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Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila

Titel: Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonya Kraus
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tippen. Vorausgesetzt natürlich, man hatte eine Idee. Das Problem: Ich hatte immer noch keine. Nicht mal eine miniwinzige. Was jetzt? Vielleicht ein bisschen Doping? Genau: Zucker! Sünde! Kühlschrank!
    Irgendwo im Gefrierfach musste noch eine Ein-Liter-Packung Schoko-Eiskrem vergraben sein. Ich robbte raus aus dem Bett, watschelte in die Küche, mit dem Ziel, mir die komplette Packung schmatzend einzuverleiben.
    Barfuß pilgerte ich zur heiligen Pforte, dem Kühlschrank, öffnete gierig die Tür, und da war sie: die Sylter Salatsoße in der Glasflasche, ganz oben, und knallte mir aus eineinhalb Metern Höhe auf den nackten kleinen Zeh, um dort mit einem lauten Dotz zu zerscheppern. Resultat: Alarmstufe Rot!
    Zur Erinnerung: Der weibliche Körper ist in der Schwangerschaft extrem gut durchblutet. Will sagen: Mein kleiner Zeh hatte einen ordentlichen Schnitt abbekommen, tat allerdings so, als hätte man ihn gerade amputiert. Lustige grellrote Poollandschaften entstanden, wo immer ich auch hintrat. Hätte man noch ein wenig Weißbrot zum Ditschen dazugereicht, hätte sich die gesamte Twilight-Familie anständig satt futtern können.
     
    Gut, meine Füße würden so schnell keinen Fußfetischisten mehr in Wallung bringen, und High Heels waren wohl erst mal tabu, aber das war alles völlig nebensächlich, denn endlich hatte ich ein Alibi, eine wasserdichte Ausrede, warum ich mich die nächsten Stunden nicht mit Schreiben herumquälen musste. Hey, das musste bestimmt genäht werden! Glücklich wartete ich also 40 Minuten in der Notaufnahme eines Frankfurter Krankenhauses, bis mir eine Assistenzärztin den Zeh mit zwei Stichen flickte und mir verkündete, dass er wohl auch gebrochen sei. Aber da könne man eh nix machen. Nur tapen.
    Fröhlich frisch geflickt humpelte ich heim, denn ich wusste, eine wunderbare Aufgabe würde mich abermals vom Schreiben abhalten! Wenn das kein positives Denken ist! Wovon ich spreche? Nun, Ladys und Gentlemen, schon mal einen guten Liter fest angetrocknetes Blut aus strukturierten Natursteinfliesen gekratzt?
    Das dauert! Stunden! Freundliche Hilfsangebote von meinem sonst so putzmuffeligen Freund wurden natürlich entrüstet zurückgewiesen. Auf dem Boden kugelrund kniend genoss ich die stupide Schrubberei, kratzte beseelt die Fugen mit einer Messerspitze aus und genoss die ultimative Leere in meinem Schädel.
    Weit nach Mitternacht sank ich auf mein Nachtlager nieder. Hey, also jetzt war es definitiv viiieeel zu spät, um noch zu schrei-ben, und ich war selbstverständlich auch zu erschöpft!
    Wundervoll, ein schlechtes Gewissen, dass ich keine Zeile zu Papier gebracht hatte, brauchte ich auch nicht zu haben. Schließlich war das ein lebensbedrohlicher Notfall gewesen! Mein kleiner Zeh und ich hätten verbluten können! Die Lektorin des Verlages, die seit Wochen geduldig auf eine Leseprobe wartete, konnte sich glücklich schätzen, dass man mich nicht zur Beobachtung in der Klinik behalten hatte.
    Seufzend wie Atlas, der die Weltkugel auf seinen Schultern trägt, schloss ich die Äugelchen und schlief ein …
    ... um Stunden später schweißgebadet aufzuwachen. Was für ein Albtraum: Ich hatte meine Deadline für die Abgabe des Buches einfach vergessen! Der Verlag kündigte den Vertrag, die sonst so sanftmütigen Bücherleute mutierten zu Zombiefratzen aus Michael Jacksons »Thriller«. Sie streckten ihre fleckigen Lepra-Arme nach mir aus und schrien mich an: »Du hast uns hängen lassen …!«
    Draußen dämmerte es bereits, die Vögelchen fingen an zu zwitschern, und neben mir schnarchte friedlich der Kerl, der mir das alles eingebrockt hatte. Der sowieso an allem schuld war! Warum – verdammt noch mal – bekamen eigentlich nicht auch mal Männer Babys? Strafe muss sein, und so wurde das große Baby neben mir gnadenlos wachgerüttelt.
    »Ahhhh, was’n los?«
    »Ich hatte ’nen Albtraum!«
    »Och …« Er hatte immer noch die Augen geschlossen. »Was war denn?«
    Mit bebender Mädchenstimme quengelte ich: »Im Moment kann ich keinen klaren Satz schreiben! Ich hab sogar geträumt, dass ich meinen Abgabetermin versemm...« Keine Reaktion; okay, da fehlte noch etwas Drama: »... und dass ich nie wieder Bücher schreiben kann!«
    Ein verklebtes Auge öffnete sich und blinzelte mich an. »Ach, das wird schon wieder!« Man(n) tätschelte mir ungelenk die Wange, knuffte das eigene Kopfkissen in Form und drehte sich grunzend auf die andere Seite.
    Wow! Nach diesen unendlich einfühlsamen

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