Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition)
Überhaupt wurde Katrina das Gefühl nicht los, dass er sich im Grunde überhaupt nicht von Majdal Slott trennen wollte. Sein Verstand riet ihm zum Verkauf, doch sein Herz sprach eine vollkommen andere Sprache.
“Du kennst dich ja hier aus”, sagte Lars, nachdem er die Eingangspforte aufgeschlossen hatte. “Schau dich ruhig überall um. Ich sehe mir derweil den Schaden an, der bei den jüngsten Arbeiten am Dach aufgefallen ist.”
Langsam ging Katrina durch die Gänge, öffnete hier eine Tür und betrachtete dort ein paar unter Abdeckplanen verborgene Möbelstücke.
Im Großen und Ganzen konnte man den Zustand der Einrichtung als recht gut bezeichnen, doch die Wände in einigen Räumen bereiteten Katrina Sorgen. Sie waren stellenweise so feucht, dass sich die kostbaren Tapisserien zu lösen begannen.
Das Zimmer, in dem sie bei ihren früheren Besuchen immer untergebracht worden war, hatte sich kaum verändert. Ein Überwurf hing über dem großen Himmelbett, um es vor Staub zu schützen, und auch der Wandspiegel und die Kommode waren abgehängt. Dennoch wirkte der Raum so hell und freundlich wie eh und je.
Versonnen trat Katrina an die vom Boden fast bis zur Decke reichende Glastür, neben der noch ein weiteres hohes Fenster eingelassen war. Von hier aus konnte man auf die schmale Galerie hinaustreten, die sich auf der Rückseite des Schlosses befand und die einen fantastischen Blick über den rückwärtigen Teil des Parks bot.
Sie versuchte den Türgriff zu bewegen, doch er rührte sich nicht. Irgendetwas an dem Mechanismus schien zu klemmen. Sie rüttelte daran. Noch einmal. Dann endlich löste sich der Riegel und ließ sich leicht öffnen.
Ein Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie hinaus auf den Balkon trat. Sie reckte das Gesicht zum Himmel und genoss die wärmenden Strahlen der Sonne auf ihrer Haut.
In New York besaß sie ebenfalls den Luxus einer eigenen kleinen Dachterrasse, doch das war etwas vollkommen anderes, wie sie nun feststellen musste. Hier draußen gab es keinen Verkehrslärm. Keine heulenden Sirenen, keine Presslufthämmer. Hier herrschte Stille, nur durchbrochen vom Zwitschern der Vögel und dem sanften Rauschen des Windes, der durch die Baumkronen strich.
Eigentlich mochte Katrina den Trubel und die Lebendigkeit des Big Apple, doch jetzt spürte sie, wie eine tiefe innere Ruhe von ihr Besitz ergriff. Für ein paar Sekunden vergaß sie all ihre Sorgen und Probleme. Ja, selbst die Demütigungen, die Andrew sie hatte erfahren lassen, traten in den Hintergrund, und sie fühlte sich vollkommen im Reinen mit sich selbst und ihrer Umgebung.
Doch plötzlich hörte sie ein merkwürdiges, reißendes Geräusch, und im nächsten Augenblick ging ein Rucken durch den Balkon.
Katrina schrie auf und klammerte sich an der hüfthohen Brüstung fest. Die ganze Galerie neigte sich jetzt deutlich nach unten. Teile der Fassade, in der die gesamte Balkonkonstruktion verankert war, lösten sich und prallten fünf Meter tiefer auf dem Boden auf.
Mit vor Angst geweiteten Augen starrte Katrina zum offen stehenden Fenster. Es waren nur wenige Meter bis dorthin – doch es hätten ebenso gut auch Kilometer sein können, so unerreichbar schien es für sie.
“Katrina!”
Sie hörte, wie Lars ihren Namen rief, und sah, wie er in das ehemalige Gästezimmer stolperte. Ihre Blicke begegneten sich einen kurzen Moment.
Dann brach der Boden unter Katrinas Füßen weg.
4. KAPITEL
S ollte es das gewesen sein, ihr Leben?
Es war dieser Gedanke, der Katrina handeln ließ, als der Balkon unter ihren Füßen aus seiner Verankerung brach und drohte, sie mit sich in die Tiefe zu reißen.
Verzweifelt streckte sie die Arme aus und suchte nach etwas, an dem sie sich festklammern konnte. Ihre Finger schlossen sich um einen Gegenstand aus Metall, und ein Ruck ging durch ihren Arm, als sie plötzlich mit ihrem ganzen Gewicht daran hing.
“Hilfe!” Nur krächzend kam ihr das Wort über die Lippen. “Hilfe!”
Ihr Herz klopfte wie verrückt. Sie wollte nicht sterben! Nicht hier, nicht jetzt. Ihre Verzweiflung wuchs, als sie spürte, wie ihre Kräfte nachließen. Es gab noch so viele Dinge zu klären, die sie immer wieder von einem Tag auf den nächsten geschoben hatte. Sie hatte noch so viel vor!
“Lars!”, rief sie noch einmal. “Hilf mir!”
Und dann sah sie ihn, und ihr schossen Tränen in die Augen. Er lehnte sich aus der Balkontür und streckte die Hand nach ihr aus, doch die Distanz zwischen ihnen war einfach zu
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