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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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ihre Arme und zog es so fest an sich, als hinge nicht nur Abigails, sondern auch ihr eigenes Leben davon ab, dass sie die Kleine vor dem Tod bewahrte.
    Es gibt nichts anderes mehr, was du jetzt noch tun kannst, als zu warten, zu beten und zu hoffen , dachte sie.
    Trotz allem jedoch stieg Abigails Temperatur im Lauf des Tages stetig an. Bei Sonnenuntergang war sie schon so geschwächt, dass sie nicht mehr sprechen konnte, und ihre Augen waren glasig und halb geschlossen, auch wenn sie wach war. Sie schien ihre Mutter nicht mehr zu erkennen.
    Scully spürte, wie ihn Angst erfasste, als er sie am Feuer sitzen sah. Die freudige Erregung, mit der er heimgekommen war, und sein Stolz über die beiden Wildpferde, die er eingefangen und hergetrieben hatte, verflogen fast auf der Stelle. Evangeline wiegte das regungslose, in Decken eingehüllte Kind in ihren Armen, obwohl der Stuhl kein Schaukelstuhl war, und als sie Scully anschaute, sah er düstere Schatten in ihren schönen Augen.
    Rasch durchquerte er den Raum, hockte sich neben sie und legte eine Hand auf Abigails Stirn. Sie glühte wie ein gut geheizter Ofen.
    »Großer Gott«, hauchte er bestürzt.
    Evangeline schaute ihn traurig an. »Sie stirbt«, wisperte sie. »Sie stirbt.«

11
    » N ein«, sagte Scully, während er hastig seine Jacke auszog, die Handschuhe abstreifte und seinen Hut fortwarf. »Nein, Evangeline . Sie wird nicht sterben. Das lassen wir nicht zu.«
    Evangeline senkte den Kopf und küsste die heiße, trockene Stirn ihrer Tochter, während sie verzweifelt in das Feuer starrte. Sie wiegte Abigail noch immer, wie eine Frau, die in einem Traum gefangen ist, und summte ein altes Lied, das Scully aus seiner Kindheit in Erinnerung verblieben war.
    Panik ließ ihn zunächst keinen vernünftigen Gedanken fassen, und er musste seine ganze Willenskraft zusammennehmen, um sich ein wenig zu beruhigen. Aus der Speisekammer holte er den Waschzuber, in dem Evangeline am Abend zuvor noch ein Bad genommen hatte, und ging rasch damit nach draußen. Dort hob er mit den bloßen Händen schweren, nassen Schnee auf und warf ihn in den Waschzuber.
    Als er ihn zu etwa zwei Dritteln gefüllt hatte, hob er ihn auf, was einen stechenden Schmerz in seiner rechten Schulter auslöste, und kehrte wieder ins Haus zurück. Nachdem er die Wanne mitten auf den Tisch gesetzt hatte, nahm er Abigail aus den Armen ihrer Mutter, bevor sie wusste, was geschah, und wickelte den fieberheißen Körper des kleinen Mädchens aus der dicken Daunendecke.
    Sie war so klein und zerbrechlich. Tränen brannten in Scullys Augen, als er sie in die Wanne setzte und sie mit Schnee bedeckte, auf ihren Armen und Beinen, ihrer Brust und überall.
    »Was machst du da?«, rief Evangeline und begann entsetzt, an seinem Arm zu zerren.
    Er hielt sie zurück, blockierte ihr den Zugang zu ihrer Tochter mit der Schulter und der Hüfte, was jedoch eine Taktik von sehr begrenzter Wirkung war. Eine Frau, vor allem diese Frau, von ihrem Kind zu trennen, hätte einen Tiger oder Übermensch erfordert, und falls Scully das bis dahin nicht gewusst hatte, sollte er es jetzt erfahren.
    »Du bringst sie um!«, schrie sie und stürzte sich kratzend, tretend und um sich schlagend auf ihn.
    »Verdammt, Eve«, sagte Scully und versuchte, ihren Schlägen auszuweichen, so gut er konnte, während er den Schnee mit beiden Händen an Abigails fieberheißen Körper drückte. »Ich versuche nur, ihr Fieber zu senken!«
    Evangeline hielt schlagartig inne und blieb dann reglos stehen. Es war unheimlich, und Scully wäre es beinahe lieber gewesen, wenn sie weiter auf ihn eingeschlagen hätte.
    »Hol noch mehr Schnee«, forderte er sie mit heiserer Stimme auf. »Nimm beide Eimer mit hinaus und füll sie.« Sie zögerte und ging dann, um zu tun, was er befohlen hatte; er hörte die Eimer klappern und hob den Kopf, als die Tür sich öffnete und ein kalter Windzug durch die Hütte strich. Als er den Blick wieder auf Abigails Gesicht richtete, das trotz des Schnees noch immer stark gerötet war, schaute sie zu ihm auf.
    »Ich bin ein Engel«, sagte sie, mit einer Stimme, die so zerbrechlich war wie Vogelknochen und sein Herz in zwei Stücke brach wie einen mürben Zweig. »Wenn ich meine Arme und Beine bewege, bin ich ein Engel.«
    Scully lächelte sie an. »Ja«, sagte er und hoffte, dass sie jene Art von Engeln meinte, wie Kinder sie im frischen Schnee nachmachten, und nicht etwa die richtigen. O Gott, bloß nicht die richtigen.
    Evangeline kam

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