Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
Spielzeug, das nach einer kurzen Weile extrem langweilend und ermüdend wird. Such dir jemand anderen, der mit dir spielen möchte. So lange, bis auch er die Nase von dir voll hat.“
Die Blondine grinste süffisant. „Ganz wie du willst, mein Süßer … Wenn du unbedingt spielen willst, mir soll es recht sein. Mal eine andere Art von Vorspiel … Allerdings sollte dir eines klar sein: Niemand kann so gut spielen, wie ich. Ich bin es, die das Spiel erfunden hat – und ich bin es auch, die alle Fäden in der Hand hält.“
Sie tat eine Geste, als ob sie imaginäre Schnüre in Händen hielt und sich einen Faden herausziehen würde. „Hmmm … mal sehen, was passiert, wenn ich an diesem Schnürchen ziehe. Oh … was sagt man dazu! Ich glaube wirklich, dass dein
Herzchen
die Wahrheit darüber erfahren sollte, warum ihr Daddy unter der Erde liegt – oder ziemlich bald darunter liegen wird. Noch darf er ja etwas Luft und Licht schnappen, wenn er es wohl auch nicht mehr sonderlich schätzen und genießen kann.“
Regungslos starrte Gwen die Blondine an, die einen geheuchelt bedauernden Blick Richtung Grab warf. Nun wollte sie ihr definitiv die Augen auskratzen. „Was hast du getan?! Was hast …“
Mit einer unschuldigen Stimme erwiderte Céstine: „
Ich
? Ich habe gar nichts getan.
Noch nicht …
Wenn dich interessiert, wer derjenige war, dann dreh dich doch einfach mal etwas seitlich und betrachte deinen schwarzen Ritter. Oder sollte ich besser sagen: Dein
Monster
?“
Gwen konnte spüren, wie ihr der Mund aufklappte. Argwohn und eine Welle aus Angst und Entsetzen schwappten über sie hinweg. So intensiv, dass sie für einen Moment das Gefühl hatte, gleich ungebremst auf den Boden zu knallen.
Gerade, als sie sich endlich dazu bewegen konnte sich Nikolaj zuzuwenden, ging alles so schnell, dass sie nicht mitbekam, was überhaupt passierte. Die Luft vibrierte und pulsierte plötzlich. Nikolaj packte sie am Handgelenk und zog sie mit sich. Genau hinein in das vibrierende und pulsierende Etwas. Als sie dachte, sie würde jeden Augenblick hart auf dem Boden oder irgendeiner Art von Grund aufschlagen, schlang sich eine Hand um ihre Taille und hinderte sie am Fallen.
***
Der Friedhof war verschwunden. Stattdessen befanden sie sich nun auf unebenen Boden inmitten eines Waldes unter einem schwarzen Himmelzelt, das ein seltsames und schwaches Licht zu ihnen herunterwarf.
Sie blickte irritiert umher, konnte weder diesem Umfeld noch dem plötzlichen Wechsel von Tag und Nacht eine logische Erklärung beimessen. Alles kam ihr gänzlich unvertraut und fremd vor. Mehr noch: Es schien ihr bedrohlich und … verstörend.
Die Bäume waren knöchern, seltsam verkrüppelt gewachsen und trugen fahlstichige Blätter und Nadeln. Sie sahen aus, als wären sie allesamt tot. Und dieses merkwürdige Licht – sie konnte ihm keine sichtbare Quelle zuordnen.
Mit einem Ruck riss sie sich aus Nikolajs Griff und trat hastig einige Schritte nach hinten. „Wo sind wir? Was ist passiert? Und was hat Céstine gemeint?“
Nikolaj kam auf sie zu. Allem Anschein nach, um sie erneut in seinen Griff zu nehmen.
Sie strauchelte abermals rückwärts, um ihn nicht zu sich aufschließen zu lassen. Lauter als zuvor sagte sie: „Ich habe dich gefragt, wo wir sind, Nick! Und was Céstine gemeint hat! Ich will eine Antwort! Jetzt sofort! Hast du mich verstanden? Ich verlange eine Antwort von dir!“
Er gab es auf ihr nachzueilen, zog eine Augenbraue nach oben und sah sie mit dem Hauch von Unnahbarkeit und Transparenz auf den Zügen an. „Du
verlangst
etwas von mir? Ist das nun das weibliche Gen, das Frauen Glauben macht, sie hätten das Privileg, etwas von den Männern einzufordern oder zu verlangen?“
Sie keuchte und spürte, wie es in ihr bebte. Statt einer Erwiderung bückte sie sich, grub ihre Hand in den fauligen und feuchten Boden und schleuderte, was auch immer sie aufgeklaubt hatte, mit voller Wucht gegen ihn.
Nikolaj hob reflexartig den Arm, um sein Gesicht zu schützen.
Sie ließ keine Zeit verstreichen, bückte sich ein weiteres Mal und warf was sie in die Finger bekam: Matschigen Dreck. Steine. Kleine Äste. Getier. „Wer bist du nur?!! Sag es mir! Ich will es wirklich wissen!! WER BIST DU?!“
Zu ihrer Verwunderung blieb er noch immer dort stehen, wo er war. Gelassen rieb er sich den Schmutz vom Saum seines Mantels und erwiderte nüchtern: „Wer ich bin, fragst du mich? Sag du es mir doch. Wen hast du
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