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Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Titel: Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Andrea Huber
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andere nicht schon? Es war einfach nicht fair. Was hatte sie getan, dass sie derart bestraft wurde? Was nur?
    Ein eisiger Schock durchfuhr sie, als sie plötzlich eine Hand über ihren Rücken streichen spürte und noch mehr, als sie die zugehörige Person im Spiegel entdeckte.
    Nikolaj stand hinter ihr. Einen undeutbaren Ausdruck auf dem Gesicht tragend. Er drängte sie ein Stück weiter nach vorne, zog den Vorhang der Kabine vollständig hinter sich zu und fixierte sie über den Spiegel hinweg.
    Die Luft um sie herum schien plötzlich aufgeladen und elektrisiert. Heiß pulsierend und mit einem rauschenden Vibrieren versehen, drang sie ihr über die Ohren und Poren in die innere Wahrnehmung.
    Entgeistert starrte sie in Nikolajs Augen. Die Erinnerung an die gemeinsame Nacht blitzte in ihrem Kopf auf und lieferte ihr ein Feuerwerk von Emotionen. Von Panik und Ohnmacht, Ekel und Entsetzen bis hin zu Erregung und Sehnsucht war alles dabei.
    Sie verdrängte den masochistischen Impuls ihm um den Hals fallen und sich an ihm festzuhalten zu wollen, indem sie sich vergegenwärtigte, dass sie einen anderen Mann vor sich stehen hatte, als den, der ihr vertraut war. Stattdessen wartete sie benommen ab, was nun passieren würde.
    Nikolaj trat dich an sie heran und drückte ihren Rücken gegen seinen Oberkörper, wie er es auch in Joshs Wohnung getan hatte. Diesmal gab es einen Spiegel, der ihnen beiden einen Blick auf das Gesicht ihres Gegenübers ermöglichte. Seine Augen ruhten unmittelbar und unablässig auf den Ihrigen. Dabei sah er sie zärtlich – wenn man das so nennen konnte – als auch bedrohlich an. Eine paradoxe und gefährliche Mischung, die abermals sein neues Wesen untermalte.
    Mit den Händen strich er langsam ihre Oberarme hinab. Das Gesicht drückte er einen Moment lang gegen ihren Hinterkopf, roch an ihren Haaren, dann teilte er sie über eine Schulter hinweg, sodass ihr Hals freilag. Er senkte den Kopf und leckte mit der Zunge ihre Halsschlagader entlang. Sie zuckte leicht, war jedoch außerstande ihn davon abzuhalten. Seine Hände wanderten bis zum Saum ihres Kleides und schoben es langsam, Stück für Stück höher. Die rechte Hand glitt ihren Oberschenkel hinauf.
    Dies war der Moment, in dem irgendwas in ihr einrastete und sie zu einer Äußerung befähigte. „Nick …! Mein Vater ist tot. Er ist tot!“
    Er hielt einen Moment lang inne, dann presste er seine Lippen fest auf ihren Hals, küsste sie, ehe er leise und monoton in ihr Ohr flüsterte: „Ich weiß.“
    Nadelstiche auf ihrem ganzen Körper. „Ich glaube nicht, dass du weißt … Ist dir wirklich alles … so egal? Bist du wirklich vollkommen … verschwunden? Mein Vater ist tot, Nick … Er ist …“ Sie brach ab.
    Seine Finger glitten erneut ihren Oberschenkel entlang. Erst sanft, dann mit mehr Druck. Ihr Kopf war von plötzlichem Schwindel erfüllt, der sie leicht wanken ließ. Sie versuchte ihn von sich zu schütteln, tat einen Schritt nach vorne – so weit es die Kabine zuließ –, wandte sich herum, sodass sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden. Tränen drängten nach oben, doch kamen sie diesmal aus Wut und Trotz.
    Nikolajs Blick ruhte auf ihrem Gesicht. Emotionslos. Maskenhaft. Undurchschaubar.
    Sie wollte ihn durchrütteln, ihn anschreien, ihn schlagen – ihn irgendwie zur Besinnung bringen. Doch ehe sie irgendetwas davon umsetzen oder sagen konnte, ergriff er das Wort. „Ich war nicht wirklich erfreut, als ich aufgewacht bin und feststellen musste, dass du nicht mehr da warst. So hatte ich es nicht geplant …“
    Sie wusste nicht woher die Worte kamen, aber sie kamen. „Hast du vielleicht geglaubt, ich würde mich heimisch bei dir einrichten? Abwarten bis du aufwachst, um eine Fortsetzung von Akt 1 zu vollführen? Dass wir gemütlich im Bett frühstücken? Ein romantisches Bad nehmen? Einen Spaziergang im Park machen? Hast du das wirklich gedacht? Nachdem du … nachdem du …“
    „Nachdem ich WAS?“ Er funkelte sie bedrohlich an, seine Stimme war jedoch beherrscht.
    „Nachdem du dich aufgeführt hast, wie ein kalter, fremder, egoistischer, arroganter und skrupelloser Gigolo! Nachdem du mich behandelt hast, wie dein Eigentum! Dein Spielzeug! Nachdem du mich behandelt hast, wie … IRGENDWEN!“
    Einen Moment lang entglitt ihm sein Gesichtsausdruck, dann fing er sich wieder. „Du warst diejenige, die damit angefangen hat, nicht ich. Diejenige, die mich zum Narren gehalten hat. Vergiss das nicht.

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