Wenn dein Lächeln mich umarmt
Tages wirst du es bereuen, die falsche Entscheidung getroffen zu haben."
Ihre bitteren Worte senkten sich wie ein Pfeil in Stefanies Herz. "Bereust du, deine Karriere für deinen Gatten aufgegeben zu haben, Großmutter?", fragte sie mit belegter Stimme. Sie konnte es sich nicht vorstellen.
"Nein, ich bereue es nicht", antwortete Baronin Felicitas b e dächtig, "trotzdem habe ich mich oft auf die Bühne zurückgesehnt. Ich liebte es, das Licht der Scheinwerfer zu spüren, im Beifall des Publikums regelrecht zu baden. Wenn ich auf der Bühne stand, tauchte ich in eine andere Welt ein, vergaß für die Zeit meines Auftritts alles um mich herum." Sie griff nach der Hand ihrer E n kelin und hielt sie fest: "Gib nicht etwas auf, von dem du noch nicht einmal erahnen kannst, was es dir einmal bedeuten wird."
Stefanie setzte sich an ihren Schreibtisch im Arbeitszimmer. Das Hausmädchen hatte bereits den Cappuccino gebracht. Die Tasse in der Hand blätterte sie in den Papieren, die vor ihr lagen. Die Worte ihrer Großmutter gingen ihr nicht aus dem Sinn. Schon als kleines Mädchen hatte sie bei verschiedenen Gelegenheiten auf den Brettern gestanden, die angeblich die Welt bedeuteten, und Kinderlieder gesungen. Es hatte ihr Freude gemacht.
Sollte sie Molhagen anrufen und sich mit den Studioaufnahmen einverstanden erklären? 'Es kommt nur auf dich an, einzig und allein auf dich', hatte Torben gesagt, und auch, dass sich ihr Leben völlig verändern würde, wenn sie erst einmal eine Single-CD he r ausgebracht hatte.
Die Gedanken der jungen Frau bewegten sich im Kreis. Nach wie vor wusste sie nicht, wie sie sich entscheiden sollte.
Sie griff nach dem Foto ihrer Eltern, das in einem silbernen Rahmen vor ihr auf dem Schreibtisch stand. "Warum muss das Leben so schwer sein?", fragte sie das Foto. "Warum ist man stä n dig gezwungen, irgendeine Entscheidung zu treffen?"
Stefanie hielt es nicht länger im Arbeitszimmer aus. Sie nahm ihren Wagenschlüssel und verließ das Haus, um ins Dorf zu fa h ren. Auf dem Weg dorthin hielt sie vor einem Feld an, auf dem Blumen selbst gepflückt werden konnten. Es gehörte einem der Pächter.
Fünfzehn Minuten später parkte die junge Frau in der Nähe der Kirche. Auf einer Bank bei der Treppe, die zu ihrem Eingang hi n auf führte, saßen mehrere alte Leute. Mit einem Gruß ging sie an ihnen vorbei und betrat den Friedhof.
Nachdem sie die Blumen in die einzelnen Vasen verteilt hatte, ordnete sie die Schleifen an den Kränzen, die auf dem Grabhügel ihres Vaters lagen. Wind und Wetter hatten ihnen ziemlich zug e setzt.
"Was soll ich nur tun, Papa?", fragte sie. "Kannst du mir einen Rat geben?" Sie strich eines der weißen Seidenbänder glatt. "Ich kann nicht einmal genau sagen, weshalb ich zögere, Molhagens Angebot anzunehmen. Ist es, weil er mir unsympathisch ist?" St e fanie hob die Schultern. "Irgendwie traue ich ihm nicht. Andere r seits ist er ein guter Produzent und mehrere der heute bekannten Stars haben ihm ihre Karriere zu verdanken."
Die junge Frau setzte sich auf eine Bank, die den Gräbern g e genüberstand. Sie dachte an Torben. Sie konnte es noch immer nicht fassen, dass es wirklich Liebe war, was sie für ihn empfand. Was für eine Beziehung würden sie führen, wenn sie sich für ein Leben auf der Bühne entschied? Sie würden nicht viel Zeit mitei n ander verbringen können.
Die Worte ihrer Großmutter fielen ihr ein. Würde sie es wir k lich bereuen, wenn sie die Chance, die sich ihr bot, nicht ergriff? – Sie liebte Torben und sie war überzeugt, dass auch er sich ehrlich in sie verliebt hatte, dennoch konnte sie nicht voraussehen, wie sich ihre Beziehung entwickeln würde. Es konnte auch ein Stro h feuer sein, das kurz aufflackerte, um danach zu erlöschen.
Es gab einige Sängerinnen, die ihre Karriere zugunsten einer Familie aufgegeben hatten und nach einigen Jahren ein Com e back versuchten, weil sie ohne Bühne nicht leben konnten. Brauchte auch sie das Scheinwerferlicht und den Beifall des Publikums, um glücklich zu sein?
"Ruf Molhagen an", glaubte sie die Stimme ihres Vaters zu h ö ren. "Wenn du diese Chance nicht ergreifst, wirst du ihr eines T a ges nachtrauern."
Felicitas Baronin von Ahrenberg saß mit einem Buch im Salon, als ihre Enkelin nach Hause kam. Stefanie rief ihr durch die offene Tür einen Gruß zu und ging ins Arbeitszimmer, um Sebastian Molhagen anzurufen. Sehr wohl war ihr nicht dabei, aber sie hatte sich entschlossen, das Schicksal
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