Wenn das Verlangen uns beherrscht
Arme und drehte sich mit ihr zusammen um, sodass sie auf ihm lag. Mit den Händen umklammerte sie immer noch seine Schultern, als sei er ihr rettendes Floß. Erst allmählich fand sie in die Wirklichkeit zurück.
Als sie wieder klar denken konnte, lag sie neben Matthew vor dem Feuer, den Kopf auf seiner Brust. Er hatte die Decke über ihnen beiden ausgebreitet und hielt Susannah sanft in den Armen. Sie hatte die Augen geschlossen, um diesen vollkommenen Moment so lange auszudehnen, wie es nur ging, und wagte nicht, sich zu bewegen.
Erst als er sich streckte und ihr zärtlich über den Arm strich, öffnete sie die Augen. „Bleib“, sagte er leise.
Es war, als würde sich die Welt um sie herum drehen. Bleib , das Wort dröhnte ihr in den Ohren.
10. KAPITEL
Susannah erstarrte. Sie musste sich verhört, etwas missverstanden haben. „Bitte?“
„Bleib bei mir.“ Er zog sie dichter an sich heran. „Bei mir und Flynn.“
Wie meinte er das? „Aber du hast doch von Anfang an gesagt, dass unsere Beziehung zeitlich begrenzt sei. Ohne Illusionen, was die Zukunft betrifft, sodass keiner hinterher leiden muss.“
„Aber es klappt doch so gut mit uns. Du fügst dich wunderbar in unser Leben ein. Außerdem …“, er sah sie wieder mit diesem Blick an, dass ihr heiß und kalt zugleich wurde, „mag ich es, wenn du hier bist.“
Doch sie nahm sich zusammen. Sie fügte sich gut ein? Kein Wunder, sie hatte ja auch eine Rolle gespielt, die von Grace. „Dennoch, Matthew, das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Ich kann nicht bei einem Mann bleiben, der immer noch jemand anderen liebt.“
Erst sah er sie ratlos an, dann riss er die Augen auf, als wisse er endlich, was sie meinte, und richtete sich auf. „Du glaubst, ich liebe Grace immer noch?“
„Ja. Das ist doch offensichtlich. Dein Haus ist doch die reine Gedenkstätte. Überall hängen Bilder von ihr, ihr Zimmer ist unverändert. Und jedes Mal, wenn ihr Name erwähnt wird, zuckst du zusammen.“
„Aber nicht aus Liebe.“ Er senkte den Blick und starrte ins Feuer. „Aus Schuldgefühl.“
Jetzt war Susannah verblüfft. „Weshalb solltest du dich schuldig fühlen?“
Lange schwieg er. Dann hob er den Kopf und sah sie ernst an. „Kurz bevor Grace starb, hatten wir beschlossen, uns scheiden zu lassen.“
Was? Grace und Matthew Kincaid hatten an eine Scheidung gedacht? Wenn sie es nicht von ihm selbst gehört hätte, würde sie es nicht glauben. „Aber wieso das denn? Ihr habt immer wie das ideale Ehepaar gewirkt.“
„Wir haben uns auf dem College kennengelernt, und damals dachten wir natürlich, dass wir das ganze Leben zusammenbleiben würden.“ Er fuhr sich nervös durchs Haar. „Aber manchmal kommt es anders, als man es erwartet hat.“
Sie legte ihm tröstend die Hand auf den Arm. „Was ist denn passiert?“
„Eigentlich nichts Dramatisches.“ Sinnend blickte er auf ihre Hand. „Nach dem College haben wir gleich geheiratet. Grace wollte nicht arbeiten, weil sie möglichst bald Kinder haben wollte. Aber als sie nicht schwanger wurde, wurde der Wunsch nach einem Kind allmählich zur Besessenheit. Vielleicht hatte sie einfach zu viel Zeit, darüber nachzudenken. Tatsache war, dass sie an nichts anderes mehr denken und über nichts anderes mehr sprechen konnte. Ich versuchte, dafür Verständnis zu haben. Auch ich wollte gern Kinder haben, aber bei ihr war der Wunsch viel stärker ausgeprägt. Darunter litt unsere Ehe. Grace hatte kein anderes Thema mehr. Wir sprachen nicht mehr über das, was wir tagsüber erlebt hatten oder was wir tun wollten, worüber wir uns freuten und worüber wir traurig waren. Das hielt unsere Ehe nicht aus.“
Dass er immer noch darunter litt, war ihm anzusehen. „Als wir dann Flynn bekamen, war es zu spät. Das Einzige, was uns noch verband, war das Kind. Im ersten Jahr war das noch nicht so deutlich, denn natürlich war alles neu und spannend mit Flynn. Aber schon im zweiten merkten wir, dass wir uns fremd geworden waren und nebeneinander her lebten.“
„Oh, Matthew, das tut mir wahnsinnig leid.“
„Wir sprachen darüber, uns scheiden zu lassen, und hatten schon überlegt, wie wir das mit Flynn machen würden.“ Er schwieg und senkte den Kopf.
Susannah rückte näher an ihn heran. Wenn sie ihn nur irgendwie trösten könnte. „Und?“
„Ich dachte, es wäre gut, wenn sie mal eine gewisse Zeit für sich wäre, um sich darüber klar zu werden, ob sie sich wirklich scheiden lassen wollte.“
„Aber Grace
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