffes darauf, erzeugte einen extremen Kontrast und erinnerte sie an Schneewichten. Die haselnussbraunen Haare hingen ihr müde und kraftlos bis knapp zu den Achseln.
    Mit den Händen strich sie über den weichen und feinen Stoff des Kleides. Ein Anflug von Kälte beutelte sie, sodass sie die Arme um ihren Körper schlingen musste, um dem Schüttelausbruch entgegenzuwirken. Sie ließ den Kopf auf ihrem Schlüsselbein halt finden und schloss schwer atmend die Augen.
    Schmerz. Mord. Lügen. Verrat. Einsamkeit. Kälte.
    Wieso nur musste sie jetzt auch noch ihren Vater verlieren? Wieso gerade jetzt? Reichte alles

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