Wenn das Verlangen uns beherrscht
zurückfliegen.“
Susannah sah ihn erschreckt an. „Ist deine Mutter in Schwierigkeiten?“
„Hoffentlich nicht. Aber wer weiß, wenn sie erst mal in die Mühlen der Justiz gerät … Die Polizei hat sie mitgenommen, um sie wegen des Mordes an meinem Vater zu vernehmen.“
Sowie Susannah hinter Matthew ins Haus getreten war, befreite sie sich von ihren Schuhen. Erleichtert atmete sie auf. Auf dem Rückflug hatte eine angespannte Stimmung geherrscht. Fast ständig war Matthew am Telefon gewesen. Er hatte mit dem Anwalt und den Geschwistern telefoniert, die bereits auf dem Weg zur Polizei waren. Ein ums andere Mal hatte er über die Tatsache geflucht, dass er gerade jetzt nicht in der Stadt war. Susannah wusste, was er meinte: Die Kincaids hielten zusammen wie Pech und Schwefel.
Und dennoch gehörten sie zu den Privilegierten und lebten mit ihren Geheimnissen und Lügen. Zu dieser Welt wollte sie nicht gehören.
Als sie in das Wohnzimmer traten, kam ihnen eine bildhübsche junge Frau entgegen, die mit ihrem dunklen Haar und den grünen Augen das genaue Abbild von Matthews Mutter war.
„Susannah, dies ist meine Schwester Laurel. Laurel, dies ist Susannah Parrish.“
Laurel reichte ihr die Hand. „Ich wünschte, wir hätten uns unter erfreulicheren Umständen kennengelernt“, sagte sie mit einem etwas angestrengten Lächeln. „Aber ich freue mich trotzdem.“
„Ich mich auch.“ Susannah trat zur Seite, damit die Geschwister sich besprechen konnten.
„Flynn schläft?“ Matthew rieb sich den verspannten Nacken und sah die Schwester fragend an.
„Ja, schon bevor ich kam. Er hat nichts mitbekommen.“
„Gott sei Dank.“ Er wandte sich zu Susannah um und nahm ihre Hand. „Susannah, würdest du uns den Gefallen tun und hier bei Flynn bleiben, damit Laurel und ich aufs Revier fahren können?“
„Aber selbstverständlich. Und, bitte, sag mir, wenn ich sonst noch irgendetwas für euch tun kann.“
Er sah sie an. Wie sehr sie sich um seine Mutter Sorgen machte! Wieder spürte er die Leidenschaft, mit der sie miteinander geschlafen hatten. Er konnte nichts dagegen tun, er musste sie einfach küssen, und sie lehnte sich an ihn und erwiderte den Kuss voll Sehnsucht. Schließlich löste er sich sanft von ihr. „Danke, dass du bei ihm bleibst.“ Dann drehte er sich zu Laurel um. „Ich ziehe mich schnell um, dann können wir fahren.“
Als er die Treppe hinauflief, nahm er zwei Stufen auf einmal. Susannah wagte es kaum, Laurel anzusehen. Deutlicher hätte Matthews wohl nicht zeigen können, dass er mit ihr schlief.
Laurel kam lächelnd auf sie zu. „Auch ich möchte mich bedanken.“
„Das ist nicht nötig. Ich bleibe gern bei Flynn.“
„Das meine ich nicht. Matt ist mein kleiner Bruder, und er hat ein paar schlimme Jahre hinter sich. Ich bin über alles froh, was ihn glücklich macht.“
Susannah wurde rot. Das war wirklich nett von Laurel, aber wahrscheinlich machte sie sich über die Beziehung ihres Bruders völlig falsche Vorstellungen.
In diesem Augenblick kam er die Treppe wieder herunter. Auch jetzt nahm er wieder zwei Stufen auf einmal und knöpfte sich währenddessen das Hemd zu. Er drückte Susannah noch einen schnellen Kuss auf die Wange. Dann schlug die Tür zu, und sie war allein.
Irgendetwas hatte sie aufgeweckt, und sie kam schnell von der Couch hoch. Matthew? Nein, es war Flynn, der vor ihr stand. Er hielt seinen Lieblingsteddy an sich gepresst und war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
„Was ist denn los, Schätzchen?“
„Ich hatte einen bösen Traum.“ Seine Unterlippe zitterte.
„Willst du zu mir auf die Couch kommen?“ Als er nickte, streckte sie den Arm aus, und er kletterte auf die Couch und kuschelte sich an sie. Zärtlich drückte sie den kleinen warmen Körper an sich, zog dann eine Wolldecke herunter, die über der Rückenlehne hing, und deckte sich und ihn damit zu. „Was hast du denn geträumt?“
„Weiß nicht mehr.“ Er schniefte leise.
Wie konnte sie ihn trösten? Wie lenkte man Kinder ab, die schlecht geträumt hatten? Dann fiel ihr die Zeit im Krankenhaus wieder ein. „Soll ich dir ein Lied von Elvis vorsingen?“
Er nickte heftig, und sie stimmte ein Lied an.
„Susi?“, fragte er nach einer Weile und blickte sie mit seinen traurigen Kinderaugen an. „Kann ich Mommy zu dir sagen?“
Das Herz wurde ihr bleischwer. Vorsichtig richtete sie sich auf und setzte sich den Kleinen auf den Schoß. „Aber Schätzchen, darüber haben wir doch schon
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