Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition)
gut erinnern, war es zwischen Lars und dem ehrgeizigen Gunnar, dessen größter Traum es war, eines Tages in Stockholm Karriere zu machen, oft zum Streit gekommen. Der ausgeglichene und friedliebende Magnus hatte dann als Puffer zwischen seinen Brüdern fungiert.
Doch nun war Magnus fort.
Katrina fragte sich, was ihn wohl zu diesem radikalen Schritt verleitet haben mochte.
“Ich weiß nicht”, sagte sie schließlich und schüttelte den Kopf. “Hältst du das wirklich für eine gute Idee? Ich könnte dir im Handumdrehen die Namen einiger renommierter Kollegen geben und …”
“Bitte, Katrina.”
Es schmeichelte ihr, dass er ausgerechnet sie um Hilfe bat. Früher wäre er gewiss nicht auf einen solchen Gedanken gekommen, doch inzwischen war aus ihr eine ernst zu nehmende Geschäftsfrau geworden.
Dies war ihre große Chancen, ihm zu beweisen, was in ihr steckte.
Sie seufzte. “Also gut, da ich nun ohnehin länger als geplant in Kronsfjället werde bleiben müssen …”
“Du bleibst für länger?”
“Mindestens sechzig Tage”, erwiderte Katrina. “Nein, inzwischen nur noch neunundfünfzig. Vorher verbietet eine Klausel im Testament meiner Eltern mir den Verkauf des Söderhus.” Sie warf Lars einen vielsagenden Blick zu. “So viel also dazu, dass mein Vater stets nur das Beste für mich wollte.”
“Er wird schon seine Gründe gehabt haben.”
“Ich hätte mir denken können, dass du das sagen würdest.” Lächelnd schüttelte sie den Kopf. “Und jetzt komm, lass uns aufbrechen – ehe ich es mir noch anders überlege.”
Die zartgelbe Fassade von Majdal Slott hob sich wie ein kostbares Juwel gegen den strahlend blauen Sommerhimmel ab. Das zweigeschossige Mittelgebäude wurde von vier mächtigen Türmen umfasst, deren Kuppeldächer im Sonnenschein glänzten.
Kunstvolle Stuckarbeiten verzierten die weiß umfassten Rahmen der hohen Bogenfenster, und vier reliefartig aus der Fassade des Haupthauses hervortretende weiße Säulen bildeten die Grundlage für einen angedeuteten Portalvorbau. Eine große Doppeltreppe führte von der kiesgestreuten Einfahrt zu dem wuchtigen Eingangsportal des Schlosses empor.
Als Lars seinen Wagen im Schatten einer alten Eiche abstellte, konnte Katrina gar nicht schnell genug aussteigen. Ihr letzter Besuch auf Majdal Slott lag bereits einige Jahre zurück, doch sie erinnerte sich noch an jede Nische, jeden Erker und Winkel. Als junges Mädchen hatte sie fast alle Sommerferien hier verbracht, und es war herrlich gewesen, wie eine Prinzessin durch die langen Gänge zu flanieren oder gemeinsam mit Lars nach versteckten Schätzen zu suchen.
“Es hat sich kaum etwas verändert”, murmelte sie. “Alles sieht noch genauso aus wie früher.”
“Der Eindruck täuscht”, entgegnete Lars, und sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. “Du wirst sehen, wovon ich spreche, wenn wir näher herankommen.”
Und tatsächlich. Schon bald waren die Schäden in der Fassade des Schlosses nicht mehr zu übersehen. Putz bröckelte, Farbe blätterte ab. Im oberen Stockwerk gab es einige Fenster, die notdürftig mit Holzbrettern vernagelt waren.
“Es hat vor einiger Zeit einen kräftigen Hagelschauer gegeben”, erklärte Lars, der ihren fragenden Blick bemerkte. “Einige der alten Glasscheiben sind dabei zu Bruch gegangen, und das Dach wurde ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Siehst du die blaue Folie, die dort unter der Kuppel des rechten Turms durchschimmert?” Er deutete in die entsprechende Richtung. “Dort hat der Sturm die Ziegel abgedeckt.”
Katrina nickte. Jetzt, wo sie den mit weißem Kies bestreuten Weg entlang auf das Gebäude zugingen, waren die Spuren des Verfalls deutlich zu sehen. Eines stand fest: Die Restaurierung würde eine stattliche Summe Geld verschlingen, doch der Einsatz lohnte sich. Majdal Slott war ein ungeschliffener Diamant, der nur darauf wartete, zum Strahlen gebracht zu werden.
“Ich würde mich gern auch drinnen umsehen”, sagte Katrina. “Ich nehme an, dass der Großteil der Möbel mit zum Verkauf angeboten werden soll?”
“Ja, darauf wird es wohl hinauslaufen. Gunnar wird die Sachen nicht wollen, und außerdem verfügen wir beide nicht über genügend Platz, eine solche Menge Antiquitäten unterzubringen. Tja, und solange Magnus nicht aufzufinden ist, kann ich ihn schlecht fragen, wie er zu der Angelegenheit steht. Ein Verkauf wird wohl das Sinnvollste sein.”
Sehr glücklich wirkte Lars mit dieser Lösung jedoch nicht.
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