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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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empfand, und noch sehr viel qualvoller. Er begehrte sie - nicht nur in seinem Bett, sondern vor allem auch in seinem Leben, als seine rechtmäßig angetraute Gattin und als Mutter seiner Kinder ...
    Aber er würde sie nie bekommen, und es wäre besser, wenn er sich damit abfinden würde, ein für alle Mal. Er konnte aber auch mit Big John reden, wenn er zurückkam, und ihm ganz offen sagen, er hebe Evangeline - und obwohl er es nie gewollt habe, sei es so weit gekommen, und das sei jetzt nicht mehr zu ändern, und was sie deswegen unternehmen sollten.
    Big John würde es vielleicht verstehen, oder vielleicht auch nicht. Frauen waren ausgesprochen rar im Westen, und von guten wie Evangeline hörte man nur selten. Für manche Männer würde ein solches Geständnis die schlimmste Art von Verrat darstellen und somit auch ein Grund zum Töten sein.
    Andererseits bestand auch noch die Chance, dass Evangeline seine Gefühle nicht erwiderte. Oh, sie hatte natürlich viel von sich preisgegeben, gestern Vormittag in seinem Zimmer, als er sie geküsst hatte und sie sich auf die Zehenspitzen gestellt, ihre Arme um ihn geschlungen und den Kuss erwidert hatte. Aber Frauen waren launische Geschöpfe, mal sonnig und mal stürmisch, je nachdem, wie ihre höchstpersönliche innere Wetterlage gerade war. Es war gerade dieses geheimnisvolle Anderssein, was sie so entnervend und so wundervoll machte.
    Scully schaute aus dem Fenster über dem Bett, in dem Abigail sch li ef, und sah, dass die Abenddämmerung schon dunkle Schatten auf den Schnee warf. Er konnte die Kuh in der Scheune muhen hören. »Ich muss Bessie melken«, sagte er und war froh über die Ablenkung. Sein ganzes Leben lang hatte seine Liebe zu seiner Arbeit ihm in schwierigen Situationen Kraft gegeben. Ob es nun schwere Arbeit oder leichte Arbeit war - sie alle halfen ihm, seine Gedanken zu sammeln und ihnen eine klare Richtung zu verleihen.
    Evangeline nickte nur, ohne den Blick von ihrer Tochter abzuwenden. Eine helle Strähne fiel ihr in den Nacken, und Scully hätte sie dort gern geküsst, was er aber natürlich gar nicht erst versuchte. Dass Evangeline sich ihrer Schönheit gar nicht bewusst war, war eine dieser Eigenschaften, die sie so schön machten, so paradox es auch erschien. Er bezweifelte, dass ihr der Gedanke jemals kommen würde, wahrscheinlich nicht einmal, wenn sie direkt vor einem Spiegel stand.
    Er nahm seine Jacke, verließ das Haus und ging durch den frisch gefallenen Schnee, der ihm bis zu den Knien reichte, zur Scheune. Als Erstes melkte er die alte Bessie, um sie von ihren Qualen zu erlösen, fütterte sie und all die anderen Tiere, bis hin zu den Hühnern und Hortenses scheuen Verwandten, die in den dunklen Ecken und Winkeln der Scheune lebten und sich dort ausgesprochen wohl zu fühlen schienen. Es gab genug Mäuse und immer ein Schälchen warmer Milch, das Scully ihnen hinstellte, einen Heuschober, in dem man sich verbergen konnte, und Dachbalken, auf denen man herumturnen konnte wie ein Seiltänzer im Zirkus. Es braucht nicht viel, um eine Katze glücklich zu machen, dachte Scully.
    Nachdem er die Scheune für die Nacht verschlossen hatte, trug er den vollen Milcheimer zum Haus hinüber und stellte ihn draußen vor die Tür. Dann ging er wieder, um noch mehr Brennholz für die Nacht zu spalten. Es war eine schweißtreibende, anstrengende Tätigkeit, aus der er großen Trost bezog, obwohl seine verletzte Schulter wieder höllisch schmerzte. Der Holzstapel war sehr gewachsen und die Sonne längst am Horizont versunken, als Scully endlich die Axt niederlegte, um zum Haus zurückzukehren.
    »Schau mal«, sagte Evangeline leise. »Ich glaube, es geht ihr schon ein wenig besser.«
    Scully ließ einen Arm voll Brennholz in die Kiste neben dem Herd fallen - sie hatte die Axtschläge gehört und schon vermutet, dass er sich mit Arbeit von der Sorge um Abigail ablenken wollte.
    Er ging zum Bett hinüber, während er seine Jacke abstreifte, und eine jähe, bittersüße Sehnsucht stieg in Evangeline auf, ein drängendes Bedürfnis, zu ihm zu gehören, nur zu ihm, sich von ihm in die Arme nehmen und trösten zu lassen, ihm ihr Herz zu schenken und ihre Seele, die kein anderer Mann je besessen hatte, nicht einmal Charles. An Evangeline vorbeigreifend, berührte er Abigails Stirn.
    »Das Fieber könnte ein bisschen gesunken sein«, meinte er vorsichtig. »Sie atmet aber noch immer ziemlich schwer.« Ein düsterer Ausdruck lag in seinen Augen, als er Evangeline

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