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Wenn der Acker brennt

Wenn der Acker brennt

Titel: Wenn der Acker brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Maerker
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Grab öffnen?«, fragte Rick ungläubig.
    »Genau das will ich.«
    »Aber dazu müssen Anträge eingereicht und bewilligt werden, und ich versichere dir, die werden abgeschmettert. Dafür wird Jeremias sorgen.«
    »Ich will keine Anträge stellen, sondern die Sache unbürokratisch und so schnell wie möglich klären. Morgen Nacht wäre beispielsweise ein guter Zeitpunkt dafür.«
    »Das meinst du nicht wirklich ernst, oder?«
    »Doch, das meine ich ernst. Nur so können wir Rimbar drankriegen. Hör zu, wenn wir uns irgendwie verlieren, dann treffen wir uns morgen Abend nach Anbruch der Dunkelheit an Amatas Grab.«
    »Ich will lieber nicht weiter darüber nachdenken. Jetzt komm, lass uns in die Hütte gehen. Wir sollten die Nacht nicht im Freien verbringen.«
    »Du bist dir nicht ganz sicher, ob wir Rimbar wirklich unbemerkt entkommen sind, richtig?«
    »Nein, aber ich gehe davon aus, dass auch er nicht bloß auf einen vagen Verdacht hin mitten in der Nacht in den Bergen herumklettern wird. Sobald es hell wird, sollten wir aber mit ihm rechnen.«
    »Gut, gehen wir rein.«
    Die morsche Holztür knarrte in den Angeln, als Rick sie vorsichtig aufdrückte. Christine entging nicht, dass er kurz zögerte, bevor er die Öllampe anzündete, die neben dem Eingang hing. Sie wusste, warum.
    »Das Hilton ist es nicht«, sagte er.
    »Aber gemütlich«, erwiderte sie lächelnd. Zwei Betten aus massivem dunklem Holz, ein Tisch, zwei Stühle und ein Schrank. In seinem oberen Fach stapelten sich Teller und Tassen, in der Mitte standen einige Vorräte, ganz unten lagen Decken und Kissen. Das neben dem Kamin gelagerte Holz verbreitete den Duft von frisch geschlagener Kiefer. Ein bisschen wie Weihnachten.
    »Hast du Hunger? Wir haben die Auswahl zwischen Erbseneintopf, Ravioli und Nudeleintopf«, zählte Rick die Dosenvorräte in dem Schrank auf. »Einen Gaskocher gibt es auch«, verkündete er, als er ihn hinter den Decken im Schrank fand.
    »›Zum Gedenken an einen Wanderer, der kam, um zu ernten, aber doch nichts fand, was er ernten konnte‹«, las Christine vor, was auf einer weißen Pappe stand, die mit einem Nagel an der Wand befestigt war.
    »Das ist ein Nachruf von Jeremias für einen Mann, der sich vor fünfzehn Jahren den Hang hinuntergestürzt hat. Jeremias war damals noch bei der Bergrettung aktiv. Er wollte ihn bergen, aber der Mann rutschte in eine Felsspalte, wo er wohl für alle Ewigkeit bleiben wird.«
    »Vielleicht wird man ihn irgendwann finden, dann wird er der Ötzi der Zukunft sein.«
    »Ja, vielleicht. Den Kocher können wir übrigens vergessen.« Rick hatte vergeblich nach Gas gesucht.
    »Wenn wir im Moment hier oben sicher sind, dann könnten wir doch ein Feuer im Kamin machen.«
    »Kein Problem.« Rick schichtete Holz auf den Rost und entzündete den Stoß. Niemand würde in der Nacht den Rauch aus dem Schornstein bemerken, schon gar nicht, wenn unten im Tal ein Feuer tobte.
    Christine nahm die rote Decke, die auf einem der Betten lag, und breitete sie auf dem Boden aus. »Nicht gerade Wein und Trüffel«, sagte sie lächelnd und präsentierte Rick eine Flasche Wasser und eine Dose Erdnüsse, die sie im Schrank gefunden hatte.
    »Trotzdem köstlich«, sagte er und setzte sich neben sie.
    »Zu einem Lagerfeuer gehört auch, dass jemand eine Geschichte erzählt.«
    »Bitte nicht. Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes ausgebrannt, ich habe heute genug Geschichten erzählt.«
    »Wasser und Feuer.« Christine hielt die Wasserflasche in den Feuerschein. »Welcher Gegensatz fällt dir noch ein?«
    »Furcht und Vertrauen.«
    »Gut und Böse, Schwarz und Weiß.«
    »Amata und Christine.«
    Sie horchte auf, ging aber nicht darauf ein. »Vergangenheit und Gegenwart, Tod und Leben.«
    »Erinnerung und Sehnsucht.«
    »Wonach sehnst du dich?« Das Spiel schien tatsächlich die wahren Gefühle eines Menschen hervorzubringen. Schon in der Schulzeit hatte Christine es mit ihren Freundinnen gespielt, und es hatte immer funktioniert. Ein kalter Luftzug fegte durch die Türritze und ließ sie kurz erzittern. Sie erhob sich, nahm ein paar Holzscheite und warf sie ins Feuer.
    »Ich sehne mich nach Frieden«, sagte Rick.
    »Dann erlaube ihn dir.«
    »Aber ich kann nicht loslassen.«
    »Du musst es versuchen.«
    »Bist du bereit, mit mir zu gehen, Christine?«
    »Was soll ich tun?«
    »Lass dich fallen. Mit mir.« Er war aufgestanden, kam zu ihr und strich zärtlich über ihr Haar, ließ eine Strähne durch seine Finger

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