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Wenn der Acker brennt

Wenn der Acker brennt

Titel: Wenn der Acker brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Maerker
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Außer bei der Verkostung eines neuen Weines hat mein Vater nie wieder Alkohol getrunken.«
    »Warum hast du das Weingut nicht weitergeführt?«
    »Das lag an meinem Onkel Michael, dem Bruder meiner Mutter. Ich verbrachte viel Zeit mit ihm. Er hatte sich bei uns einquartiert und war der Einzige, der mit mir noch über die Brandnacht sprach. Meine Mutter konnte es nicht mehr, und mein Vater brachte es nicht über sich. Er trug wohl zu schwer an seiner eigenen Schuld.«
    »Was hat dein Onkel getan? Ich meine, was hat dich davon abgehalten, das Weingut zu übernehmen?«
    »Michael ließ auf der Dachterrasse unseres Hauses ein Fernrohr aufstellen. Wenn wir dort oben saßen und er mir die Sterne erklärte, konnte ich für eine kurze Zeit wieder glücklich sein. Eine Reise zu den Sternen lässt dich vergessen, was auf der Erde geschieht. Also habe ich neben der Musik Astronomie studiert. Heute kann ich mir allerdings schon vorstellen, das Leben eines Weinbauern zu führen.«
    »Versprich mir, dass ich deinen ersten selbst angebauten Wein verkosten darf.«
    »Versprochen.«
    »Was ist aus deiner Mutter geworden? Ging es ihr irgendwann wieder besser?«
    »Nein, sie ist nie wieder in die Wirklichkeit zurückgekehrt. Vor zehn Jahren ist sie gestorben.«
    »Und dein Vater?«
    »Er hat ein paar gute Leute eingestellt und bewirtschaftet noch immer das Gut. Hin und wieder besuche ich ihn, auch wenn wir uns nicht mehr viel zu sagen haben.«
    »Meine Mutter hätte mir das alles nicht verschweigen dürfen.« Erneut fragte sich Christine, was sich ihre Mutter wohl dabei gedacht hatte, sie über ihre Herkunft im Unklaren zu lassen.
    »Vielleicht wollte Betti dir die Wahrheit nicht zumuten, dich schützen.«
    »Dann hätte sie auch das Tagebuch rechtzeitig vernichten müssen.«
    »Ich bin froh, dass sie es nicht getan hat.«
    »Aber es hätte dir meinen Besuch erspart. Was dir vor ein paar Stunden noch sehr recht gewesen wäre, wenn ich deine Reaktionen richtig gedeutet habe.«
    »Das hast du. Aber jetzt weiß ich, dass unser Zusammentreffen der einzig richtige Weg ist, mich mit den Geschehnissen der Vergangenheit auseinanderzusetzen.«
    »Dann liegen Georg Denninger und Gundi Moosbacher mit unseren Wegen, die sich kreuzen mussten, wohl gar nicht so falsch.«
    »Lass uns ein paar Minuten an Amata denken.« Rick legte seinen Arm um ihre Schultern und zog sie sanft an sich. Dann schwieg er, und sie tat es ihm gleich.
    Zuerst kreisten Christines Gedanken tatsächlich nur um ihre Halbschwester. Die Vorstellung, dass sie am Rauch erstickt war, tat unendlich weh. Aber dann lauschte sie Ricks Atem, inhalierte seinen Duft, und auf einmal war Amata weit fort.

19
    Jeremias verschloss den Safe und legte die Pistole, die er seit dreißig Jahren dort aufbewahrte, auf den Nachttisch. Sorgfältig zog er den Teppich gerade und schob das Bett auf seinen Platz zurück. Ein in den Boden eingelassener Safe war ein ungewöhnliches Versteck, auf das nicht jeder gleich stoßen würde. Er war noch immer stolz auf seine Idee. An der Wand hinter dem wacklig aufgehängten Gemälde gab es zudem den üblichen Wandsafe als Ablenkung für mögliche Einbrecher. Dort bewahrte er unwichtige Papiere und ein paar Geldscheine auf. Barbara war die Einzige, die von dem Safe im Boden wusste. Sie kannte auch die Zahlenkombination, um ihn zu öffnen. Er hatte ihr das Versprechen abgenommen, den Inhalt zu entsorgen, sollte ihm einmal etwas zustoßen – in ihrem eigenen Interesse, wie er stets betonte.
    Nachdenklich zog er sich aus, warf seine Kleider über den dunkelblauen Paravent und legte sich nackt auf die Seidendecke. Im Sommer liebte er das Gefühl des kühlen Stoffes auf seiner Haut, aber heute war es nicht perfekt, etwas fehlte. Nach einer Weile schaltete er den Fernseher an und zappte durch die Kanäle. Schnell sah er ein, dass auch das ihn nicht ablenkte. Er dachte an Maria, griff nach dem Telefon, wählte, ließ es zwei Mal klingeln und legte wieder auf. Sie hatte gesagt, dass Karl zu einem Klassentreffen nach München fahren wollte, der Anruf war ein Test gewesen, um zu erfahren, ob er schon fort war. Gleich darauf erhielt er eine SMS : »Komm zu mir. M.«
    Marias biegsamer Körper war genau das, was er jetzt brauchte. Danach würde er wieder klar denken können. Ausgerechnet Barbara hatte er seine wundervolle Geliebte zu verdanken. Als der alte Borgrieder Maria damals heiratete, war sie ein hausbackener Teenager aus einem Dorf in Niederbayern gewesen.

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