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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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ungeschliffener Cowboy, aber manches, was er sagte, war die reinste Poesie.
    »Das ist schade«, sagte er.
    Es erschien ihr klüger, ein anderes Thema zu beginnen. »Wahrscheinlich bin ich einfach ausgeruhter nach dem Mittagsschlaf«, entschied sie resolut: Tatsache war, dass sie das Gefühl hatte, sich von der anstrengenden Reise und den Ereignissen, die ihr vorangegangen waren, allmählich zu erholen. Ihre Müdigkeit war verflogen; sie fühlte sich so lebendig und kräftig wie ein Baum, der nach einem langen Winter im Frühjahr zu neuem Leben erwacht, um Knospen zu treiben und wieder zu erblühen.
    Sie schaute zum Fenster hinüber und versuchte einzuschätzen, wie viel Tageslicht noch blieb. »Ich sollte jetzt lieber hinausgehen und die Tiere versorgen, bevor es dunkel wird.«
    »Das haben wir vorhin schon erledigt, Abigail und ich«, beschied sie Scully. Die Poesie war einer Art freundlicher Distanz gewichen, worüber Evangeline sowohl froh wie auch erleichtert war. Bis zu diesem Augenblick hatte wieder jene knisternde Spannung den Raum erfüllt, die sie stets an ein Gewitter denken ließ, das auf kleinstem Raum eingeschlossen war und versuchte, einen Weg hinauszufinden.
    Gegen ihr besseres Wissen riskierte sie einen Blick auf ihn. »Danke, Scully.«
    Er wirkte überrascht. »Wofür? Dass ich meine eigene Arbeit erledigt habe?«
    »Dafür und dass Sie so gut zu Abigail sind«, antwortete sie leise.
    »Das ist gar nicht schwer«, erwiderte er grinsend.
    Danach nahmen sie still das Abendessen ein, und als das Geschirr abgeräumt war, las Scully, Abigail zeichnete Pferde auf ihrer Schiefertafel, und Evangeline sah sich die Stoffe an, die Mr. Murdoch dagelassen hatte. Eine so gute Qualität hatte sie nicht mehr gesehen, seit der Krieg begonnen hatte, und selbst davor schon waren solche Stoffe rar gewesen.
    Nach einer Weile merkte sie, dass Scully sie über den Rand seines Buchs beobachtete. »Sie können doch sicher nähen, oder?«, erkundigte er sich.
    »O ja, natürlich«, erwiderte sie lächelnd. Sie wagte kaum zu glauben, dass sie über all diese wundervollen Stoffe verfügen durfte, aber andererseits hielt sie es für ziemlich unwahrscheinlich, dass Scully selbst etwas daraus nähen wollte. »Ich ... ich könnte Ihnen ein paar Hemden nähen.«
    Sein Grinsen kränkte sie ein wenig, obwohl es durchaus freundlich war. »Das wäre schön«, sagte er. »Aber ich habe diese Stoffe gekauft, damit Sie sich Kleider, Vorhänge und andere Sachen daraus nähen. Frauensachen.«
    »Die Ausgaben ...« Evangeline brach ab und schüttelte den Kopf.
    »Darüber sollten Sie sich nicht den Kopf zerbrechen. Sie haben mir das Leben gerettet, oder hatten Sie das schon vergessen? Sie haben einen guten Unterrock zerrissen, um meine Schulter zu verbinden. Das Mindeste, was ich tun kann, ist, Ihnen ein paar anständige Stoffe zu kaufen.«
    Evangeline hatte das Gefühl, dass Scully sie auf jeden Fall gekauft hätte, selbst wenn sie ihn nicht verbunden und gepflegt hätte. Aber da es sie in Verlegenheit gebracht hätte, es ihm zu sagen, wiederholte sie nur etwas, was sie vorher schon gesagt hatte. »Danke, Scully.«
    Er schaute sie lange schweigend an, bevor er antwortete. »Es war mir ein Vergnügen«, sagte er schließlich. Und dann vertiefte er sich wieder in sein Buch.
    Nach kurzer Überlegung wählte Evangeline einen bedruckten, blauen Kattunstoff aus und maß ihn mit den Augen ab. Er würde reichen, sagte ihr ihre Erfahrung, um ein Kleid für sich und ihre Tochter daraus zu nähen. Sie würde mit Abigails beginnen.
    Glücklich breitete sie den Stoff auf dem Tisch zum Schneiden aus - eine Aufgabe, die sehr viel Konzentration erforderte -, holte dann ihren Nähkasten aus der Reisetruhe und nahm Maß bei Abigail.
    »Ich kann es fast nicht glauben! Du bist mindestens zwei Zentimeter gewachsen, seit wir Pennsylvania verlassen haben«, staunte sie.
    Abigails Gesicht glühte. »Ich habe es dir doch schon gesagt, Mama. Ich bin ein großes Mädchen.«
    »Das bist du wirklich«, stimmte ihre Mutter zu. »Scully hat mir erzählt, dass du ihm im Stall geholfen hast, während ich meinen Mittagsschlaf hielt.«
    Das kleine Mädchen beugte sich mit verschwörerischer Miene zu ihr vor. »Ich bin heute wieder auf meiner Stute geritten. Bis zur Quelle und zurück. Scully ist mit den Eimern neben mir gegangen.«
    »Wirklich?« Evangeline freute sich für ihre Tochter, obwohl sie auch eine leise Angst beschlich bei dem Gedanken, dass das Kind ausgerechnet

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