Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
Und da du diejenige warst, nicht ich, kann ich mich aufführen, wie immer ich will. Ich kann mir nehmen, was immer ich will.“
Er hielt kurz inne. Seine Augen flackerten, als ob dahinter ein Sturm wallte. „Genau genommen, hätte ich das schon viel früher tun sollen. Es war töricht von mir, dein Wohlwollen, deine Zuneigung auf … menschlichem Wege erlangen zu wollen. Das war feige und schwach … Du hast mich schwach gemacht. Doch damit ist jetzt Schluss. Ich bin nun Mann genug, um mir zu nehmen, was ich will. Ich bin nun Mann genug, um mir dich zu nehmen. Wann und wie ich will. Du gehörst jetzt mir. Und wäre ich stärker, wäre ich nicht so naiv gewesen, dann wäre das schon so gewesen, von dem Tag an, als wir uns das erste Mal begegnet sind …“
Sie spürte Nässe auf ihren Wangen. Er konnte doch nicht einfach gänzlich verschwunden sein. Das war einfach nicht möglich. „Bitte … Nick! Ist es dir denn vollkommen egal, dass mein Vater tot ist? Wenn ja, hör gut zu: Mir ist es überhaupt nicht egal! Es macht mich fertig. Erst bist du fortgegangen … und jetzt auch noch er. Ich kann das alles kaum mehr ertragen… Ist dir das wirklich egal? Bin ich dir egal?“
Herzschläge voller Hoffnung. Leerer Hoffnung.
Er beugte sich hinab zu ihr, spielte mit einer ihrer Haarsträhnen und sah ins Leere. „Du bist … Jetzt ist alles anders. Ich habe keine Lust mehr zu warten, mir irgendwas zu versagen oder zu unterdrücken, was ich will … was ich bin. Wenn du nicht freiwillig mitspielst, musst du eben notgedrungen mitspielen. Und Gwen: Ich bin nicht fort. Ich bin hier. Genau vor deiner Nase.“
Sie schluckte heftig. „Ich habe niemals gewollt oder von dir gefordert, dass du anders bist, als du bist. Ich hab nie …“
Er ließ sie nicht aussprechen.
„Du hast recht. Du hast es niemals ausgesprochen. Du hast es heimlich für dich gedacht. Das ist genau genommen weit schlimmer, denn du hast mir etwas vorgespielt. Du hast mich wissentlich zum Narren gehalten.“
Sie presste hervor: „Das hab ich nicht! Niemals! Ich habe niemals …“
„Genug! Es reicht. Es macht keinen Unterschied mehr. Wir stehen, wo wir stehen“, gab Nikolaj durchdringend und seltsam müde von sich.
Sie starrte ihn voller Entsetzen an. „Nick, du kannst nicht … So geht das nicht … Du bist nicht … du selbst. Augenblicklich habe ich keine Ahnung, wer du bist, aber du … bist nicht Nick. Vielleicht bist du Nikolaj, vielleicht irgendein Schatten … eine Illusion … Ich habe kei …“
Er machte eine rasche Bewegung, zog ihren Körper eng an den Seinigen, hob ihren Kopf nach oben und drückte ihr prägnant einen Kuss auf die Lippen, der sie zum Schweigen brachte.
Noch während seine Lippen heiß die Ihrigen umfingen, fasste eine seiner Hände nach dem Reißverschluss und zog ihn hinab, sodass der schützende Stoff des Kleides langsam an ihrer Haut hinabglitt und auf dem Boden, um ihre Knöcheln gewunden, aufkam.
Hatte sie sich bereits zuvor nackt und hilflos gefühlt, so fühlte sie sich nun, da sie nur noch in BH und Slip in Nikolajs Armen eingeschlossen dastand, ohnmächtig und ihrer letzten schützenden Mauer beraubt.
Er strich ihr mit den Fingern sanft den Rücken hinab, bis er ihre Taille erreicht hatte. Dort verstärkte sich sein Griff.
Er drückte sie weg von sich, schob sie rückwärts, bis sie die kalte Fläche des Spiegels auf ihrer Haut spürte und kurz zusammenzuckte. Mit hungriger und durchdringender Intensität ließ er seine Augen über ihren ganzen Körper gleiten. Beäugte sie, wie ein liebender und sehnsuchtsvoller Liebhaber und gleichzeitig animalisch und hungrig, wie ein Raubtier, das seine Beute musterte. "Du bist so schön ... Ich könnte dich stundenlang nur ansehen ..."
Sie wollte sich abwenden, wollte die Augen schließen, doch sie konnte den Blick nicht von seinem Gesicht abziehen, musste ihn wie in einem Bann gefangen ansehen. Ein Stück weit getragen von leerer Hoffnung, dass er zur Besinnung kommen würde. Ein Stück weit getragen von fassungsloser Erstarrung.
Sie fühlte sich ausgeliefert, fühlte sich klein und schwach und gleichzeitig überwältigt von Kummer, der sich bohrend durch ihr Inneres fraß. Auch wenn es nur sein Blick war, der über ihren Körper glitt, schien er durch ihre Haut hindurch und in sie einzudringen. Es tat weh, unsäglich weh. Seine Nähe ertragen zu müssen und zu wissen, dass es nicht annähernd die Nähe war, die sie einst geteilt hatten. Hier und
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