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Wenn das Glück dich erwählt

Wenn das Glück dich erwählt

Titel: Wenn das Glück dich erwählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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fort«, warf sie ihm in einem nicht allzu strengen Tonfall vor.
    »Das waren wir«, bestätigte Scully fröhlich und tippte sich an die Krempe seines Huts. »Ich werde rechtzeitig zurück sein, um die Tiere zu versorgen.«
    »Wir haben Wildpferde gesehen«, berichtete Abigail begeistert. »Sie waren ziemlich weit weg, aber wir haben sie gesehen.«
    »Ich würde heute gern noch ein, zwei fangen«, sagte Scully. Er hatte bereits zwei Stuten auf der Koppel, die bisher noch nicht gezähmt und eingeritten waren, aber Evangeline wusste, dass er insgesamt mindestens acht einfangen wollte, und vielleicht noch einen Hengst dazu. Sie nahm an, dass er das Geld, das er später für die Pferde bekommen würde, für einen neuen Anfang an einem anderen Ort verwenden wollte. Mit irgendeiner neuen Frau.
    Sie wollte nicht über diese Dinge nachdenken. Er kam noch früh genug, der Moment, sich für immer von Scully zu verabschieden; es hatte wenig Sinn, dies alles schon vorher durchzumachen. »Ich werde eine Lampe anzünden und das Abendessen warm halten«, sagte sie, weil es nichts anderes zu sagen gab. Denn letztendlich war Scully nichts weiter als eine Illusion, so ähnlich wie das Winterwetter, das seine flüchtige Verkleidung aus Sonnenschein und warmen Brisen trug. Es war besser, das nicht zu vergessen.
    Er verbeugte sich leicht vor ihr und tippte sich noch einmal lächelnd an den Hut, bevor er sein Pferd wendete, um fortzureiten.
    »Auf Wiedersehen, Scully!«, rief Abigail ihm nach.
    Auf Wiedersehen, Scully...
    Die Worte hallten noch lange, nachdem sie ihr Kind ins Haus zurückgetragen und die Tür hinter sich zugezogen hatte, in Evangelines Bewusstsein nach.
     
    Scully kehrte am späten Nachmittag zurück und brachte drei Stuten mit, eine gefleckte, eine graubraune und eine rotbraune, die er an verschieden langen Stricken mitführte. Evangeline, die noch immer ein bisschen verärgert war, weil er ihre Anweisung missachtet und Abigail später als abgemacht zurückgebracht hatte, freute sich trotz allem, ihn zu sehen. Sie hatte in seiner Abwesenheit Brot gebacken und an einem Paar Strümpfe gearbeitet, die sie heimlich für ihn strickte.
    Abigail, die sich schon sehr viel besser fühlte, saß aufrecht im Bett und spielte mit dem Kätzchen und einem roten Wollknäuel. Scully hatte Recht gehabt; dieser Ausritt hatte dem Kind sehr gut getan. Aber Evangeline war noch nicht bereit, es zuzugeben. Zumindest noch nicht ihm gegenüber.
    Sie strich über ihre Röcke, falls dort noch Mehl von ihrem Backen klebte, und versteckte die Wollstrümpfe und die Stricknadeln in der Reisetruhe. Als sie an dem Rasierspiegel vorbeiging, warf sie einen raschen Blick hinein und betrachtete sich auf eine Art und Weise, die vollkommen uncharakteristisch für sie war. Schließlich bestand ja auch keine Eile, denn Scully würde bestimmt zuerst die Pferde auf die Koppel bringen und sich auch um die anderen Tiere in der Scheune kümmern, bevor er kam.
    Und tatsächlich war es schon fast dunkel, als er endlich über die Schwelle trat. Er fröstelte vor Kälte, sah aber sehr zufrieden mit sich aus. »Mir scheint, das gute Wetter wird noch ein oder zwei Tage anhalten«, sagte er, während er seine Jacke ablegte. »Ich werde gleich morgen früh beginnen, die Tiere einzureiten. Danach wird es dann nicht mehr so schwierig sein, sie an Geschirre zu gewöhnen.«
    »Darf ich zusehen?«, rief Abigail. Mit dem Kätzchen auf dem Schoß, den dicken Kissen im Rücken und den Büchern, die neben ihr auf der Decke lagen, sah sie mehr wie eine Königin aus als wie eine von einer schweren Krankheit Genesende, die dem Tod gerade noch entgangen war.
    »Nein«, sagte Evangeline, als sie daran dachte, wie andere Männer Pferde zähmten und wie sie mit Peitschenschlägen und mit Flüchen ihren Willen brachen.
    »Klar«, sagte Scully im selben Augenblick.
    Evangeline warf ihm einen scharfen Blick zu. Ungerührt ging er zur Küchenecke, hob die Wassereimer auf und schüttete das restliche Wasser in das Reservoir im Herd.
    »Erstick sie nicht, Eve«, sagte er mit leiser Stimme, als er nahe genug bei ihr stand, um nicht von Abigail gehört zu werden. »Siehst du nicht, wie gut ihr der Ausritt heute Morgen getan hat?«
    Evangeline senkte leicht den Kopf. »Es ist nur, weil sie Pferde doch so liebt. Ich möchte nicht, dass sie sie leiden sieht.«
    »Leiden?« Er schien aufrichtig verblüfft.
    »Wenn sie eingeritten werden«, erklärte Evangeline. »Ich habe gesehen, wie es gemacht wird,

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