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Wenn dein Lächeln mich umarmt

Wenn dein Lächeln mich umarmt

Titel: Wenn dein Lächeln mich umarmt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Stein
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dem Zeigefinger gegen seine Nasenspitze.
    Torben reichte ihr ein Glas Wasser. "Möchtest du den Lehrer wechseln?", fragte er vergnügt.
    "Nein, keinesfalls." Sie leerte das Glas in einem Zug. "Ich muss mich noch rasch umziehen. Wartest du auf der Terrasse auf mich?"
    "Lieber in eurem Musikzimmer. Ich habe schon ewig nicht mehr auf dem alten Flügel deines Großvaters gespielt."
    "Nur zu", meinte die junge Gutsherrin. "Er ist erst letztes Jahr gestimmt worden." Über ihr Gesicht legte sich ein Schatten. "Mein Vater und ich haben oft vierhändig auf dem Flügel gespielt. Natü r lich konnte man unser Spiel nicht mit deinem vergleichen. Wir..." Sie schluckte. "Komm, gehen wir." Mit dem leeren Glas in der Hand öffnete sie die Studiotür.
    Baronesse Stefanie brauchte keine fünfzehn Minuten, um sich umzukleiden. Als sie die Treppe zur Halle hinunterstieg, hörte sie aus dem Musikzimmer einen Satz der 9. Sinfonie von Dvorak. Auf Zehenspitzen schlich sie näher.
    Torben saß völlig vertieft in sein Spiel am Flügel. Sie dachte daran, wie er bereits als Zwölfjähriger an diesem Flügel gesessen hatte. Schon damals hatte sie seinem Spiel stundenlang zuhören können. Meistens hatte sie neben ihm gesessen und die Notenblä t ter umgeschlagen. Inzwischen bedurfte er keiner Noten mehr. Er spielte die meisten Stücke aus dem Gedächtnis heraus.
    Es dauerte eine Weile, bis der junge Pianist bemerkte, dass er nicht mehr allein war. Er beendete den Satz und erhob sich. "Fast wie in alten Zeiten", meinte er, als er auf sie zuging.
    "Daran habe ich eben auch gedacht", meinte sie.
    Sie verließen das Haus durch die Terrassentür und gingen quer durch den hinteren Teil des Parks zu den Stallungen. Der Stallme i ster hatte bereits zwei Pferde für sie gesattelt. Stefanies Wallach Arthus und einen weiteren Wallach namens Henry, den Torben auch bereits bei seinen früheren Besuchen auf dem Gut geritten hatte. Sie hatten ein paar Zuckerstückchen für die Pferde mitg e bracht und fütterten sie ihnen, bevor sie aufsaßen.
    Die jungen Leute genossen es, die Feldwege entlang zu reiten. An diesem Nachmittag wirkte die Gegend wie ausgestorben. Ihnen begegnete nicht einmal ein Traktor.
    Schon bald verließen sie die Feldwege und ritten ein Stück durch den Wald. Die alte, verfallene Mühle lag an einem schm a len, ausgetrockneten Bach. Vor über fünfzig Jahren war sein Wa s ser umgeleitet worden. Mit Schlingpflanzen überwucherte Steine bedeckten den Boden des Bachbettes. Als sie von den Pferden stiegen, sah Stefanie gerade noch, wie ein Salamander zwischen den Steinen verschwand.
    Sie banden die Pferde an zwei alten Birken und gingen durch den völlig verwilderten Garten der Mühle. Fast wären sie über die Teile eines zerbrochenen Mühlsteins gestolpert, die zwischen Gras und Lavendelb ü schen lagen.
    "Hier haben wir früher mit den anderen Kindern Räuber und Gendarm gespielt." Torben strich über die Reste des Mühlsteins, die wie die Steine im Bach von Schlingpflanzen überwuchert wu r de. "Wollte dein Vater die Mühle nicht abreißen lassen? Er ha t te einmal davon gesprochen."
    "Großmutter und ich konnten ihn überreden, es nicht zu tun." Stefanie öffnete die verwitterte Tür, die ins Innere der Mühle füh r te. Das Sonnenlicht, das durch die leeren Fensterhöhlen fiel, za u berte ein bizarres Muster auf die verschmutzten, mit verrotteten Blättern bedeckten Fliesen. Sie bückte sich nach einer verwelkten Aster, die unter einem der Fenster lag.
    "Ohne die Mühle würde Ahrenberg etwas fehlen." Der junge Pianist wollte die Treppe zum ersten Stock hinaufsteigen, bemer k te jedoch noch rechtzeitig, dass sie nicht mehr b e nutzt werden konnte, weil Teile ihrer Verankerung fehlten. "Es ist hier ziemlich gefährlich", sagte er. "Du solltest dafür sorgen, dass hier niemand mehr eindringen kann. Ein Unfall hat sich schnell."
    "Ja, wir hätten uns längst darum kümmern müssen." Stefanie nickte. "Ich werde die Mühle renovieren lassen. Man könnte sie als Gästehaus benutzen, oder vermieten." Sie schob die Tür auf, die in den Wohnraum der Mühle führte. Eine schmierige Matratze und mehrere leere Dosen und eine Pizzaschachtel zeugten davon, dass hier jemand übernachtet hatte.
    "Es gibt genügend Leute, die sich freuen würden, in einer alten Mühle zu wohnen", meinte Torben. "So ein altes Gemäuer bietet sich geradezu für Künstler an."
    "Mal sehen, was meine Großmutter dazu sagt", erwiderte St e fanie. "Auf jeden Fall werde ich

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