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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Basil
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Angriff auf den sinojapanischen Raum sei geglückt. Ausra-Geschosse, es muß eine ganze Salve gewesen sein, und thermonuklearer Großeinsatz aus der Luft haben auf den japanischen Inseln nördlich des 40. Breitegrades alles Leben vernichtet, ebenso in Mandschukuo und Dschosen. Dort gibt es nicht einmal mehr eine Vegetation. Ein Schocker für die Gelben …“
    Pause. Gundlfinger saß vorgeneigt und machte das angestrengte Gesicht eines Schwerhörigen. Er musterte den Besucher unverhohlen von oben bis unten; das Ergebnis der Prüfung schien ihn zu befriedigen.
    „Sie kommen, wie ich hoffe, mit guten Nachrichten. Einmal von den Berliner Freunden, dann von Professor Kofut. Haben Sie das Gutachten?“
    Höllriegl entnahm seiner Aktentasche die Mappe. „Aus der Tiergartenstraße habe ich keine Nachricht. Man hat mir dort lediglich aufgetragen, bei Ihnen eine gyromantische Untersuchung vorzunehmen. Mein Auftraggeber, oder besser: der Mittelsmann meines Auftraggebers, ist Obersturmführer Hirnchristl.“
    „Natürlich, Hirnchristl!“ (Auf Höllriegls Auflage ging der Philosoph nicht ein, was seltsam war.) „Wie geht es ihm? Immer sehr beschäftigt. Übrigens – an Ihrem Deutsch merke ich, daß Sie Ostmärker sind – also engerer Landsmann von Hirnchristl …“
    Höllriegl schilderte kurz und sachlich das merkwürdige Erlebnis mit dem Obersturmführer. Als er erwähnte, daß in Hirnchristls eigener Abteilung dessen Existenz geleugnet worden war, verfärbte sich das Gesicht des Philosophen. Doch ungeachtet seines Betroffenseins sagte er sofort mit dem ihm eigenen breiten Grinsen: „Sie wissen, Alfred, so was kommt vor – in einem so ungeheuren Betrieb. Da weiß oft die eine Hand nicht, was die andere tut, und der Nachfolger weiß nichts von seinem Vorgänger. Das hat nix zu bedeuten.“ (Diese Erklärung war mehr als albern.)
    Unbewußt hatte Gundlfingers Redeweise eine ostmärkische Färbung angenommen. Er näselte, was er offenbar für wienerisch-salopp hielt. Vielleicht nahm der Philosoph jeweils sogleich die Farbe seiner Umgebung an – es konnte aber auch ein sehr bewußter Vorgang sein. Das Ostmärkische sprach er nur andeutungsweise und wie ein dilettierender Imitator.
    „Was mag mit Karl los sein? Karl – vielleicht kennen Sie ihn unter einem andern Namen – arbeitete früher, unmittelbar vor Ihnen, als Meldegänger bei Psi … Ich warte nämlich im Augenblick auf ein anderes und viel dringenderes Gutachten, diesmal von Kappa. Und Karl war beauftragt, es bis zum Zehnten zu besorgen. Wer aber nicht kam, war er. Auch sonst kein Lebenszeichen, kein Sterbenswörtchen – garnix. Es wird ihm doch nichts Unmenschliches zugestoßen sein … – Wie ich Ihrerseits als bekannt voraussetzen darf, arbeite ich zur Zeit an einem Gottesbeweis und mache mir dabei die neuesten Errungenschaften unserer Neunmalklugen zunutze. Von Kappa brauchte ich eiligst nähere Erläuterungen zum Partikelbild der Strahlung, insoweit sich dieses zur Partikeltheorie in Widerspruch befindet, sowie Auskünfte über den gegenwärtigen Stand der Quantentheorie der Wellenfelder. Ich leite nämlich meinen Gottesbegriff direkt aus der Materiestruktur her – ich hab zwar die Vision, aber in gewissen kniffligen physikalischen Fragen kann mich jeder Waisenknabe an der Nase herumführen … Meine Arbeit ist als modernes Gegenstück zu den ‚Theologischen Complementen’ des Nicolaus Chrypffs gedacht, den man den Kusaner nennt, nur beweise ich das Dasein Gottes aus einer einzigen Formel, einer mathematischen Zentralsonne sozusagen, nämlich der Materie-Gleichung Heisenbergs, wobei das Denkmodell der ‚Welt’ als eines unanschaulichen sphärischen Raumes verlassen und schlagartig, das heißt auf Grund einer kosmogonischen Ableitung, in ein mystisches Anschauen Gottes hinübergewechselt wird – ich kriege das schon hin, Sie können sich drauf verlassen, kein Satz fällt da flach. Schon heute sei verraten, daß jene geheimnisvolle ‚Zehn hoch Vierzig’, also die sogenannte Verbindungszahl zwischen Atom und Kosmos, in meiner Beweisführung eine entscheidende Rolle spielen wird, und zwar als Schlüssel, durch den erst der Hinübertritt in das astrale Reich der Gottesschau möglich ist … Können Sie mir folgen?“
    „Nein“, gab Höllriegl zu. Er wünschte inständig, wegtreten zu dürfen, seine fragwürdige Mission zu beenden.
    „Das macht nix“, sagte der unbeirrbare Gundlfinger. „Ein Jammer, daß Sie die jedem Anfänger in Kosmogonie

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