Wenn der Acker brennt
Gasthaus Renner mit seinem Kleintransporter vorfuhr, die hintere Tür der Ladefläche öffnete und Brezeln und Getränke an die Neugierigen verkaufte.
Die warten nur auf eine Sensation oder eine Katastrophe, von der sie noch Monate später erzählen können, dachte Burger. Wie es wohl Georg Denninger in diesem Augenblick erging? Durch die Felder konnte er vermutlich nicht mehr entkommen. Blieb zu hoffen, dass er in die Berge hatte flüchten können.
»Ein Flugzeug wäre eine große Hilfe. Hast du eine Idee?«, schreckte der Hauptmann der Feuerwehr Franz Burger aus seinen Gedanken.
»Ich kümmere mich darum.« Jeremias’ Cessna. Der Flugplatz war nur eine Viertelstunde mit dem Auto entfernt, und der Bürgermeister war wagemutig genug, um das Gebiet während des Feuers zu überfliegen. Irgendwie seltsam, dass er noch nicht aufgetaucht war. Sonst versäumte er kein Ereignis, das ihm die Möglichkeit gab, sich seinen Wählern als Retter in der Not zu präsentieren. Franz Burger fummelte sein Telefon aus der Jackentasche und wählte Jeremias’ Nummer. Als er sich nicht meldete, versuchte er es auf dem Festanschluss der Borgrieders.
»Hallo?«, meldete sich Maria verschlafen.
»Franz Burger hier. Ich muss dringend mit Jeremias sprechen.«
»Jeremias?«
»Bitte, Maria, wir wissen doch alle Bescheid. Es eilt.« Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Diskretion.
Der Kommissar hörte, wie sie das Telefon weiterreichte. »Burger möchte dich sprechen.«
»Ich bin schon so gut wie unterwegs. Tut mir leid, ich habe gerade erst gesehen, was los ist«, meldete sich Jeremias.
»Warte kurz. Es wäre gut, wenn wir uns gleich am Flugplatz treffen könnten. Du würdest der Feuerwehr die Arbeit erleichtern, wenn sie genau wüssten, wie der Brand sich ausbreitet. Wäre es möglich, dass du mit deiner Cessna das Gebiet überfliegst? Ich meine, sofort? Ich würde auch mitkommen.«
»Kein Problem, dann bis gleich am Flugplatz.«
Burger übertrug Kreitmüller die Leitung des Einsatzes an den Feldern, stieg in seinen BMW , knallte das Blaulicht aufs Dach und schaltete es ein. Die Leute traten sofort zur Seite.
27
Jeremias hauchte Maria noch einen Kuss auf die Wange und zauberte damit ein Lächeln auf ihr Gesicht, obwohl sie schon längst wieder eingeschlafen war. Sie würde sich mit Sicherheit nicht daran erinnern, dass er einen Ausflug unternommen hatte. Als Franz sie mit seinem Anruf geweckt hatte, war er im Badezimmer gewesen und hatte so getan, als sei er gerade aufgestanden. Bat er sie, im Notfall zu beschwören, dass er die ganze Nacht bei ihr gewesen war, sie würde es ohne schlechtes Gewissen tun. Zufrieden verließ er die Apotheke.
Das gesamte Dorf schien auf den Beinen zu sein. Die Hauptstraße, die an der Apotheke vorbeiführte, war zur Fußgängerzone mutiert. Die Autos, die um diese Zeit vermutlich zur Brandstelle unterwegs waren, kamen nur im Schritttempo voran. Jeremias ließ das Verdeck des Lamborghini herunter und bahnte sich mit Hupen und Rufen seinen Weg. Immer wieder musste er anhalten und hörte die Gerüchte, die im Dorf bereits über die Brandursache kursierten. Es hieß, Denninger habe seine Pfeife fallen lassen, der Fernsehapparat sei durchgebrannt, der Wasserkocher explodiert, ein Kabel durchgeschmort. Das Wort Brandstiftung fiel nicht. So weit dachte niemand in Sinach.
»Heuchler«, murmelte er, als die Leute, die ihn sonst überschwänglich grüßten, nur kurz nickten und gleich wieder verschämt zur Seite schauten, weil sie nicht bemerken wollten, dass er mitten in der Nacht aus dem Haus des Apothekers kam. Aber gerade, weil es sie peinlich berührte, würden sie sich an die Begegnung noch lange erinnern. Das halbe Dorf würde ihm ein Alibi geben, sollte er tatsächlich in Verdacht geraten, etwas mit den Morden zu tun zu haben. Als er das Rathaus passierte, sah er Christine Weingards Wagen. Sie war also noch in der Gegend.
Während der Fahrt zum Flugplatz telefonierte er mit der Flugleitung und kündigte den Nachtflug an. Die Nachricht stieß zunächst auf wenig Begeisterung. Erst als er den Grund dafür nannte, wurde ihm versichert, dass bei seinem Eintreffen alles für den Start vorbereitet sein würde. Als er dann vor dem Hangar parkte, wartete bereits Franz Burger auf ihn. Er trug eine beige Windjacke und eine helle Schirmmütze und musterte ihn skeptisch.
»Du musst aber sehr beschäftigt gewesen sein, dass du die Feuerwehr nicht gehört hast«, begrüßte er seinen
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