Wenn der Acker brennt
Das wusste ich nicht.« Er erinnerte sich an die Person, die am Gipfelkreuz hing, als er sich nach Ricks Abgang auf die Verfolgung von Christine Weingard vorbereitet hatte. Der Mensch am Gipfelkreuz hatte ausgesehen wie Karl Borgrieder, aber er traute dem Apotheker eine solche Aktion nicht zu. Das wäre eine überraschende und viel zu spektakuläre Abschiedsvorstellung für so ein armseliges Männchen.
»Was ist? Weißt du etwas?«, hakte Maria nach.
»Nein, nerv mich nicht.«
»Ist auch egal. Solange Karl nicht da ist, muss ich mich wenigstens nicht mit ihm befassen. Warum fahren wir nicht für ein paar Tage weg? Wir könnten uns ein hübsches Hotel suchen und es uns gut gehen lassen.«
»Heute nicht, Maria.« Er schob ihre Hand zur Seite, die sich schon von seinem Oberschenkel Richtung Schoß vorarbeitete.
»Kommt Barbara zurück?«
»Nein, das dauert noch.«
»Warum nutzen wir die Zeit dann nicht?«
»Ich bringe dich jetzt nach Hause.« Als er den Motor des Lamborghini anließ, klingelte sein Telefon. »Toni, was gibt es?«
»Du hast doch wissen wollen, wo die Christine Weingard ist.«
»Warum?«
»Ich bin bei der Mama im Krankenhaus. Ich habe die Frau Weingard in einem Zimmer auf demselben Gang gesehen.«
»Was ist mit ihr?«
»Das weiß ich leider nicht. Aber ich kann die Frau Dr. Mechner fragen, die ist gerade bei der Mama drin.«
»Sie wird dir keine Auskunft geben, Schweigepflicht. Aber ich habe einen Plan.«
»Was soll ich tun, Onkel Jeremias?«
»Du postierst dich vor Christine Weingards Zimmer.«
»Ich soll sie bewachen?«
»Richtig.«
»Ist sie denn in Gefahr?«
»Stell keine Fragen. Tu, was ich dir sage.«
»Soll ich den Franz –«
»Nein, das werde ich selbst übernehmen.«
»Wie du meinst, Onkel Jeremias.«
»In welchem Zimmer liegt sie?«
»123, erster Stock, gleich neben der Außentreppe.«
»Du lässt niemanden zu ihr, weder einen Arzt noch sonst jemanden vom Personal.«
»Freilich nicht, ich bin ja keiner von den Deppen, wie sie in den Fernsehkrimis immer vorkommen. Die, die immer einschlafen oder gerade auf dem Klo sind, wenn der Mörder kommt.«
»Schon recht, Toni.« Jeremias beendete das Gespräch.
»Was willst du von dieser Frau?«, fragte Maria, als er vor der Apotheke anhielt. Toni Renner hatte so laut gesprochen, dass sie jedes Wort verstanden hatte.
»Ich will nichts von ihr, Maria. Mach dir einen schönen Tag, Kleines.« Er beugte sich zu ihr hinüber, streichelte ihren Nacken und küsste sie, während er von innen die Beifahrertür aufdrückte. »Geh, bitte«, forderte er sie auf, als er sich wieder von ihr löste. Maria war die Frau, mit der er sich entspannte. Sie war seine Wellnessoase, und er würde diese Oase niemals mit Problemen aus seinem wirklichen Leben belasten.
»Du meldest dich?«, vergewisserte sie sich, als sie schon ausgestiegen war.
»Bestimmt«, antwortete er, zog die Beifahrertür zu, gab Gas und ließ sie auf dem Bürgersteig stehen.
»Was hast du nur, mein Liebling? Irgendetwas macht dir doch Angst«, murmelte Maria und schloss die Tür zur Apotheke auf.
38
Jeremias parkte vor dem Haupteingang des Krankenhauses. Jeder sollte sehen, dass er da war. Die Pistole mit dem Schalldämpfer steckte in der Innenseite seines Jacketts. Er hatte sich alles genau überlegt, sein Plan stand fest. Toni würde das Zimmer bewachen, während er sich Zutritt verschaffte. Ein gezielter Schuss, und er hätte sich auch des letzten Problems entledigt. Danach würde er über die Balkontür ins Freie stürmen und dabei so viel Lärm wie möglich veranstalten, damit alle auf ihn aufmerksam wurden. Der Bürgermeister selbst jagte hinter dem Mörder der kleinen Weingard her. Das würde ihm einige Schlagzeilen in der Presse garantieren.
»Grüß Gott, Herr Bürgermeister.«
»Grüß Gott, Beppi«, begrüßte er den Pförtner des Krankenhauses.
Der ältere Mann sprang gleich auf und schob die Scheibe der Pförtnerloge beiseite.
»Alle gesund zu Hause?«, erkundigte sich Jeremias.
»Ja, alles in Ordnung, Herr Bürgermeister.« Der Pförtner strich sich über die grüne Strickweste, die seinen Kugelbauch straff umspannte.
Jeremias hatte das Krankenhaus gebaut und sich mit großzügigen Spenden einen Sitz in der Verwaltung gesichert. Er hatte Beppi, dem ehemaligen Milchbauern, die Stelle als Pförtner besorgt, als es mit dessen Hof zu Ende gegangen war. Jeremias half gern, wenn er konnte. Seine Wähler honorierten das mit ihren Stimmen und waren auch sonst
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