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Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition)

Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition)

Titel: Wenn das Herz heimkehrt: Mittsommerträume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Engström
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groß.
    “Ich kann nicht mehr”, stöhnte sie. Inzwischen fühlte sie ihre Hände und Arme kaum noch. Es war nur eine Frage der Zeit, und sie würde den Halt verlieren und in die Tiefe stürzen.
    Lars schüttelte den Kopf. Sein Gesicht war aschfahl vor Entsetzen. “Halte noch einen Moment durch!”, rief er eindringlich. “Ich verspreche dir, ich rette dich!”
    Dann verschwand er wieder im Inneren des Zimmers.
    Die nächsten Sekunden kamen Katrina wie eine Ewigkeit vor. Ihre Muskeln fingen an, sich zu verkrampfen. Ein paar Augenblicke vielleicht noch, länger würde sie es nicht mehr schaffen.
    Sie hörte Lars fluchen, dann gab es einen lauten Knall, und das Fenster etwa einen halben Meter über ihr wurde aufgerissen. Im nächsten Augenblick tauchte Lars auf und ergriff ihre Unterarme.
    “Lass los”, sagte er. “Vertrau mir, Katrina. Ich halte dich.”
    Es kostete sie große Überwindung, doch schließlich legte sie ihr Leben in Lars' Hände, und er zog sie zu sich hinauf.
    Sekunden später fand Katrina sich schwer atmend auf dem Boden des ehemaligen Gästezimmers wieder. Tränen strömten ihr über die Wangen, und sie zitterte unkontrolliert. Plötzlich spürte sie, wie Lars seine Arme unter ihre Knie und Achseln schob und sie hochhob. Sie protestierte nicht, als er sie zum Bett trug, wo er sie sanft niederlegte. Die Wärme seines Körpers zeigte ihr, dass sie tatsächlich noch am Leben war. Sie hatte es geschafft – dank Lars.
    Noch immer zitternd, wischte sie sich mit dem Handrücken über die Augen. “Danke”, stieß sie heiser hervor. “Ohne dich wäre ich …”
    “Denk nicht mal daran”, fiel er ihr ins Wort und strich ihr zärtlich das Haar aus dem Gesicht. “Ich würde niemals zulassen, dass dir etwas zustößt.”
    Es dauerte ein paar Minuten, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Die ganze Zeit über saß Lars bei ihr am Bett und redete beruhigend auf sie ein. Schließlich setzte sie sich auf, winkelte die Beine an und schlang die Arme um ihre Knie. “Danke, ich bin wieder okay. Geh ruhig nach dem Dach sehen. Ich komm schon zurecht.”
    Doch Lars schüttelte den Kopf. “O nein, ich lass dich jetzt ganz bestimmt nicht allein”, sagte er energisch. “Du hast einen Schock erlitten. Vielleicht sollten wir einen Arzt rufen.”
    “Einen Arzt?” Entschieden schüttelte sie den Kopf. “Nein, das ist nicht nötig. Wirklich, Lars, es geht mir gut. Ich bin lediglich ein bisschen erschöpft, das ist alles.”
    “Also gut, dann machen wir uns am besten jetzt auf den Rückweg nach Kronsfjället. Und für heute Abend möchte ich dich zum Essen einladen – als kleine Entschuldigung.”
    “Es gibt keinen Grund, dich bei mir zu entschuldigen. Schließlich konntest du nicht wissen, dass der Balkon einsturzgefährdet ist.”
    “Aber ich habe dich hierhergebracht”, entgegnete Lars ernst. “Und deshalb bin ich auch für deine Sicherheit verantwortlich. Also bitte, tu mir den Gefallen und iss mit mir zu Abend. Sonst wird mich für den Rest meines Lebens das schlechte Gewissen plagen.”
    Katrina zögerte. Sie wusste nicht, ob es wirklich eine gute Idee war, mehr Zeit mit Lars zu verbringen als unbedingt notwendig. Auf der anderen Seite konnte sie tatsächlich eine kleine Aufmunterung gebrauchen. Außerdem schien es ihr eine günstige Gelegenheit zu sein, mehr über das Verhältnis zwischen Lars und seinen Brüdern zu erfahren.
    “Also schön, wenn du darauf bestehst”, willigte sie schließlich ein.
    Lars nickte. “Aber unbedingt.”
    Auf dem Rückweg nach Kronsfjället versuchte Katrina, so gut wie möglich vor Lars zu verbergen, wie schlecht sie sich fühlte. Der Schreck ihres Beinaheunfalls steckte ihr noch immer in den Knochen. Sich dem sicheren Tod so nahe zu fühlen war eine Erfahrung, die sie nicht einmal ihrem ärgsten Feind wünschte. Ebenso wie das Gefühl, das eigene Leben innerhalb von Sekunden wie einen Film vor dem geistigen Auge ablaufen zu sehen – und zu erkennen, dass einem nicht gefiel, was man dort präsentiert bekam.
    Schweigend saß sie neben Lars. Erst jetzt, einige Zeit später, traf sie die Erkenntnis mit voller Wucht. Und sie stellte sich die Frage, die sie noch am heutigen Morgen mit einem energischen “Ja” beantwortet hätte: Bin ich glücklich?
    Katrina presste die Stirn an das kühle Glas des Beifahrerfensters und schloss die Augen. Ja, sie liebte New York City, und sie liebte ihren Job. Aber das konnte doch unmöglich der Inhalt ihres ganzen Lebens

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