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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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wie Scully offensichtlich, anstatt sie lediglich zu tolerieren wie so viele Stiefväter. Wenn sie sich von diesem Schicksal, das sie selbst erwählt hatte und aus dem es kein Entrinnen mehr gab, noch etwas anderes als die Sicherheit eines eigenen Heims und Ehemanns erhoffte, dann höchstens, dass John Keating ihre Tochter wie sein eigenes Kind behandelte und nicht wie eine lästige Bürde, die ihm aufgezwungen worden war.
    Bitte, flehte sie im Stillen. Mehr als dieses eine Wort fiel ihr im Augenblick nicht ein.
    »Warum legen Sie sich nicht hin und ruhen sich ein bisschen aus?«, fragte Scully Evangeline am frühen Nachmittag, als er und Abigail am Tisch saßen, den er noch näher an den Kamin herangezogen hatte, und zusammen in dem Buch über König Artus und die Tafelrunde lasen. »Sie sehen todmüde aus.«
    Sie war tatsächlich müde, und es gab auch nicht mehr viel im Haus zu tun. Mr. Murdoch hatte genügend Wasser hereingebracht, und das Mittagsmahl mit Truthahnsandwiches war längst vorbei. Das Abendessen, eine würzige Eintopfsuppe, brodelte bereits auf dem hinteren Teil des Herds.
    Mit einem dankbaren Nicken ging Evangeline zum Bett hinüber, zog ihre Schuhe aus und streckte sich in ihren Kleidern unter der weichen Daunendecke aus.
    Als sie erwachte, brannten alle Lampen, und das köstliche Aroma heißer Suppe erfüllte die Hütte. Hastig stand sie auf, um rasch ihre Hände und ihr Gesicht zu waschen, und obwohl es sie beschämte, einen großen Teil des knappen und daher kostbaren Tageslichts vergeudet zu haben, fühlte sie sich nach dem kurzen Mittagsschläfchen sehr viel besser.
    Scully arbeitete wieder an seinen mysteriösen Zahlen, während Abigail und das Kätzchen still an ihrem gewohnten Platz vor dem Kamin spielten.
    »Was tun Sie da?«, wagte Evangeline zu fragen, als sie am Tisch vorbeikam, obwohl sie jederzeit bereit gewesen wäre zuzugeben, dass es sie nichts anging.
    Scully schaute auf, aber es lag ein geistesabwesender Blick in seinen Augen, als ob er in Gedanken schon an irgendeinem anderen Ort wäre und nur noch seinen Körper hinbewegen müsse. »Ich rechne«, erwiderte er knapp.
    »Sie rechnen aus, wie viel Sie für Ihren Anteil an der Ranch verlangen können«, erklärte Evangeline. Sie hatte den Gedanken gar nicht äußern wollen und war beschämt darüber, es getan zu haben, weil ihr Ton zu viel verraten hatte.
    »Und an den Rindern, die Big John aus Mexiko herauftreibt«, antwortete er mit einem zustimmenden Nicken.
    »Oh«, sagte Evangeline nur. Sie nahm den Teig für die Klöße, der in einer flachen, zugedeckten Schüssel in der Speisekammer stand, und ging zum Herd, um mit einem Löffel kleine Bällchen abzustechen, die sie vorsichtig in die Suppe gleiten ließ.
    »Ich nehme an, dass Murdoch Springwater inzwischen schon erreicht hat«, bemerkte Scully. »Zumindest hoffe ich es. Der Schnee sieht nicht so aus, als ob er liegen bleiben würde, aber es wird trotzdem ziemlich kalt sein heute Nacht.«
    Es war gar nicht auszudenken, was einem einsamen alten Hausierer alles zustoßen konnte auf einer solchen Reise, mit einem Wagen voller Waren und in einem Land, das bevölkert war von hungrigen Geschöpfen aller Gattungen und Arten. »Mr. Murdoch kommt viel herum«, erwiderte sie, mehr um sich selbst zu beruhigen als Scully. »Es wird schon auf sich aufpassen.«
    »Springwater liegt zehn Meilen von hier«, gab Scully nachdenklich zurück. »Das ist ein weiter Weg, vor allem um diese Jahreszeit.«
    Dem konnte sie nichts entgegenhalten, und so versuchte sie es auch gar nicht. Der Weg von der Postkutschenstation zur Ranch war Evangeline in gewisser Weise länger vorgekommen als die Fahrt von Pennsylvania nach Springwater. Die Letztere war jedoch sicherlich genauso gefährlich gewesen, wenn nicht sogar noch mehr, wenn man die Banditen und Postkutschenräuber in Betracht zog, die ständige Bedrohung durch feindselige Indianer und die aufdringlichen »Gentlemen«, die allein reisende Frauen für Freiwild zu halten schienen.
    »Sie haben so etwas Strahlendes, Eve«, sagte Scully plötzlich. »Es erinnert mich an Sonnenstrahlen, die den frisch gefallenen Schnee glänzen lassen.«
    Evangeline wagte nicht, ihn anzusehen, obwohl sie rasch zu Abigail blickte, die noch immer mit ihrer Katze spielte, die offenbar nicht zu ermüden war. »Niemand hat je so etwas Nettes zu mir gesagt«, bekannte sie, weil sie gar nicht anders konnte, als ihm die Wahrheit zu gestehen. Scully war ein ungehobelter und

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