Wenn das Dunkle erwacht (German Edition)
hielt die silberne Kette mit dem Kompass in der Faust, die sie auf dem Kopfkissen zurückgelassen hatte, ging zu einem der hohen Fenster und blickte hinaus in den wolkenverhangenen Himmel. Er verschränkte die Arme und dachte an die letzten Stunden mit Saige, die sich ihm so freigiebig hingegeben hatte. Nicht ein Mal war sie zurückgewichen, ganz egal, was er von ihr begehrte. Sie hatte sein Blut getrunken und den Merrick in ihr ernährt. Und als er sie dann in den Armen hielt, hatte sie ihm die Geschichte des kleinen silbernen Kompasses erzählt, den Elaina ihr zu ihrem sechzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Er sollte ihr immer den Weg nach Hause weisen, dorthin, wo ihr Herz hingehörte, und jetzt, als er das Halsband in der Hand hielt, begriff er, warum sie es für ihn zurückgelassen hatte. Sie wollte ihm damit etwas Wichtiges mitteilen, und in diesem Augenblick kehrte sein Vertrauen in sie zurück.
Nachdem er seinen Zorn darüber, dass sie ihm schon wieder davongelaufen war, überwunden hatte und wieder klar denken konnte, war es nicht schwer, dahinterzukommen, dass McConnell sie angerufen hatte. Falls sie eine Möglichkeit sah, Jamison zu retten, würde sie alles tun, was in ihrer Macht stand, das war Quinn völlig klar. Für alles andere war ihr Ehrgefühl zu groß.
Damit konnte er leben. Zum Teufel, er konnte sogar damit leben, dass der Dark Marker ihr wichtiger war als alles andere in ihrem Leben, solange er die Möglichkeit hatte, mit ihr zu leben.
Aber wenn er sie verlieren sollte … Nein, daran durfte er gar nicht denken. Wenn er das zuließ, würde er völlig die Kontrolle verlieren und wie ein Verrückter in dieses Haus stürmen, und das konnte er nicht riskieren, wenn ihr Leben davon abhing.
Er warf McConnell einen finsteren Blick zu, der links neben ihm im Wald hockte und das Haus keine Sekunde aus den Augen ließ. Nur mit Mühe konnte er seine Wut auf diesen Mann unterdrücken. Dieses Schwein trug die Verantwortung dafür, dass Saige in die Falle getappt war. Allerdings hätten sie diesen Ort – den sie für Westmores gegenwärtiges Hauptquartier hielten – niemals gefunden, wenn McConnell nicht auf Saiges zurückgelassenem Handy angerufen und mitgeteilt hätte, wo sie war. Quinn hatte es in die Tasche gesteckt, als er es auf der Kommode im Schlafzimmer entdeckt hatte, und McConnells Anruf erreichte ihn, als er am Fenster stand, die Halskette in der Faust. Durch den heftigen Regen, der erst vor Kurzem aufgehört hatte, konnte er ihre Spur nicht aufnehmen. Er war dem Soldaten deshalb allerhand schuldig.
Laut McConnell hatte Saige den Ring, den er zusammen mit drei Fingern des Archäologen in seinem Motel vorgefunden hatte, nur leicht berührt und schon im selben Augenblick den Aufenthaltsort von Jamison gewusst. Obwohl McConnell nicht die geringste Ahnung hatte, wie sie das fertigbrachte, war er ihren Anweisungen gefolgt, bis sie dieses Haus fanden. Aber während er und seine Männer die Umgebung durchkämmten, war sie ihnen irgendwie entwischt. Als er sie nicht mehr aufspüren konnte, hatte er ihr Handy angerufen, in der Hoffnung, irgendjemanden in Ravenswing an den Apparat zu bekommen. Dann hatten er und seine Männer sich zurückgezogen, um auf Quinn und die anderen Watchmen zu warten.
Sicher hatte sich Saige auf der Suche nach Jamison in das Haus geschlichen. Und da sie nicht wieder herausgekommen war, musste sie gefangen genommen worden sein.
Nein, denk überhaupt nicht dran. Wir werden rechtzeitig da sein. Sie ist ein starkes Mädchen.
„Wir haben nicht die Zeit, hier rumzusitzen und zu warten, bis deine Leute bereit sind“, fluchte er leise und funkelte McConnell an. „Saige ist da drin mit diesen Schweinehunden.“
„Na schön“, flüsterte Shrader hinter ihm. „Wer dafür ist, das Schloss zu stürmen, soll Ja sagen.“
„Halt die Klappe“, knurrte Quinn den feixenden Watchman an, der ein Shirt mit einem aufgedruckten Eichhörnchen trug, das zwei riesige Eicheln schleppte. Darüber stand: „Meine Nüsse sind größer als deine“. „Ich bin jetzt nicht in der Stimmung, mir diesen Scheiß von dir anzuhören, Aiden.“
„Das sagst du jetzt“, entgegnete der Watchman grinsend, „aber nach dem Kampf bin ich der Goldjunge, und du wirst mir den Arsch küssen.“
„Wenn du uns hilfst, Saige da lebend rauszuholen“, Ian lächelte süßlich, „küsse ich dir alles, was du willst.“ Seine dunklen Augen glühten; der Merrick in ihm war erwacht und zum Kampf
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