Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition)
hatte allerdings noch einen weiteren Haken: Zum Verkauf des Schlosses brauchte er das Einverständnis seiner beiden Brüder. Das von Gunnar sollte kein Problem darstellen, wohl aber das von Magnus. Lars wusste ja nicht einmal, wo er ihn finden konnte.
Ratlos rieb er sich den Nacken. Der Gedanke, Majdal Slott tatsächlich zu verkaufen, verursachte ihm schon seit Langem schlaflose Nächte. Doch langsam musste er sich wohl oder übel mit dieser Vorstellung anfreunden.
Dazu benötigte er allerdings erst einmal einen Käufer, der bereit war, ein sanierungsbedürftiges Schloss zu erwerben. Allerdings galt es, zuvor noch irgendwie Kontakt zu Magnus aufzunehmen und ihn von der Notwendigkeit dieses Schrittes zu überzeugen.
Marie liebte den Duft feuchter Erde, der nach einem kräftigen Regenguss aus den Feldern rund um Kronsfjället aufstieg. Es war bereits kurz nach neun am nächsten Morgen, und Lars wartete sicherlich bereits in der Galerie auf sie. Aber er sollte ruhig warten, es geschah ihm ganz recht, wenn sie ihn versetzte.
Bei dem Gedanken an ihren Streit trat sie noch energischer in die Pedale. Ihr rot lackiertes Fahrrad schoss den schmalen Weg entlang, zu dessen Linken sich die Weizenfelder erstreckten, die zum Hof ihrer Eltern gehörten. Rechts von ihr glitzerte die vom Wind gekräuselte Oberfläche des Nålskansees im Sonnenlicht.
Nach dem Unwetter der vergangenen Nacht schien Kronsfjället nun ein herrlicher Frühsommertag bevorzustehen. Soweit es Marie betraf, entsprachen grollender Donner und vom Himmel zuckende Blitze jedoch viel eher ihrer augenblicklichen Stimmung.
Das Vorderrad ihres Drahtesels holperte über ein Hindernis hinweg. Im nächsten Moment vernahm sie ein leises Zischen, und nur Sekunden später rollte sie nur noch auf der nackten Felge des Vorderrades dahin.
“Mist!” Marie bremste und schob das Fahrrad an den Wegesrand, um den Schaden zu begutachten. Der Reifen war geplatzt, und sie hatte nicht das geeignete Werkzeug bei sich, um ihn zu reparieren. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als das Rad bis zum Hof zu schieben und ihren Vater zu bitten, den Reifen auszutauschen.
Seufzend schob sie sich eine ihrer widerspenstigen braunen Locken aus der Stirn. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Auch wenn sie es Lars durchaus gönnte, ein paar Stunden allein im Laden zu stehen, ein platter Reifen gehörte definitiv nicht zu ihren Plänen. Jetzt würde es wahrscheinlich Mittag werden, ehe sie wieder ins Zentrum von Kronsfjället zurückkehren konnte und …
Marie blieb abrupt stehen, als sie die junge Frau erblickte, die am Ufer des Sees stand und aufs Wasser hinausblickte.
Katrina Hallström.
Ein Gefühl von Übelkeit stieg in Marie auf. Sie schluckte. In den vergangenen fünf Jahren war kaum ein Tag vergangen, an dem sie nicht auf irgendeine Weise an Katrina erinnert worden wäre. Zumeist war Lars der Grund dafür.
Wenn er, wie so oft, mit diesem verhangenen Blick im hinteren Teil der Galerie vor einem seiner Bilder stand, wusste Marie, dass er wieder einmal an sie dachte.
Fast alle seine Werke hatten mit Katrina zu tun. Sie zeigten Orte, die sie früher einmal zusammen aufgesucht hatten, Szenen aus ihrer Kindheit. Lars schien zu glauben, niemand würde davon wissen, doch er irrte sich.
Marie wusste es – und manchmal hasste sie seine Bilder dafür, denn sie hielten ihr stets vor Augen, was sie nicht sehen wollte: Lars hatte Katrina in Wahrheit niemals vergessen.
Und nun war sie zurück.
Verschwinde!, wollte sie der jungen Frau am Seeufer am liebsten zurufen. Verschwinde dorthin, wo du hergekommen bist. Du hast Lars damals zurückgestoßen. Du hast ihn nicht verdient! Er gehört jetzt zu mir!
Doch tief in ihrem Herzen wusste Marie, dass Lars ihr niemals gehört hatte. Für ihn war sie seine Geschäftspartnerin, vielleicht noch eine gute Freundin. Aber mehr?
Es ist ihre Schuld, sagte sie zu sich selbst. Als Katrina sich umdrehte, um zu ihrem Elternhaus zurückzugehen, verbarg Marie sich mit heftig klopfendem Herzen hinter einem Wacholderbusch. Dann nahm sie ihr Fahrrad und schob es eilig den Weg entlang.
An der nächsten Weggabelung schlug sie den Weg nach links ein. Sie war kaum hundert Meter weit gekommen, als sie einen Wagen hörte, der sich rasch näherte.
Marie blieb stehen und blickte sich um. Was sie sah, ließ ihr das Herz stocken: Es war der alte Saab von Lars, der, als er die Abbiegung erreichte, nach rechts, Richtung Söderhus, weiterfuhr.
Marie schloss gequält die
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