Wenn Das Leben Dir Eine Zitrone Gibt, Frag Nach Salz Und Tequila
Worten fühlte ich mich natürlich gleich besser …
Was hatte ich eigentlich von einem Kerl erwartet, der einen Taschenrechner in der Birne hat, in Millisekunden die Wurzel aus 2 356 467 errechnen kann und sich jede Mail, bei der emotionale Intelligenz gefragt ist, von mir Wort für Wort diktieren lässt? Kreativen Schreib-Input? Ein sensibles therapeutisches Gespräch um 5:13 Uhr früh?
Da lag ich also, düster grübelnd, voller Unruhe und Selbstzweifel, blind für die Schönheit des sich langsam erhellenden Morgenhimmels.
Kurz nach sechs hörte ich erlösende Schritte in der Wohnung über mir. Denn wer hilft, wenn eine fast 37-jährige Bald-Mama deprimiert im emotionalen Brunnenschacht sitzt? Klar, die Mamaaa!
Schnell hievte ich mich aus dem Bett und watschelte im Donald-Duck-Wiegeschritt die Treppe zur Wohnung meiner Mutter hinauf.
»Mama?«
»Gott, Sonya! Hast du mich erschreckt!« Mutti Marlene war fast so weiß wie ihr Bademantel. »Was ist los? Warum schläfst du nicht?«
»Ich kann nicht. Ich mach mir so Sorgen, dass ich das mit dem Buch nicht pünktlich schaffe.«
Meine Mutter schaute mich entgeistert an. »Kind, vergiss das blöde Buch.« Sie zeigte auf die überdimensionierte Wassermelone in meiner Körpermitte … »Ich glaub, du hast jetzt ganz andere Probleme.«
Mhm … Tja, Mama hatte da natürlich irgendwie ziemlich recht. Da war eben jetzt dieses kleine Wesen in mir, das hemmungslos all meine Kapazitäten, Körper und Kopf, in Besitz nahm.
Als ich freudig meinen Friedrich-Wilhelm unter den Vertrag für das nächste Buch setzte, war dieser anspruchsvolle »Untermieter« ja noch nicht eingezogen.
Trotzdem halfen mir die mütterlichen Weisheiten gerade wenig. Schwangerschaft als Entschuldigung für Unzuverlässigkeit? Mir wurde schlecht. All das Vertrauen, die Reputation, die ich mir so diszipliniert erarbeitet hatte, sollte ich jetzt zunichte- machen? Wie glücklich war ich, als man mir zutraute, ein Buch zu schreiben, wo doch viele der Meinung waren, »die Kraus« sei noch nicht mal des Lesens mächtig. Wie unendlich stolz war ich gewesen, als mein erstes Buch gleich ein Nummer-1-Bestseller wurde?
Auch mit Baby wollte ich doch schließlich weiterarbeiten, denn ich liebe meinen Job. Wie oft habe ich das Bild vor mir gesehen, wie ich mit Ende sechzig, runzelig wie eine Baumrinde, in wallenden Hippiegewändern und mit dem Notebook auf den delligen Oberschenkeln vor meinem Häuschen im warmen Süden sitze und Krimis schreibe. Das sollte, verdammt noch mal, kein vager Traum bleiben, das war meine Vision vom Alter! Mein Lebensziel!
Gut, vielleicht änderte so ein Würmchen einfach alles. Es brachte irgendwie gar nichts, Menschen um Rat zu fragen, die sicher nur das Beste für mich wollten, die aber keine Ahnung von meinem Problem hatten. Wer konnte nachvollziehen, wie sehr ich tatsächlich unter Pflichtgefühl und Schreibblockade litt?
Da fiel mir nur eine ein: Stella, meine Co-Autorin, die schon seit Jahren Erfahrung mit dieser seltsamen Kunst des Schreibens hatte. Konsequent brachte die gute Stella Ordnung in mein kreatives Schreibchaos, gliederte meine Gedankensprünge und recherchierte gewissenhafter als der Mossad.
Äußerst ungern wollte ich sie in Panik versetzen, aber ich wusste mir wirklich nicht mehr zu helfen. Also schrieb ich:
Stella,
hab Dich nicht vergessen!
Sitze wie ein Ochs vorm Berg an meinem Laptop.
Bin immer noch am »Gucci-Täschchen« und trotzdem wird’s nicht gut!!!
Hab mir extra ein iPad gekauft, damit ich ganz schnell und überall was tippen kann.
Hast Du einen Tipp für mich?
Was kann ich tun?
Hatte ich noch nie.
Vielleicht sind’s die scheiß Hormone.
Bin gerade panisch.
Hab mir fest vorgenommen »GT« heute fertig zu machen. Bringt Druck was?
Finde alles, was ich schreibe, so gewollt, so unlocker und frage mich, wie ich es bisher immer geschafft habe, lustige Texte und Geschichtchen zu schreiben.
Sorry, dass ich Dich jetzt kirre mache, aber sonst kann das bei mir hier keiner nachvollziehen.
Mayday! SOS! Help!
Die Dicke
Und – halleluja – Stella wusste Rat:
Liebe Sonya,
irgendwie hab ich das Gefühl, Du brauchst Dein Buch.
Schmöker doch mal ein bisschen in dem, was Du bis jetzt alles geschrieben hast!
Aber ich kenn das. Druck hilft da gar nix, zumindest nicht, wenn der zu Schnappatmung und Panikattacken führt.
Erstens: Das »Schlimmste«, was passieren kann, ist, dass die ganze Sache ein
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