Wenn das Glück dich erwählt
in der Luft, dass über Nacht viel Schnee gefallen war oder vielleicht noch immer fiel. Es erschien ihr plötzlich seltsam, dass sie beim Aufstehen gar nicht daran gedacht hatte nachzusehen, aber jetzt war es Mr. Murdoch, der zu einem der Fenster ging und einen der beiden Läden öffnete, um durch das beschlagene Glas zu spähen.
»Nun ja«, verkündete der Hausierer fröhlich, »es sieht gar nicht so schlimm aus. Es liegt etwa ein halber Meter Schnee. Aber das werden wir schon schaffen, mein alter Maulesel und ich.«
»Wo wollen Sie denn hin?«, hörte Evangeline sich fragen. Den Hausierer im Haus zu haben, komplizierte vieles, das war klar, aber er war ein netter alter Mann, und sie würde ihn vermissen, wenn er nicht mehr da war.
»Fahren Sie vielleicht zufällig zur Springwater-Station?«
Mr. Murdoch wandte sich von dem frostbedeckten Fenster ab, das er mit der Handfläche gereinigt hatte, und lächelte Evangeline an. »Ich würde es nicht wagen, bei den McCaffreys vorbeizufahren, ohne wenigstens anzuhalten, um sie zu begrüßen. Miss June-bug würde meine Haut zu Schuhsohlen verarbeiten, wenn ich ihr nicht ihre Gewürze und das Material für ihre winterlichen Näharbeiten brächte.«
Evangeline wollte Mrs. McCaffrey ihre Konfektdose zurückschicken, da die Pralinen längst gegessen waren, und ihr schriftlich danken.
Als sie Mr. Murdoch bat, zu warten, bis sie den Brief geschrieben hatte, nickte er. »Ich freue mich, dass ich Ihnen diesen Dienst erweisen kann, Mrs. Wainwright. Und bis Sie den Brief geschrieben haben, werde ich mich um Ihre Tiere kümmern und Wasser und Brennholz holen. Sie werden alle Hände voll zu tun haben hier, wo Scully doch noch bettlägerig ist.«
»Ich bin nicht bettlägerig«, wandte Scully ein wenig unwirsch ein.
Evangeline verbarg ihr Lächeln, obwohl es ihr einen leisen Stich versetzte, »Mrs. Wainwright« genannt zu werden.
»Sie bleiben, wo Sie sind«, ordnete Mr. Murdoch an. »Ich werde die Kuh melken, die Pferde und die Hühner füttern und ein paar Eimer Wasser holen.« Damit zog er seinen Mantel an, hob zwei Eimer auf und ging in die bitterkalte Morgenluft hinaus.
Etwa eine Stunde war nach Evangelines Schätzung vergangen, als der Hausierer zurückkehrte und ein Körbchen Eier, Bessies Milch und genügend Wasser für den Morgen mitbrachte. Sie hätte ihn küssen mögen, so dankbar war sie ihm, dass er ihr die vielen Gänge zur Quelle erspart hatte, aber stattdessen servierte sie ein reichhaltiges Frühstück aus Spiegeleiern, gesalzenem Speck und Bratkartoffeln, zu dem sie dicke Scheiben Brot im Ofen röstete.
Die köstlichen Gerüche mussten Abigail geweckt haben - das und die Gewissheit, dass Mr. Murdoch, den sie sehr ins Herz geschlossen hatte, schon bald aufbrechen würde. In eine dicke Daunendecke eingewickelt, die sie aus dem Bett hinter sich herschleifte, kam sie zum Tisch hinüber, und Evangeline, die normalerweise so etwas nicht gestattet hätte, sagte nichts.
Eine angeregte Unterhaltung entstand während des Frühstücks, in der es um die voraussichtlichen Rinderpreise des nächsten Jahres und die Unfähigkeit der territorialen Regierung ging, und Evangeline beeilte sich mit dem Essen, damit ihr noch Zeit blieb, an Jacob und June-bug einen Brief zu schreiben. Weil sie nicht sicher sein konnte, dass Mr. Murdoch ihn nicht lesen würde, bevor er ihn ablieferte, widerstand sie der Versuchung, Scullys List mit der angeblichen Ehe zu erwähnen, und schrieb nur, dass die Pralinen köstlich waren und es ihnen allen gut gehe. Sie hätte Mrs. McCaffrey gern ein kleines Geschenk geschickt, als Dankeschön für die Pralinen, aber es war nichts im Haus, was ihr geeignet erschien. Vielleicht konnte sie etwas von der Wolle nehmen, die Scully in solch großzügigen Mengen eingekauft hatte, und zwei Schals für die McCaffreys stricken, die sie dann dem nächsten Besucher, der vorbeikam, zur Station mitgeben würde.
Der Schnee glitzerte im Sonnenschein, als Mr. Murdoch den Maulesel vor den Wagen spannte und dann lächelnd und winkend seinen Abschied nahm. Abigail, die noch immer in die Decke eingehüllt war wie eine kleine Königin in ihren Umhang, schlurfte zum Bett zurück, begleitet von Hortense, und wenige Momente später waren beide wieder fest eingeschlafen.
»Ihnen ist doch hoffentlich bewusst«, sagte Evangeline zu Scully und sprach damit jetzt endlich aus, was sie die ganze Zeit schon quälte, »dass Mr. Murdoch unsere so genannte >Ehe< bei den McCaffreys
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