Wenn das Verlangen uns beherrscht
wollte nicht?“
Er presste kurz die Lippen zusammen, dann hob er wieder den Kopf und sah Susannah an. „Nein, weil sie noch nie eine Nacht von Flynn getrennt gewesen war. Für mich war das erst recht ein Grund. Sie sollte sich auf sich und mich und unsere Ehe konzentrieren. Ich war ja am Wochenende zu Hause und konnte mich um Flynn kümmern.“
„Und dann?“ Susannah hielt den Atem an.
„Da der Firmenjet nicht zur Verfügung stand, mietete ich ein kleines Privatflugzeug, das sie zu ihren Eltern bringen sollte, und zwang sie, das zu tun, was ich wollte.“
„Und mit der Maschine stürzte sie ab?“
„Ja. Über dem Meer.“ Er stöhnte tief auf. „Erst nach Tagen fand man ihren Körper.“
„Oh Gott!“
„Und ich bin schuld daran, dass Flynn seine Mutter verlor und Graces Eltern die Tochter.“
Ihn so verzweifelt zu sehen, brach ihr das Herz. Sie griff nach seiner Hand und drückte sie. „Aber, Matthew, das war doch ein Unfall. Keiner ist daran schuld.“
„Ich habe versagt. Ich war nicht fähig, meine Frau zu schützen. Im Gegenteil, ich habe ihren Tod verursacht.“ Sein Gesicht war kreideweiß. „Ich hatte ihr versprochen, nie jemandem zu erzählen, dass sie nicht Flynns biologische Mutter ist. Und dieses Versprechen werde ich halten.“
„Dann liebst du sie also nicht mehr“, sagte Susannah langsam. Allmählich wurde ihr alles klar.
„Nein, zuletzt habe ich sie ganz sicher nicht mehr geliebt. Und sie mich auch nicht, davon bin ich überzeugt.“
Sie schmiegte sich an ihn, und er legte die Arme um sie. Lange Zeit sagte keiner ein Wort. „Bleib bei mir“, bat er noch einmal leise.
Susannah war hin und her gerissen. Auch wenn er Grace nicht mehr liebte, war er doch noch sehr in seinen alten Gefühlen gefangen und nicht offen für eine neue Liebe. Eine zeitlich begrenzte Beziehung war eine Sache, aber auf Dauer zu bleiben war eben doch etwas ganz anderes. Sollte sie ihren Job aufgeben und nach Charleston ziehen für einen Mann, der immer noch in der Vergangenheit lebte und sie mehr oder weniger als Ersatzfrau und – mutter ansah?
„Sei ehrlich, Matthew, was meinst du damit?“
„Wenn du nur bleibst, wenn du einen Ring am Finger hast, dann bin ich auch dazu bereit“, sagte er steif.
„Soll das etwa ein Heiratsantrag sein?“ Hörte sich eher wie ein Todesurteil an. Ihr wurde kalt.
„Ja, wenn es wichtig für dich ist. Für Flynn wäre es sowieso besser.“
Sie sah ihn kopfschüttelnd an. Glaubte er wirklich, dass eine Frau über einen solchen Heiratsantrag glücklich sein könnte? „Und du bist nicht der Meinung, dass eine Ehe sich auf Liebe und Vertrauen gründen sollte? Und nicht darauf, ob es für irgendjemanden wichtig ist?“
„Ich will ehrlich zu dir sein, Susannah. Ich bin noch nicht bereit, mich wieder zu verlieben. Und ich fürchte beinahe, dass dieser Zeitpunkt nie kommen wird. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich dich gern in meiner Nähe haben möchte.“
Als sie ihm in die Augen sah, verstand sie plötzlich, was ihn bewegte. „Du glaubst, dass du keine Liebe mehr verdienst, oder?“
Er wich ihrem Blick aus. Weshalb machte sie alles so kompliziert? Es klappte doch hervorragend zwischen ihnen. „Keine psychologische Analyse, bitte. Bleib bei mir und Flynn, und wir werden alle drei glücklich sein.“
„Tut mir leid, Matthew, aber ich kann nicht bleiben.“
Bevor er etwas dazu sagen konnte, klingelte sein Handy. Er suchte und fand seine Hose auf dem Boden und nahm das Telefon heraus. Das musste jemand von der Familie sein. Kein anderer würde ihn so spät anrufen. „Ja?“
„Matt, hier ist Laurel.“
Die Stimme der Schwester klang so ernst, dass er aufsprang. „Ist was mit Flynn?“ Auch wenn er wusste, dass Flynn nicht bei Laurel, sondern bei seiner Mutter war, dachte er immer zuerst an den Sohn.
„Nein“, sagte sie schnell. „Alles in Ordnung mit ihm. Ich bin bei ihm.“
„Du? Aber wo ist Mom?“
„Mom ist von der Polizei abgeholt worden.“
„Von der Polizei? Aber warum das denn? Sie hat doch nichts verbrochen.“
„Natürlich nicht. Aber man will sie wegen des Mordes an Dad verhören.“
Das konnte ja wohl nicht wahr sein! Seine Mutter war der letzte Mensch auf der ganzen weiten Welt, der irgendetwas mit einem Mord zu tun haben könnte, ganz zu schweigen von dem Mord an ihrem Ehemann. Das musste doch auch der Polizei klar sein. „Ich komme sofort.“ Er klappte das Telefon wieder zu und griff nach seiner Hose. „Wir müssen
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