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Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Titel: Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Andrea Huber
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damals auf dem Spielplatz deine Freundschaft angeboten? Mit wem hast du Sterne beobachtet? Wer hat dich gerettet? Inzwischen mehr als einmal? Wen hast du verraten? Wer oder was bin ich für dich?“
    In diesem Moment hatte sie nicht eine Antwort auf irgendeine der Fragen. Alles, was sie wusste, war, dass sie ihn in diesem Moment hasste, weil er war, wer er war. Wer auch immer dieser jemand war. Sie schrie ihn an: „Hast du etwas mit dem Tod meines Vaters zu tun?! Ich will eine Antwort – und wag es nicht mich anzulügen!“
    Nikolajs Lippen blieben verschlossen. Lein Laut, keine Erklärung, keine Antwort drang hervor. Er sah sie nur an. Halb ausharrend, halb herausfordernd.
    Wut wuchs und wuchs in ihr an. Überlagerte den pochenden Schmerz und machte ihn damit doch nur noch bewusster.
    Abermals bückte sie sich, hob den Arm bereit zum Wurf, bereit, all ihre Wut und ihren Schmerz in ihn hineinzulegen und sie Nikolaj entgegenzuschleudern. Doch noch ehe sie geworfen hatte, brachte ein einziges Wort, brachten zwei aneinandergereihte Buchstaben alles um sie herum und in ihr zum Einsturz.
    „Ja.“
    Ein einzelnes ungefährliches Ja, das eigentlich dazu verwendet werden sollte, jemandem seine Hilfe und Unterstützung zu bestätigen. Den Bund fürs Leben zu besiegeln. Ein gern gegebenes Versprechen zu geben. Vertrauensvoll seine Zustimmung zu bekunden. Ein solch gedachtes Ja schlug sie in eben diesem Moment nieder, als wäre es einzig existent, um ihr das letzte Bisschen von dem zu nehmen, was sie hatte. Das letzte Fleckchen stabilen Grund, auf dem sie stehen konnte, ohne in einen Abgrund zu stürzen.
    Die Hand über ihrem Kopf zitterte halt- und kraftlos. Dennoch konnte sie sie nicht herabsenken. Das Ausmaß ihrer Gefühle brachte ihren Körper fast zum Bersten.
    Sie starrte Nikolaj an – obwohl sie ihn eigentlich nicht ansehen konnte. Es gab keine Worte, die sie aussprechen konnte oder wollte. Da war überhaupt nichts mehr, was sie wollte. Da war nur noch dröhnende Leere in ihrem Inneren, begleitet von einem Rauschen, gleich dem eines rauschenden Sturzes aus großer Höhe.
    Mechanisch sank ihre Hand hinab und ließ deren Inhalt auf den Boden bröckeln.
    Ohne bewusste Absicht wand sie sich um und lief. Lief, obwohl sie keine Ahnung hatte, wohin. Lief, obwohl sie keine Ahnung hatte, wozu. Lief, obwohl sie lieber tot sein wollte, als jenen Schmerz wahrnehmen zu müssen.
    Sie konnte nicht sagen, ob Nikolaj ihr folgte. Außer den Geräuschen ihres Atems, den Bewegungen ihres Körpers, den knochigen und mürben Äste, die ihr hart entgegenpeitschten, nahm sie nichts wahr.
    Dann hatten ihre Füße plötzlich keinen Boden mehr unter sich, und sie fiel. Nicht in ihrem Inneren, sondern im Außen, wo auch immer dieses sein mochte, bis sich die kopfstehende und wirbelnde Welt in undurchdringliches Schwarz auflöste und sie darin versank.
     

ACHZEHN
     
    Es war ein schöner Sommertag. Der Himmel war herrlich blau und gebar sich mit weißen großzügigen Wolken darin.
    Sie saß rücklings auf die Innenseite ihrer Waden gestützt im grünen Rasen vor einem kleinen See, dessen Ufer mit Farn und hohem Gras umwachsen war und sah in ihr Gesicht. Doch es war nicht ihr Gesicht, das ihr entgegenblickte, sondern das herzförmige Gesicht einer jungen Frau mit großen smaragdfarbenen Augen, elfenbeinfarbener Haut, vollen roten Lippen und rötlich gelockten Haar. Ihr Dekolleté war üppig und in ein einfaches aber dennoch schönes Leinenkleid aus braun-grünem Stoff geschnürt.
    Sie beugte sich weiter nach vorne um ihr Spiegelbild genauer zu mustern, doch eine Bewegung aus der Mitte des Sees breitete sich kreisförmig aus und ließ ihre Spiegelung zerlaufen.

***
     
     

    Sie fand sich dicht gedrängt in einer riesigen Menschenmenge stehend wieder. Der Geruch von Schweiß und den unterschiedlichsten Körperdüften hing in der Luft und drückte prägnant in ihre Nase. Auch sie selbst schwitzte.
    Das hochgesteckte Haar hatte sich gelöst und klebte ihr strähnig an der Stirn. Unter ihren Armen hatten sich deutlich spürbar feuchte Flecken gebildet. In ihrem Dekolleté perlten Schweißtropfen, sodass ihr das Kleid dicht und nass an der Haut auflag. Ihre Füße, die in Baumwollpantoffeln steckten, waren warm und unangenehm feucht.
    Die Menschen um sie herum grölten und schrien durcheinander. Immer wieder wurde sie mit der Menge seitwärts geschoben, um einige Augenblicke später wieder in die andere Richtung zu treiben.
    Die Masse in der

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