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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
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eine Falle zu locken? Wer stand dahinter – die Eyckes?
    Wollte man ihn aus Gründen, die er nicht kannte und nie kennen würde, verderben? Der Befehl, nach Berlin zu kommen, war ihm zu einem Zeitpunkt gegeben worden, wo die verhängnisvolle Begegnung mit Frau von Eycke noch nicht stattgefunden hatte. Oder war das Experiment bei den Eyckes auch nur arrangiert worden, um ihn in Versuchung zu führen? Hatte man den peinlichen Ausgang vorausgesehen? Waren die Behörden allwissend? Und Anselma? Was war mit Anselma? Sie schien weit mehr zu wissen, als er glauben wollte …
    Während diese Fragen mit fieberhafter Hast durch sein Gehirn jagten, sah er sich nach allen Seiten um. Hatte man ihn umstellt? Daß die Villa schwer bewacht war, hatte er zuvor gesehen. Wie kam er hier wieder raus? Ein Fluchtversuch wäre sinnlos gewesen. Außerdem: Wohin fliehen? Also abwarten – dem Diener läuten.
    Der Kranke stöhnte laut und warf sich auf seinem Lager herum. Wieder schien er Höllriegl zu sich heranwinken zu wollen, doch dieser nahm keine Notiz davon.
    Ein Bedienter – es war jener, der Höllriegl vorgelassen hatte – stand im Zimmer, Lautlosigkeit schien hier oberstes Gebot. Er beugte sich über den Kranken, verschwand ebenso plötzlich, wie er gekommen, und brachte gleich darauf auf einem Tablett eine sichtlich schon vorbereitete Injektionsspritze. Morphium? Höllriegl fühlte sich unbeobachtet.
    Wo war die Tür? Er fand sie, raffte sein Werkzeug zusammen, drückte gegen sie, die leicht aufging. Draußen stand der Wächter.
    „Sind Sie fertig?“ fragte der Mann.
    „Jawoll.“ Was hätte er auch sagen sollen.
    Der Wächter band ihm die schwarze Schärpe um den Kopf und ging langsam voran. Höllriegl, die Hand auf der Schulter des Blindenführers, folgte mit kleinen, unsicheren Schritten. Der Weg war diesmal viel länger – oder war das Täuschung? Höllriegl, mit seinen wilden Gedanken allein, bewegte sich wie ein gehorsamer Mechanismus. Unten half man ihm in den Wagen.
    Wo würde man ihn hinbringen? Die Fahrt ging pfeilschnell vonstatten, kam ihm aber trotzdem endlos vor. Seine Gedanken drehten sich immerfort im Kreis … die Eyckes … Hirnchristl … Anselma … der Äffling … Ulla … Schwerdtfeger … Anselma … der Äffling … Ulla …
    Als man ihn aussteigen hieß, sah er zu seiner Erleichterung, daß der Wagen vor der Pension Zweenemann stand.
    Es war halb neun, vielleicht war Hirnchristl noch im Amt. Höllriegl ließ es keine Ruhe – er wollte sofort Meldung erstatten, zugleich Aufklärung verlangen. (Hirnchristl würde sich freilich dumm stellen.) Reichsschule für Luftaufsicht und Strahlenschutz – so hatte die Dienststelle geheißen. Er fand die Nummer, wählte.
    „Hier ist der Torwart von Tiergartenstraße vier.“
    „Heil Hitler! Bitte geben Sie mir Ostuf Hirnchristl, falls er noch im Hause ist.“ Keine Antwort. Höllriegl vernahm fernes Stimmengewirr, Gelächter.
    „Wie saachtense soll der Mann heißen?“
    „Obersturmführer Hirnchristl. Ich buchstabiere …“
    „Doller Name, nie von jehört. In welcher Dienststelle soll der Herr Obersturmführa arbeiten?“
    „Luftaufsicht und Strahlenschutz.“
    „Augenblick mal!“ Das ferne Gelächter artete zu einem an- und abschwellenden Gebrüll aus. Die Stimme war wieder da. „Obersturmführa Jehirnkristell hieramts völlich unbekannt. Ein Herr dieses Namens hat da nie jearbeitet, existiert jarnich. Muß wolln Irrtum vorliechen. Heil!“
    Höllriegl legte – ziemlich fassungslos – den Hörer in die Gabel zurück. Er war wütend. Was wurde da gespielt, wollte man ihn zum Narren halten? Es blieb nichts übrig, als anderntags genauer nachzuforschen, und zwar an Ort und Stelle. War dieser Hirnchristl ein Hirngespinst?
    Höllriegl setzte sich an den Schreibtisch und fing an, in seiner ordentlichen Handschrift den Bericht abzufassen. Er war über die ersten Zeilen noch nicht hinaus, als das Haustelefon schnarrte. Eine fette, belegte Stimme meldete sich: Frau Zweenemann. „Bitte in den Speisesaal zum Gemeinschaftsempfang zu komm – Sonderbotschaft an die Nation aus dem Reichsrat – – – wird in wenigen Minuten übertragen.“
    Der Speisesaal war ein öder, aus Sparwut trübselig beleuchteter Raum mit wachstuchüberzogenen Tischen. Auf jedem Tisch stand die gleiche billige Vase mit Kunstblumen. Ein paar Pensionsgäste waren schon da und saßen stumm auf den reihenweise angeordneten Stühlen, andere trudelten frostig herein. Die Herren sahen samt

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