Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
als das Dach hier.“
„Ja, aber da kletter ich auch nie hoch. Ich mag den Boden. Da kann man nicht runter fallen.“
„ Gebt uns das Buch!“
„Verdammt“, fluchte Kimberly. „Los jetzt, oder willst du dich erschießen lassen?“
Kimberly zog sich am Rahmen hoch und kletterte nach draußen, bevor sie Gavin eine Hand entgegen streckte. Nach kurzem Zögern ergriff er sie, drückte sich vom Stuhl ab und stieg zur ihr aufs Dach. Die Ziegel waren feucht, voller Moos und Schmiere.
Die schlurfenden Schritte waren direkt hinter ihnen, eine Hand griff durch die Luke nach ihnen und packte Kimberlys Fuß. „Loslassen!“ Sie trat nach der Hand, spürte Knochen knacken und der Griff lockerte sich.
„Weg hier, los. Los!“
Das andere Häuserdach war nicht weit entfernt, die Kluft war klein genug, um sie zu überspringen.
„Kim, ich kann das nicht, ich bin nicht schwindelfrei.“
„Erzähl keinen Mist. Du musst nur rennen und springen. Denk nicht daran, wo wir sind, tu es einfach. Wir schaffen das.“
Hinter ihnen klickte es.
„Scheiße.“ Sie wirbelte herum, sah die Mündung einer Pistole auf sich gerichtet und sprang zur Seite, Gavin mit sich ziehend. „Lauf!“
Sie rannten los, rutschten über das moosige Dach auf die Kante zu. Kimberly erreichte sie zuerst, drückte sich kräftig ab und streckte die Hände nach dem anderen Dach aus. Ihre Finger gruben sich in die scharfe Kante, sie unterdrückte den Impuls, loszulassen, und zog sich stattdessen nach oben. Gavin war direkt hinter ihr, klammerte sich an das Dach und versuchte ächzend, sich ebenfalls hoch zu ziehen.
In dem Moment löste sich ein Schuss.
Kimberly schrie erschrocken auf und fiel auf den Rücken. Ihr Blick fand Gavin, der noch immer an der Dachkante hing. Er sah sie an, die Augen vor Schreck weit aufgerissen, sie flehten, sie fürchteten.
Sie verabschiedeten sich.
Sein Blick wurde leer, die Hände lösten sich von der Dachkante, winkten im Fall wie zum Abschied. Knochen brachen, als er unten aufprallte.
Und Kimberly sah das Blut. So viel Blut, schon wieder, so unglaublich viel, es floss immer schneller, immer weiter, umgab ihn wie Wasser ein Schiff.
„Nein.“ Ein Wort, geflüstert, voller Entsetzen, voller Hass. „Nein!“
Es klickte erneut.
Der Marionetten-Mann stand ihr gegenüber, am Rande des anderen Daches, keine vier Schritte durch die Luft von ihr entfernt, die qualmende Pistole noch immer auf sie gerichtet. Neben ihm stand ein zweiter, ebenfalls eine Waffe in der Hand, die er nun auf sie richtete. Die anderen kamen torkelnd zu ihnen, streckten die Arme nach ihr aus, grabschten durch die Luft nach dem Buch und konnten es doch nicht erreichen.
Kimberly rollte sich zur Seite, der Schuss ließ ihre Ohren klingeln und Steinsplitter spritzten auf, als er in das Dach einschlug. Sie rappelte sich hoch, rannte zur anderen Seite und ließ sich, ohne weiter darüber nachzudenken, fallen, umschloss mit ihren aufgekratzten Fingern erneut die Dachkante. Ihre Füße baumelten einen Moment über dem Boden, der nicht weit entfernt war, dann ließ sie los und fing den Schwung mit einer Rolle ab. Sie ächzte, als der Sturz ihr dennoch die Luft aus den Lungen presste, stemmte sich stöhnend hoch und rannte. Rannte in den Schatten eines weiteren Hauses, rannte im Zickzack durch die Gassen, vorbei an all den Menschen, von denen jeder zu ihrem Feind werden konnte. Sie hörte das Rauschen der Brandung, lief blind darauf zu, wollte in Sicherheit sein und wollte eigentlich gar nicht mehr zurück. Was sollte sie auf der Holy Devil , wenn Gavin nicht mehr da war?
Nun ist nur noch ein Küken übrig, stichelte die Stimme. Das ist deine Schuld. Du hast den Stein geholt. Wegen dir sterben Menschen. Menschen, die dir etwas bedeuten.
Dicke, salzige Tränen quollen aus ihren Augen, vermischten sich mit dem Staub, den ihre Füße aufwirbelten, und dem Schmutz auf ihrem Gesicht zu einer klebrigen, feuchten Masse. Sie merkte kaum, wenn sie jemanden anrempelte, die verärgerten Rufe drangen gar nicht bis zu ihr durch. Manchmal glaubte sie, dass Hände nach ihr grabschten, aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein.
Es ist deine Schuld! Du hättest ihn retten können. Hättest etwas tun können, damit er jetzt neben dir läuft. Deine Schuld, deine Schuld, deine Schuld!
„Nein!“ Ihr Schrei war so voller Schmerz, dass sich die Leute verwirrt zu ihr umdrehten und vor ihr zurückwichen, als sei sie eine Wahnsinnige. Entgegen ihrer Vernunft hoffte
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