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Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Titel: Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Andrea Huber
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dass Hass und Liebe dicht beieinander liegen. Eins ist quasi genau so gut, wie das andere.“
    Sie sah ihn ausdruckslos und müde an. „Nein, das wollte ich nicht sagen. Was ich sagen wollte, war: Wenn du so weitermachst, fange ich an, dich aufzugeben. Weil ich dich nicht länger festhalten kann, ohne dabei kaputt zu gehen. Wenn du das willst, mach weiter so. Dann dauert es nicht mehr lange und ich kann dir nicht mehr in die Augen sehen, ohne mich übel abwenden zu wollen.“
    Sie sah ihn scharf Luft einsaugen. Rasch entzog er ihr den Blick auf sein Gesicht und wandte sich nach vorne.
    Als er den Motor aufheulen ließ, um sich der zwischenzeitlich gelichteten Autokolonne anzuschließen, drehten die Räder quietschend durch und hinterließen eine bleibende Fahrspur auf dem nassen Asphalt.

***
     
     

    Es war überaus bizarr, dass dieser neue, fremde und bösartige Nikolaj hier mit ihr in der Kirche saß, während der Pfarrer eine Rede über ihren toten Vater hielt, der sich wahrscheinlich sprichwörtlich im Grab umgedreht hätte, wenn er sie hier mit ihm gesehen hätte. Vielleicht würde er das auch noch tun. Wenn er nach dem Gottesdienst zu Grabe getragen worden war.
    Irgendwo inmitten der Predigt und ihren morbiden Gedanken kam ihr die bewusste Aufmerksamkeit abhanden und ihr Geist begann ziellos umherzuschweben. Erst, als Nikolaj ihre Hand umfasste und fest drückte, kehrte sie zurück ins Hier und Jetzt. Der Rest der Trauergesellschaft hatte sich bereits erhoben und folgte dem Pfarrer den Gang zwischen den beiden Bankabteien nach. Nikolaj zog sie in die Höhe und hinter sich her.
    Der Gang zum Friedhof, dem Sarg hinterher, dauerte nicht länger als knappe zehn Minuten. Dort angekommen bildete sich eine Traube um das ausgehobene Grab, das in einer baumgeschützten Ecke südlich des Friedhofsgrunds lag.
    Der Bruder ihrer Mutter teilte weiße Rosen an alle Frauen aus. Das war eigentlich ihre Aufgabe gewesen, doch sie hatte ihren Einsatz unbemerkt verstreichen lassen. Erneut sprach der Pfarrer einige Worte, währenddessen immer wieder lautes Nasenschnäuzen, bebende Schluchzer und trockene Huster zu hören waren.
    Gwen wusste nicht, wann die Tränen eingesetzt hatten, aber inzwischen waren ihre Augen derart erfüllt davon, dass sie alles nur noch durch einen milchigen Schleier wahrnehmen konnte.
    Der Pfarrer endete schließlich mit einem Gebet und zog sich zurück. Die Anwesenden erwiesen ihrem Vater der Reihe nach die letzte Ehre, indem sie Erde und Weihwasser – und im Fall der Frauen noch eine Rose – auf den herabgesenkten Sarg fallen ließen. Nach einer Weile waren alle Leute an das Grab herangetreten, hatten ihrer Mutter und ihr Beileid ausgesprochen und verließen nacheinander den Friedhof. Nach einer noch längeren Weile wurde ihre Mutter von deren Bruder vom Friedhof geführt, sodass schließlich nur noch sie und Nikolaj übrig waren.
    Er hatte sich seither weder ein Stück weit gerührt noch irgendetwas von sich gegeben, sondern hatte lediglich eisern und stumm neben ihr ausgeharrt. Ein Umstand, der sie gleichsam verunsicherte und dankbar machte.
    Sie trat ein paar wackelige Schritte im durchnässten und weichen Rasen bis vor das Grab, nahm die Schaufel aus dem Eimer mit Erde und ließ ein wenig davon auf den Sarg fallen. Dann ließ sie einen feinen Regen Weihwasser hinabperlen, gefolgt von der weißen Rose in ihren Fingern.
    Stickige Ohnmacht drückte sie bleiern nieder, sodass sie auf Knien in den feuchten Rasen sank. Aus dem Augenwinkel nahm sie eine kurze ruckartige Bewegung wahr – doch es folgte keine Sichtbare.
    Tränen drangen und drangen aus ihr hervor, begleitet von all dem Schmerz, der sich in ihr befand. Doch es war nicht nur Kummer und Schmerz ihres Vaters wegen. Es war der Schmerz und Kummer wegen der beiden Männer, der unschuldigen jungen Frau, Josh, ihrer Arbeit und allem voran, wegen Nick. Es brach aus ihr heraus wie ein Orkan, dessen Spannweite auf viel zu kleinem Raum in ihrem Inneren ausharren hatte müssen. Sie ließ alles los, ließ alles entweichen. Es war ermattend aber auch ungemein befreiend und erleichternd.
    Der Regen wurde stärker und prasselte laut herab. Ihre Haare, ihr Mantel - alles an ihr war im Nu durchnässt. Obwohl ihr Körper vor Kälte zitterte, nahm sie keine wirkliche Notiz davon, sondern registrierte es lediglich irgendwo am Rande ihrer Aufmerksamkeit.
    Erst als sie erkannte, dass der Regen über ihr, jedoch nicht um sie herum, verebbt war, sah sie

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